Nur ein kleines Intermezzo?
Blick. Ben hätte nie zugegeben, dass seine Tante besonders an ihm hing, und Destiny hätte das bis zu ihrem letzten Atemzug abgestritten. “Außerdem findet sie, dass du zu wenig isst. Darum hat sie Mitleid mit dir. Ein Wort aus deinem Munde würde genügen.”
“Seit wann bist du denn um Worte verlegen?”, fragte Ben neugierig. “Bisher hat dich nie etwas daran gehindert, unsere Tante um etwas zu bitten.”
“Um ehrlich zu sein, gehe ich Destiny derzeit möglichst aus dem Weg”, gestand Mack.
“Trotzdem willst du bei ihr alle diese Leckereien essen?”
“Eigentlich habe ich gehofft, dass du mir die Reste bringst”, gestand Mack.
“Sag bloß!”, rief Ben lachend. “Sie hat eine Frau für dich gefunden! Was stört dich an Destinys Wahl? Bekommt sie auf der sogenannten Mack-Skala keine Zehn für Schönheit?”
“Ich bin nicht so platt”, widersprach Mack. “Und gegen die Frau ist nichts einzuwenden, absolut nichts.”
“Aha”, stellte Ben amüsiert fest. “Mit anderen Worten hat Destiny genau die Richtige ausgesucht, und du hast es mit der Angst bekommen.”
“Halt die Klappe!”
“Willst du darüber reden?”
“Nein.”
“Aber die Panik hat dich mit einer Tüte Essen zu mir getrieben”, behauptete Ben.
“Darf ich meinen Bruder nicht besuchen, ohne dass man mir gleich Hintergedanken unterstellt?”
“Doch, doch, natürlich. Aber da du dich seit Wochen nicht bei mir gezeigt hast, ist etwas Misstrauen ja wohl angebracht.”
“Wir könnten uns über dein Privatleben unterhalten”, erwiderte Mack finster.
Sofort wurde Bens Gesicht verschlossen. “Nein”, erwiderte er knapp.
“Tut mir leid, sollte nur ein Scherz sein. Die Wunde ist noch immer nicht verheilt, was?”
“Lass es”, verlangte Ben gereizt.
Mack betrachtete ihn hilflos. “Vielleicht wäre es besser, wir alle würden dich zum Reden bringen.”
“Graciela ist tot, verdammt! Was gibt es da noch zu reden? Wieso begreift das denn keiner?”
Mack hätte seinen Bruder am liebsten getröstet, aber Ben gab sich die Schuld an Gracielas Tod und wollte kein Mitgefühl. “Tut mir leid”, wiederholte Mack. “Ich wollte den alten Schmerz nicht wecken.”
“Du hast ihn nicht geweckt”, erwiderte Ben verstört. “Er geht nie weg.”
Mack hatte keine Ahnung, wie er Ben helfen sollte. “Kann ich etwas für dich tun?”
“Nein. Besuch mich einfach weiter, auch wenn ich nicht sonderlich fröhlich gestimmt bin.”
“Versprochen”, antwortete Mack.
Ben warf einen Blick über den Tisch und lächelte wieder. “Isst du noch den Rest dieses Sandwichs?”
“Und ich dachte, der große Football-Spieler wäre derjenige in der Familie, der nie satt wird”, meinte Mack lachend und schob ihm das halbe Sandwich hin. “Nimm auch die Chips. Ich muss wieder los.”
“Große Verabredung?”
“Nein.”
“Schade. Du weißt doch, wie gern ich die Berichte über dich in den Zeitungen lese.”
“Ich enttäusche dich nur ungern, aber im Moment spielt sich bei mir nicht viel ab.”
“Es muss doch irgendetwas Interessantes geben”, behauptete Ben.
“Nichts, was ich jemandem erzählen würde.”
“Hat es mit der Frau zu tun, die Destiny für dich ausgesucht hat?”, tippte Ben.
“Ich bin eigentlich zu dir gekommen, weil du nie neugierig bist”, beschwerte sich Mack.
“Diese Geschichte ist aber viel zu gut, als dass ich sie mir entgehen lassen würde.”
Mack runzelte die Stirn. “Male lieber weiter. Im Moment sieht das da auf dem Bild wie ein zerquetschter Kürbis aus. Soll es tatsächlich einer werden?”
“Du Banause!”, rief Ben stöhnend.
“Komm schon, ich habe ein gutes Auge.”
“Vielleicht für Frauen.”
Mack warf erneut einen prüfenden Blick auf die Leinwand. “Ist das vielleicht der massige Po einer sehr dicken Frau in einem orangefarbenen Bikini?”
“Da warst du mit dem Kürbis näher dran”, erwiderte Ben lachend.
“Ja, was ist es denn dann?”
“Da du so gern rätst, lasse ich dich warten, bis es fertig ist. Dann kannst du es wieder versuchen.”
“Meistens errate ich alles”, brüstete Mack sich. “Andererseits hast du bisher ziemlich deutlich erkennbare Felder, Bäume und Flüsse gemalt.”
“Das hier ist ein Experiment.”
“Darf ich dir einen Rat geben?”
Ben nickte vorsichtig.
“Schuster, bleib bei deinem Leisten”, sagte Mack und wich der leeren Limonadendose aus, die eine Sekunde später auf seinen Kopf zuflog.
Für einen künstlerisch veranlagten Menschen konnte
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