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wollte das auch schon und war leider nie erfolgreich. Mein Vater hatte sogar in Zusammenarbeit mit einem Goldschmied Entwürfe für Armreifen in verschiedenen Preiskategorien angefertigt. Messing und Plastik für die ganz billige Ausführung, bis hin zu Gold und echten Diamanten für einen teuren Armreif. Aber er durfte nicht einmal ein Modell erstellen.“
In seinem Blick sehe ich die Enttäuschung, die beim Gedanken an das gescheiterte Projekt wieder neu aufflackert.
„ Deshalb glaube ich wirklich nicht, dass irgendjemand hier in der Stadt einen Armreif wie diesen hätte anfertigen oder sogar verkaufen können, ohne sich mit Wiesenthal anzulegen“, beendet er seine Erklärung und wischt sich mit einem Stofftaschentuch über das Gesicht, wie es nur ältere Männer tun.
„ Das tut mir leid für Sie und Ihren Vater“, sage ich aufrichtig. „Aber warum ist denn dieser Wiesenthal so sehr dagegen?“
„ Wenn ich das wüsste“, antwortet er. „Aber es ist ihm wirklich wichtig. Als ich vor vielen Jahren auf die Idee kam, den Wunsch meines Vaters doch noch zu erfüllen – der alte Wiesenthal war gestorben und Wolfram hatte die Geschäfte übernommen - wurde ich zuerst nur rüde abgewiesen. ‚Nein, machen wir nicht‘, war Wolframs Antwort. Als ich keine Ruhe gab, wurde er schon ruppiger. Er drohte sogar damit, mir die Lizenz für den Laden entziehen zu lassen. Ich habe auch keine Zweifel, dass er das schaffen würde. Nun, ich ließ die Sache dann viele Jahre auf sich beruhen, doch vor ein paar Monaten wagte ich einen neuen Vorstoß.“
„ Doch er hat Sie wieder abgeschmettert“, ergänze ich.
„ Nicht ganz, er war sogar sehr liebenswürdig und erklärte, er könne durchaus verstehen, dass mir ein großes Geschäft durch die Lappen geht, wenn ich keinen Schmuck verkaufen darf. Daher würde er sich mit einer größeren Summe erkenntlich zeigen, wenn ich die Sache nun endgültig auf sich beruhen lassen würde.“
Ich sehe ihn erstaunt an. „Sie haben sich bestechen lassen?“
„ Im Prinzip, ja. Er bot mir einen fünfstelligen Betrag an, dafür, dass ich nie wieder vorschlage, ein Schmuckstück der Nibelungen in das Souvenir-Sortiment aufzunehmen. Da konnte ich einfach nicht ablehnen.“
„ Aber warum war ihm das denn so viel Geld wert?“, frage ich fassungslos. Ein fünfstelliger Betrag! Wahnsinn!
„ Das weiß ich nicht. Aber ich werde mich nun an meinen Teil der Abmachung halten. Sie haben wirklich einen sehr schönen Armreif, aber ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen. Sicherlich kann Wolfram Wiesenthal Ihnen Auskunft geben. Auch wenn ich sehr bezweifle, dass er das tun wird.“
Eine Gruppe Touristen stürmt den Laden und der nette Besitzer muss sich um seine Kundschaft kümmern. Florian kauft ein Buch über die Sagengestalten des Rheins – das hätte ich mal besser gekauft, aber ich mag nicht an meine Magisterarbeit denken, ich bin hier im Urlaub – und ich erwerbe zwei Schlüsselanhänger und ein Feuerzeug. Nicht, weil ich die Sachen wirklich brauche, aber weil der Mann sich so viel Zeit genommen und so offen mit mir gesprochen hat. Ich bedanke mich noch mal bei ihm und dann stehen Florian und ich wieder in der mittlerweile gut gefüllten Fußgängerzone.
Eine Weile gehen wir schweigend nebeneinander her, Florian blättert in seinem Buch und ich bin total in meine Gedanken vertieft. Warum ist es diesem Wiesenthal nur so wichtig, dass niemand einen Armreif wie meinen herstellt und verkauft? Wenn ich das richtig verstanden habe, bekommt er doch einen kleinen Anteil von dem Umsatz des Souvenir-Ladens, weil er der Rechteinhaber von allem ist, was irgendwie mit den Nibelungen-Festspielen zusammenhängt. Also würde er letztendlich nur davon profitieren, wenn der Laden auch Schmuck anbieten würde.
Eine Menge Leute stehen auf mittelalterlichen Schmuck und viele sind dazu bereit, richtig viel Geld dafür auszugeben. Und der Vorschlag des Senior-Ladenbesitzers, Schmuckstücke von verschiedener Qualität in verschiedenen Preisklassen anzubieten, ist doch eigentlich sehr vernünftig und hört sich nach gutem Umsatz an. Also warum zum Teufel will er den Schmuck nicht nachgebildet haben? Ich verstehe es einfach nicht.
„ Oh super, komm, ich lad‘ dich ein!“, ruft mein Begleiter und zieht mich zu einer Eisdiele. „Wollen wir uns setzen?“, fragt er mich mit seinen ewig leuchtenden Augen.
„ Ja, sicher“, antworte ich und lächle zurück. Ich mag ihn immer mehr, auch wenn er ein ziemlicher
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