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Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Titel: Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Tourmalin
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und flüssig, als hätte ich ihn wochenlang auswendiggelernt.
    „ Wolfram Wiesenthal hat während seiner Recherche Beweise gefunden, die belegen, dass Kriemhild eine Tochter namens Hildegard hatte, der sie ihren Armreif geschenkt hat. Er hat diese Spur verfolgt bis zu Hildegard von Bingen. Und er hat auch den Beweis, dass sie den Armreif hatte.“ So, die Bombe ist geplatzt. Ich bereite mich innerlich darauf vor, gleich den Notarzt zu rufen, falls bei Hanne oder Rüdiger – oder beiden – auch nur die geringsten Anzeichen eines Herzinfarktes, Schlaganfalls, Schocks oder Nervenzusammenbruchs erkennbar werden sollten.
    Aber nichts dergleichen passiert. Rüdiger nickt. „Das ist eine feine Sache.“
    Tante Hanne schüttelt den Kopf und lacht.
    „ Ach Blödsinn. Das ist Quatsch. Ich habe nach allen möglichen Beweisstücken Ausschau gehalten! Wie eine Wahnsinnige habe ich zu beweisen versucht, dass Hildegard von Bingen den Armreif hatte! Es war nichts zu finden. Und ich habe bestimmt noch zwei oder drei ganze Jahrhunderte nach Informationen durchsucht, es gab einfach nichts mehr. Liebes, ich fürchte, dieser Wiesenthal hat dich ein bisschen angeflunkert!“ Sie tätschelt mit der einen Hand mein Knie, nimmt sich mit der anderen einen Keks und kichert in sich hinein. „Als hätte ich nicht selbst alles abgegrast, so was aber auch“, murmelt sie vor sich hin.
    Ratlos blicke ich in die Runde. Rüdiger zuckt mit den Schultern und schlürft einen großen Schluck Kaffee aus einer Tasse mit der Aufschrift ‚I LOVE MY DOG‘, für ihn ist das Thema erledigt. Florian blickt ebenso ratlos zurück, nur George macht mir Zeichen, dass ich mich noch nicht geschlagen geben soll.
    Aber ehrlich gesagt, keiner von uns hat die Beweise je gesehen. Vielleicht gibt es sie gar nicht.
    „ Wiesenthal hat alle Beweise verschwinden lassen! Alles, was er gefunden hat, hat er in seiner Villa gebunkert, deshalb konnten Sie nichts mehr finden“, platzt George plötzlich heraus. Danke. Ich werfe ihm einen flammenden Blick zu, den er geflissentlich ignoriert.
    Dann wende ich mich wieder Tante Hanne zu, nicht, dass ich nun doch noch den Notarzt rufen muss. Die sitzt da wie vom Donner gerührt, einen angebissenen Keks in der Hand.
    „ Das ist ein Ding. Ein Unding ist das. Das erklärt ja alles! Der Armreif konnte gar nicht einfach so vom Erdboden verschwinden! Ich hätte es wissen müssen“, empört sie sich. Dabei stößt sie den Keks immer wieder wie einen Dolch nach vorn und verliert einige Krümel. Heinz-Heinrich, der bis dahin unter dem Couchtisch geschlafen hat, springt nun auf und versucht, sich den Keks zu schnappen, was ihm jedoch nicht gelingt.
    Ihren Denkfehler, dass das Verlieren der Spur eben nicht bedeutet, dass er wirklich vom Erdboden verschwunden ist, sondern eher, dass er aus dem Nichts aufgetaucht ist, behalte ich für mich. Das wäre unnötige Rumreiterei auf Nebensächlichkeiten und würde uns auch nicht weiterbringen.
    „ Rüdiger, jetzt stell dir das einmal vor! Kann das denn sein? Kann es das geben?“ Fassungslos blickt sie in die Runde und lässt entmutigt die Hand mit dem Keks sinken. Heinz-Heinrich ergreift die einmalige Gelegenheit und schnappt ihn sich. „Na, na“, sagt Tante Hanne liebevoll tadelnd, lässt aber trotzdem zu, dass der Hund seine Beute schwanzwedelnd unter dem Tisch verzehrt.
    „ Oh, ich garantiere Ihnen, das ist nicht das Widerwärtigste, wozu Wiesenthal fähig ist“, beteuert Florian. Nicht sehr hilfreich. Mit großen Augen sieht mich Tante Hanne an.
    „ Von dem hältst du dich aber schön fern, gell?“ Sie ist einfach zu goldig. Ich verspreche ihr, mich ganz sicher von dem „garstigen Menschen“, wie sie ihn jetzt nur noch nennt, fernzuhalten.
     

    Nach der ersten Überraschung wollen Hanne und Rüdiger ganz genau wissen, woher wir unser Wissen haben und wie sich alles zugetragen hat. Wir beantworten ihre Fragen, lassen den Teil mit der Entführung und dem wilden Rumgeballer aber weg. Für heute mussten die beiden genug verdauen, sie müssen nicht noch in einen Psycho-Thriller verstrickt werden. Ich erkläre ihnen nur, dass Wiesenthal ziemlich hinter dem Armreif her ist und dass er einige Straftaten begangen hat, sich dafür aber bald vor Gericht verantworten muss. Das sollte reichen.
    Irgendwann steht Hanne mitten im Gespräch auf und verlässt das Zimmer. Als sie zurückkommt, strahlt sie über das ganze Gesicht und hält den Armreif mit beiden Händen fest, als hätte sie Angst, dass

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