Nur ein Liebestraum am Mittelmeer
hindern.“
„Nur zu gern. So kann ich mich etwas nützlich machen. Aber vor allem brenne ich darauf, wieder einmal in der Erde zu wühlen.“
„Ich weiß genau, was du meinst.“
Chantelles Antwort stimmte Laura für einen Moment traurig. Offenbar sehnte sie sich danach, im Garten zu arbeiten, konnte sich jedoch nicht dazu bringen, es zu tun.
„Morgen bitte ich den Gärtner, dir Handschuhe und die nötigen Gerätschaften zu geben.“
„Danke.“
„Ich glaube, dass in jedem, der Spaß am Gärtnern hat, ein Künstler steckt. Zeigst du mir deinen Skizzenblock, wenn du zu Ende gefrühstückt hast?“
„Du kannst ihn dir gern gleich anschauen.“ Laura reichte ihn ihr.
Bedächtig schlug Chantelle ein Blatt nach dem anderen um. Als sie Laura schließlich wieder ansah, leuchteten ihre Augen wie einst. „Du hast die Atmosphäre beim Palio toll eingefangen. Die Leute … die Kostüme … die Pferde … Du bist ein echtes Genie.“
„Nein.“
„Doch, das bist du“, erwiderte Chantelle energisch. „Was machst du aus den Skizzen? Fertigst du Ölgemälde? Oder Aquarelle?“
„Weder noch. Ich habe Grafikdesign studiert und arbeite seit meinem Abschluss für eine kalifornische Firma, die Videospiele herstellt. Mein Job ist es, reizvolle Hintergründe für die Spiele zu liefern, die andere Kollegen dann entwickeln.“
„Videospiele? Etwa solche, die mein Sohn sehr zu meinem Missfallen spielt?“
„Ich fürchte, ja. Die Skizzen vom Palio werden für ein Pferderennen verwandt. Jeder Reiter muss sich durch ein Stadtviertel kämpfen und diverse Hindernisse überwinden“, erklärte Laura. „Eine meiner Aufgaben ist es, ungewöhnliche Orte zu finden, die mir als Kulisse für Videospiele geeignet erscheinen.“
„Wo bist du schon überall gewesen?“ Chantelle klang lebhaft und interessiert und erinnerte Laura erneut an die lebenslustige Frau, die sie einst gewesen war.
„Vor zwei Monaten war ich eine Woche lang in Hameln. Es ging um ein Videospiel für Kinder. Meine Großmutter hat mir früher immer Märchen vorgelesen. ‚Der Rattenfänger von Hameln‘ war eine meiner Lieblingsgeschichten. Mir ist die Idee gekommen, man könnte daraus ein Videogame entwickeln, das vergnüglich und auch nützlich ist. Die kleinen Spieler müssen verhindern, dass die Kinder dem Rattenfänger folgen, wobei sie ihre Geschicklichkeit trainieren.
Nachdem ich in Hameln fertig war, bin ich ein paar Tage in Holland gewesen. Dort habe ich Windmühlen und alte Giebelhäuser skizziert. Sie dienen als Hintergrund für ein Spiel, in dem die Spieler verhindern müssen, dass die Deiche brechen.“
„Das klingt großartig. Du bist großartig!“
„Nein. Allerdings finde ich es sehr schön, für einen Job bezahlt zu werden, den ich ausgesprochen gern mache“, erwiderte Laura. „Und natürlich arbeite ich nach wie vor als Rettungsschwimmerin. Wie du dir leicht vorstellen kannst, habe ich auch Skizzen für ein Videogame angefertigt, das unter Wasser spielt.“ Sie hatte kaum ausgeredet, als sich ein Bild von Raoul im Pool vor ihr inneres Auge schob und ihr kurz den Atem raubte.
„Wann hast du bei all den Aktivitäten noch Zeit für deinen Mann?“
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. „Meine Ehe war nahezu von Anfang zum Scheitern verurteilt. Ted ist Anwalt und stammt aus einer Politikerfamilie. Als wir uns kennenlernten, hat er mir versichert, er würde keine politischen Ambitionen hegen. Ich habe ihm klar gesagt, dass ich mit keinem Politiker verheiratet sein möchte, und ihn lange hingehalten, bis ich überzeugt war, dass er es ehrlich meinte.
Ein paar Monate nach der Hochzeit erfuhr ich dann, dass er schon immer beabsichtigt hatte, für den Kongress zu kandidieren. Seine Versprechungen waren alle falsch gewesen. Er hat mich nicht geliebt, sondern sich nur mit mir zeigen wollen. Und das hasse ich wie die Pest.“ Laura trank einen Schluck Kaffee und fuhr dann fort: „Vor sechs Monaten habe ich herausgefunden, dass er mich betrügt, und endlich die Kraft aufgebracht, die Scheidung einzureichen. Er wehrt sich mit allen Mitteln dagegen. Aber das wird ihm nichts helfen, denn ich werde sie bekommen.“
„Bravo! Einmal ein Lügner, immer ein Lügner“, stieß Chantelle so vehement hervor, dass Laura aufhorchte.
Sprach sie etwa aus Erfahrung? Wenn ja, konnte es nichts mit Guy zu tun haben, oder? „Was Ted anbetrifft, ist es sicher richtig.“ Sie blickte Chantelle an. „Er ist so anders als dein Mann, der dich über alles
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