Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Titel: Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Tourmalin
Vom Netzwerk:
auf seine Schulter gelegt, daher ist dieser eine Fleck ungeschützt und somit die einzige Stelle am ganzen Körper, an der Siegfried verwundet werden kann.
    Kriemhild sagt, sie werde die Stelle heimlich auf Siegfrieds Kleidung markieren und bittet Hagen, besonders auf dieses Kreuzchen zu achten. Hagen versichert, das werde er ganz bestimmt tun.
    Kurz bevor die Männer aufbrechen wollen, verkündet Gunther, die Herausforderer hätten den Krieg angesichts Siegfrieds Teilnahme und ihrer drohenden Unterwerfung abgesagt und man könne nun – um dies zu feiern – einen Jagdausflug unternehmen.
    Siegfried willigt ein und bricht allein mit Hagen und Gunther zur Jagd auf. Hagen hat absichtlich kein Wasser mitgenommen und als Siegfried durstig wird, führt er ihn zu einer Quelle, damit er daraus trinken kann.
    Als Siegfried sich über das Wasser beugt und trinkt, sticht Hagen mit seinem Schwert zu – genau dort, wo Kriemhild das kleine Kreuzchen aufgestickt hat.
    Hagen hält triumphierend sein blutiges Schwert in die Höhe und verkündet stolz, er habe das Reich der Burgunder gerettet und ihm zusätzlich den Schatz der Nibelungen gesichert. Gunther blickt auf seinen sterbenden Schwager und verbirgt vor Scham das Gesicht. Siegfried stirbt.
     
    Tosender Applaus schwillt an, überschlägt sich, bäumt sich auf, spült über mich hinweg, verebbt, schwillt wieder an. Jemand legt seinen Arm um meine Schultern, ich zucke zusammen. Oh, es ist nur George.
    „ Hilda, was ist denn mit dir? Geht es dir nicht gut? Was hast du denn nur, sag doch was!“ Was? Was ist los? Was will er denn von mir? Ich schüttele leicht den Kopf und versuche, etwas zu sagen, aber ich kann nicht. Es kommt nichts. George wird jetzt richtig blass.
    „ Wir brauchen hier einen Arzt“, ruft er. Aber es hört ihn niemand, weil der Applaus immer noch so laut ist.
    „ Ich brauche keinen Arzt“, sage ich. Eigentlich krächze ich eher.
    „ Honey, wie siehst du denn aus? Was ist passiert?“ Wovon redet George bloß? Wie sehe ich aus? Was soll schon passiert sein?
    Ich bin ein bisschen verwirrt. Das Stück hat mich – entgegen aller Erwartungen – fasziniert. Benommen blicke ich mich um und versuche, ein bisschen zu mir zu kommen. Ich fühle mich, als hätte ich zu lange geschlafen. Irgendwie matschig und umnebelt und am ganzen Körper ganz steif, ich kann mich kaum bewegen.
    Vorsichtig strecke ich meine Beine aus und winkle sie wieder an. Als ich versuchen will, meine Arme zu bewegen, merke ich, dass meine Hände ganz verkrampft und ineinander verkrallt in meinem Schoß liegen. Meine Finger sind klamm und ich habe Schwierigkeiten, meine Hände voneinander zu lösen. Als es mir gelingt, bleiben schmerzende Halbmonde, wo sich meine Fingernägel in die Haut gegraben hatten. Komisch.
    George hat es mittlerweile aufgegeben, mir Fragen zu stellen, die ich ihm nicht beantworte, und wühlt hektisch in meiner Handtasche. Schließlich zieht er ein Päckchen Taschentücher und meinen kleinen Kosmetikspiegel hervor.
    Er hält mir den Spiegel vor die Nase und jetzt verstehe ich sein Entsetzen. Mein Gesicht ist blass und tränenüberströmt – ich habe gar nicht gemerkt, dass ich geweint habe – und meine Lippen sind blutig. Anscheinend habe ich wie eine Besessene darauf herum gekaut.
    Ich nehme vorsichtig ein Taschentuch aus der Packung und beginne, mein Gesicht abzutupfen. George hält mir den Spiegel und sieht mich dabei besorgt an.
    „ Hm, anscheinend kann mich ein Theaterstück doch umhauen, das wolltest du doch immer“, versuche ich schwach zu witzeln. Er sieht mich prüfend an.
    „ Und sonst fehlt dir nichts? Alles in Ordnung? Es war nur das Stück, das dich überwältigt hat?“, hakt er nach. Ich nicke heftig.
    Langsam kehren die Lebensgeister wieder zurück. „Ja, mir geht es gut. Es war nur so - - spannend und - - fesselnd und - - packend und - - dabei gar nicht albern, sondern - - richtig gut, irgendwie“, bringe ich stockend hervor.
    Ich atme tief durch und kann selbst noch gar nicht fassen, was mir gerade passiert ist. Ich war total weggetreten, habe einfach nichts mehr von meiner Umwelt wahrgenommen und bin komplett in die Geschichte der Nibelungen eingetaucht.
    George scheint noch nicht vollständig davon überzeugt zu sein, dass es mir gut geht.
    „ Hilda, my dear, ich liebe das Theater, seit ich denken kann, und habe unzählige Aufführungen besucht. Aber ich habe noch nie, und ich meine wirklich never ever, gesehen, dass jemand danach so –

Weitere Kostenlose Bücher