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schließt, während wir den Kiesweg entlang gehen. Zum Glück. Ich kann jederzeit das Grundstück verlassen. Mit dieser Erkenntnis beruhigt sich auch mein Puls und ich merke, dass ich wieder viel freier atmen kann. Die Beklemmung ist zwar noch nicht gänzlich verflogen, aber weitaus besser als vorhin.
Am anderen Ende des Grundstücks ist ein Gärtner an der Arbeit, er schneidet mit einer Heckenschere verschiedene Ziersträucher in Form. Im ersten Stock des Hauses putzt eines der Dienstmädchen ein Fenster. Diese Normalität hilft mir, mich weiter zu entspannen.
Na ja, was für den einen normal ist, ist für den anderen ziemlich außergewöhnlich. Ich stelle mir vor, wie Markus das Personal dirigiert, als wäre es die normalste Sache der Welt. Ist es für ihn vermutlich auch, weil er schon mit dem goldenen Löffel im Mund zur Welt kam. Würde meine Mutter das sehen, würde sie wahrscheinlich ausflippen. Für sie ist es Sache der Frau des Hauses, selbiges in Ordnung zu halten. Nicht nur Sache, Ehrensache versteht sich.
Als Markus uns winkend entgegenkommt, fühle ich mich wieder an meinen ersten Besuch erinnert. Auch damals kamen wir zu dritt die Auffahrt hoch, auch damals kam er uns mit großen Schritten freudig entgegengeeilt. Und wie damals verspüre ich dieses Kribbeln im Bauch, das normalerweise eines der schönsten Gefühle der Welt ist. Dieses Kribbeln, wenn man frisch verliebt ist und den anderen einfach nur toll findet, seine Macken nicht als solche erkennt und die ganze Welt einem wie in zarte Rosatöne getaucht vorkommt. Dieses Kribbeln, wenn man denkt, der Eine ist es. Dieses Kribbeln, das ich leider nicht genießen kann. Nicht mit Markus.
Er begrüßt uns herzlich, selbst zwischen Florian und ihm scheint eine Art Waffenstillstand geschlossen zu sein.
„ Na, Dornröschen, ausgeschlafen?“, fragt Markus mich und zwinkert mir zu. Dabei lächelt er mich so umwerfend an, dass mir mal wieder keine schlagfertige Antwort einfällt.
„ Ähm, ja“, ist das einzige, was ich hervorbringe. Ich bin ein dämliches kleines Mädchen, wie schrecklich! Ich hätte auch ganz souverän antworten können. „Tja, wenn der Prinz mich nicht wachküssen kommt, muss ich halt alleine aufstehen“, zum Beispiel. Oder wäre das jämmerlich gewesen? Weil ich keinen Prinz habe, der mich wachküsst?
Wenn ich mir überlege, mit welcher Selbstsicherheit ich schon Kerle auf verschiedenen Uni-Partys angesprochen habe, ist die Vorstellung, die ich hier gerade abliefere, meilenweit unter meinem Niveau.
Gut, der Vamp schlechthin war ich noch nie. Aber ich hatte immerhin genügend Erfolge bei den Männern, um zu wissen, dass ich nicht ganz schlecht ankomme. Und es kann schon mal passieren, dass ich nach ein oder zwei Gläsern Sekt schnurstracks auf einen Typen zugehe und ungeniert mit ihm flirte. Dass das zwar hin und wieder in die Hose gehen kann – wie bei meinem jämmerlichen Versuch, George abzuschleppen – ist kalkuliertes Risiko. Aber so sprachlos, so gehemmt, so absolut unfähig wie bei Markus war ich noch nie, in meinem ganzen Leben noch nicht.
„ Na, hoffentlich hast du dich gut erholt. Ich habe was Großes für dich. Was ganz Großes“, sagt Markus und blickt mir dabei tief in die Augen. Okay, wenn er jetzt gleich noch hinzufügt „in meiner Hose“, dann haue ich ihm eine runter.
Aber anscheinend ist außer mir niemandem die Anzüglichkeit der Bemerkung aufgefallen und sofort schäme ich mich für meine kindischen Gedanken. Das ist wie damals in der Schule, als wir pubertierenden Mädchen alle kicherten und uns gegenseitig anstupsten, als der Musiklehrer „Notenständer“ sagte.
Feuerrot im Gesicht stammele ich also „Cool, äh, was denn?“, und versuche, mir meine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen. George sieht mich schräg an, wendet sich aber kommentarlos Markus zu. Der wird nun regelrecht bestürmt, endlich damit herauszurücken, welche Überraschung er parat habe.
„ Kommt doch erst mal rein“, grinst er und genießt es sichtlich, alle auf die Folter spannen zu können. Also folgen wir ihm brav ins Haus. Überall ist geschäftiges Herumgewusel, es müssen mindestens zehn Angestellte im und ums Haus zugange sein.
„ Ich habe eine Grundreinigung veranlasst, ich will so schnell wie möglich alle Spuren meines Vaters beseitigen“, erklärt Markus, da er wohl unsere erstaunten Gesichter bemerkt hat. Zielstrebig geht er auf einen Beistelltisch mit gläserner Tischplatte zu. Alle Spuren seines Vaters
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