Nur ein kleiner Sommerflirt
kann nichts dagegen tun. Vielleicht wird es besser, wenn ich aufhöre, auf meine Zehen zu starren. Als das Wasser aus dem Schlauch spritzt, nehme ich ihn Avi ab und richte den Strahl auf meinen Fuß. Mein Blick bleibt an Avi hängen. »Vielen Dank, dass du mir geholfen hast, meine Sandale wiederzukriegen«, sage ich ironisch.
»Vielen Dank, dass du uns bei den Schafen geholfen hast«, kontert er. Auch er sagt sheeps .
»Es heißt sheep , nicht sheeps . Egal, ob du eins hast oder eine Million – es heißt immer sheep .«
Er macht einen Schritt nach vorne und nimmt mir den Schlauch aus der Hand. Mit großen Augen sehe ich zu, wie er sich hinkniet, meinen ekligen Fuß in die Hand nimmt und – es ist kaum zu glauben – ihn gründlich abspült.
Beinahe verliere ich das Gleichgewicht. Echt, das ist nicht gespielt, damit Avi mich auffängt oder so. Ich hasse es, jedes Mal die Jungfrau in Nöten zu geben, wenn er in der Nähe ist.
Mir ist einfach schwindelig, weil es hier draußen abartig heiß ist und ich durch die Gegend gerannt bin, um Jagd auf einen verdammten Köter und Ferragamo-Dieb zu machen. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, hat dieser Junge, den ich zu hassen beschlossen habe, meinen Fuß in der Hand.
»Du kannst mit dem Würgen aufhören. In was auch immer du reingetreten bist, es ist weg.«
»Es war eine Schlange!«
Er zuckt die Schultern, als wäre das keine große Sache.
»Bist du schon mal auf eine Schlange gestiegen?«, frage ich ihn.
»Ich passe normalerweise auf, wo ich hinlaufe.«
Ruckartig ziehe ich ihm meinen Fuß weg. »Da, wo ich herkomme, gibt es keine Schlangen. Weder tote noch lebendige.«
Er steht auf – leider. Solange er auf den Knien war, konnte ich mich überlegen fühlen. Avi ist locker über eins achtzig, und als er auf mich herabsieht, komme ich mir klein vor. Statt einer Antwort nimmt er mir behutsam eine Blume aus dem Haar. »Süß«, sagt er und zwirbelt den Stiel zwischen seinen Fingern.
Ups, ich habe ganz vergessen, dass Matan meinen Kopf mit weißen, lilafarbenen und gelben Wildblumen bestückt hat. Ich muss wie ein Clown aussehen.
»Ich soll dir von deinem Vater ausrichten, dass alle bei mir zu Hause zum Essen sind. Wenn du willst, dann komm mit.«
Erst gehe ich ein Stück neben ihm her, doch dann bleibe ich stehen. »Warum hat er mir das nicht selbst gesagt?«
Avi wirft mir einen vernichtenden Blick zu. »Er wollte, dass ich mich bei dir entschuldige, weil ich dich an deinem ersten Abend beim Umziehen beobachtet habe.«
»Und?«
»Israelis entschuldigen sich nicht für Dinge, die ihnen nicht leidtun.«
Jetzt werde ich aber echt sauer. »Du entschuldigst dich nicht? «
Er sieht mir in die Augen. »Was ich gesehen habe, war wunderschön und das Natürlichste von der Welt, warum sollte ich also sagen, dass ich es bedaure?«
12
Jungs sind entweder Schweine oder Nullchecker.Sucht’s euch aus.
»Ron, ich will zu Hause anrufen.«
Seit knapp sechs Wochen bin ich nun schon in Israel. Ich simse oft mit Jess und manchmal auch mit Mom. Aber telefoniert habe ich aus Kostengründen immer vom Festnetz aus. Nun ist Mitch jedoch von seinem Campingtrip zurück und ich möchte mit ihm sprechen. Auch mit Jessica würde ich gerne mal wieder telefonieren.
Ron hockt auf dem Sofa und schaut irgendeinen Nachrichtensender auf Hebräisch. Onkel Schleim und der korkenziehergelockte Matan sitzen neben ihm.
Matan ist nackt – wie meistens. Aber wieso sollte gerade ich ihnen stecken, dass ihr Sohn nichts anhat und sein Pipimann vor allen Leuten im Moschaw herumbaumelt? Man sollte denken, sie hätten schon selbst gemerkt, dass sie nicht in einer Nudistenkolonie wohnen.
»Zu Hause? Ich dachte, deine Mom wollte für ein paar Tage weg aus der Stadt und hätte dir ausgerichtet, sie sei schlecht zu erreichen«, sagt Ron, das Gesicht noch immer dem Bildschirm zugewandt.
»Ich meine auch nicht Mom, sondern einen Freund.«
Er steht auf und geht zum Telefon in der Küche. »Wie lautet die Nummer?«
Anscheinend gibt es wieder mal keinerlei Privatsphäre. Wie immer.
Ich sage ihm Mitchs Nummer und er reicht mir das Telefon. Es ist kein kabelloses, sondern so ein altmodisches Teil mit dem Hörer an einer Schnur. Ich ziehe mir einen Stuhl zum Kühlschrank und mache es mir dort für das Telefonat gemütlich.
»Hallo?«, antwortet eine raue Stimme.
»Mitch?«
»Ja?«
»Ich bin’s, Amy.«
»Hä?«
»Du weißt schon, deine Freundin«, sage ich und werde langsam sauer.
»Hey,
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