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ist?
Andererseits – wird es sich auf Dauer verheimlichen lassen? Wenn Markus sein Vorhaben in die Tat umsetzt und wirklich mit der geheimen Sammlung seines Vaters an die Öffentlichkeit geht, wird das zumindest hier in Worms niemandem entgehen. Tante Hanne wird es mitbekommen und sobald sie die Ergebnisse von Wiesenthals Suche nach dem Armreif zu sehen bekommt, wird sie Bescheid wissen. Sie fände es mit Sicherheit schrecklich, nicht vorher von mir informiert worden zu sein. Sie würde sich verraten und mal wieder von einer Hildegard hintergangen fühlen, und das zu Recht. Ich muss es ihr sagen. Am besten sofort.
„ Hilda, Liebes, was ist denn?“ Oh je. Wie kann ich ihr das nur erklären?
„ Hm, Tante Hanne, weißt du noch, du hast mir doch erzählt, dass du die Geschichte hinter dem Armreif erfahren wolltest. Und dann hast du angefangen, nach Frauen mit dem Namen Hildegard und nach Hinweisen auf den Armreif zu suchen“, beginne ich zaghaft und habe noch keine Ahnung, wie ich es weiterführen soll.
„ Ja, natürlich weiß ich das.“ Sie nickt bekümmert. Rüdiger zieht die voluminösen Augenbrauen bis zum Haaransatz, sagt aber nichts. George zwinkert mir zu, das gibt mir das nötige Selbstvertrauen, um weiterzusprechen. Es wird schon gut gehen. Tante Hanne hat viel durchgemacht, sie wird nicht gleich vom Hocker fallen.
„ Du hast den Verdacht, dass Hildegard von Bingen eine der besagten Hildegards und Mutter der letzten, dir bekannten Hildegard war“, taste ich mich vorsichtig weiter. Sie nickt stumm, ist aber angespannt. Aus den Augenwinkeln registriere ich, wie Florian unruhig auf der Couch herumrutscht. Himmel, mach, dass er jetzt nicht unbedacht mit der brisanten Information herausplatzt. Ich will es Hanne und Rüdiger so schonend und verständlich wie möglich beibringen. Auf einen erneuten Ausbruch wirren Gelabers kann ich gut verzichten.
„ Okay, dann versuchen wir es jetzt mal aus der anderen Richtung aufzurollen. Was weißt du über Wolfram Wiesenthal?“ Fragende Gesichter.
„ Was hat denn der damit zu tun? Das ist ein unangenehmer Mensch! Bin ihm noch nicht oft begegnet, aber es hat gereicht!“, poltert Rüdiger los und ich bemerke erleichtert, dass Florians Gehampel aufgehört hat. Dafür grinst er nun und sein Grinsen wird immer breiter, je mehr Rüdiger über Wiesenthal wettert. Schließlich kann er nur mit Mühe ein lautes Lachen zurückhalten.
„ Und was wisst ihr über die Nibelungen?“, lenke ich vom Thema Wiesenthal ab und nähere mich dem eigentlichen Kern. Hanne überlegt kurz, dann antwortet sie bedächtig.
„ In der Stadt gibt es immer diese Festspiele, da waren wir auch schon mal, das war immer sehr schön. Das sind Geschichten von der Königsfamilie, die einmal hier in Worms gelebt haben soll. Starke Ritter, schöne Burgfräuleins, verborgene Schätze, so Geschichten eben. Märchen, wenn man so will.“ So, jetzt gibt es keine weiteren Möglichkeiten, das Thema in die Länge zu ziehen, jetzt geht es auf die Zielgerade, jetzt kommt der wohl schwierigste Teil.
„ Also, Tante Hanne, das ist so. Wolfram Wiesenthal hat eine ähnliche Suche gestartet wie du. Er kennt sich ganz gut mit den Nibelungen aus, und es heißt, dass Kriemhild, die Königstochter, einen ganz besonders wertvollen Armreif besessen haben soll. Er sah ziemlich genauso aus wie meiner. Wie unserer“, verbessere ich mich schnell. Ich kann das Gefühl nicht ablegen, das mir sagt, dass der Armreif viel mehr Tante Hanne gehört als mir, dass er ihr viel eher zusteht als mir.
„ Schon gut, Liebes, es ist dein Armreif, das lehrt uns ja schon die Geschichte. Noch nie hat eine jüngere Schwester ihn getragen und schon gar keine Hannelore“, lacht sie und tätschelt liebevoll meinen Arm. „Also gab es früher vielleicht viele Armreifen in dieser Art? Wenn diese Kriemhild auch schon einen ähnlichen hatte? Dann ist es auch kein Wunder, dass ich nicht mehr weiterkam“, überlegt sie.
„ Nein, eben nicht, Tante Hanne. Es gab nicht viele Armreifen in dieser Art. Die Legende besagt, dass der Armreif Teil des sagenumwobenen Schatzes der Nibelungen gewesen ist, den gab es kein zweites Mal.“ Ich stelle fest, dass Florian wie versteinert dasitzt, aber George rutscht nun ganz unruhig auf der Couch herum, er ist das reinste Nervenbündel.
Hanne und Rüdiger sehen mich erstaunt an, wissen anscheinend noch immer nicht, worauf ich hinaus will. Ich schließe die Augen, atme tief ein und spreche meinen Text so schnell
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