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was Worms sonst noch einkaufstechnisch zu bieten hat. Ich könnte neue Schuhe für den Sommer gebrauchen, ein paar Pumps oder Sandalen. Oder auch einen schicken Mantel, für frische Sommerabende.
„ Ha! Du schwänzt also auch!“, ruft jemand und ich spüre, dass sich etwas – wohl dieser jemand – zwischen mich und die Sonne schiebt. Ich blinzle und sehe Florian, der grinsend und mit in die Hüften gestemmten Händen vor mir steht.
„ Ähm, was heißt schwänzen, ich bin schließlich kein Seminar-Teilnehmer“, erkläre ich besserwisserisch. „Ich kann also machen, was ich will. Aber was ist mit dir? Solltest du nicht auf einem Schiff unterwegs sein?“, drehe ich den Spieß um.
Er grinst jetzt nicht mehr, sieht schon fast betrübt aus. „Naja, wir waren gestern mit ein paar Leuten noch was trinken und ich werde sonst schon immer recht schnell seekrank. Und ich hatte heute Morgen das Gefühl, dass mein Kater und meine Neigung zur Seekrankheit keine besonders gute Kombination ergeben. Kurzum, ich hab‘ mich offiziell bei Mr. Darnett abgemeldet und stoße erst später wieder zur Gruppe. Was hast du denn jetzt vor?“, will er neugierig wissen, offensichtlich dazu bereit, sich mir anzuschließen.
„ Ich will in den Souvenir-Laden, der diesen ganzen Nibelungenkram verkauft“, antworte ich wahrheitsgemäß.
„ Cool, da komm‘ ich mit“, sagt er wie erwartet und eigentlich habe ich auch nichts gegen ein bisschen Gesellschaft einzuwenden.
Gemeinsam machen wir uns auf die Suche und werden schließlich fündig. Der Laden ist ein ganz typischer kleiner Souvenir-Laden mit allerlei Krimskrams, den niemand wirklich braucht, den die Leute – die Touristen – aber kaufen wie verrückt. Momentan ist wenig los und wir können uns in Ruhe umsehen. Lisa hatte Recht, es gibt hier alles, was das Touri-Herz begehrt.
„ Kann ich Ihnen helfen?“, fragt ein älterer Mann mit schütterem grauem Haar und goldgeränderter Brille. Da der Laden nicht danach aussieht, als gäbe es hier viel Personal, gehe ich davon aus, dass er der Inhaber ist. Ohne Umschweife spreche ich ihn auf meinen Armreif an.
„ Ja, vielleicht. Können Sie mir sagen, ob dieser Armreif bei Ihnen gekauft wurde?“, frage ich und strecke ihm meinen Arm hin. Er nimmt mein Schmuckstück in Augenschein und dreht dabei mein Handgelenk prüfend hin und her.
„ Nein“, sagt er entschieden, „hier wurde dieser Armreif ganz sicher nicht gekauft. Ich habe schon oft versucht, den Armreif in mein Programm aufzunehmen, habe aber bis heute keine Genehmigung dafür bekommen. Wo auch immer Sie dieses Schmuckstück her haben, bei mir wurde es nicht gekauft.“
Enttäuscht ziehe ich meine Hand zurück. „Okay, danke trotzdem.“ Er sieht mich interessiert an. „Wenn ich mir die Frage erlauben darf, warum fragen Sie mich das?“, fragt er höflich, aber mit einer unverkennbaren Neugier.
„ Ich habe diesen Armreif von meiner Großmutter geschenkt bekommen. Sie sagte mir, dieser Reif sei schon seit vielen Generationen in Familienbesitz. Und gestern habe ich erfahren, dass es angeblich eine Nachbildung von Kriemhilds Armreif sein soll. Daher wollte ich einfach mal nachfragen, ob Sie etwas darüber wissen“, erkläre ich ihm.
Betrübt schüttelt er den Kopf. „Nein, tut mir leid, da kann ich Ihnen nicht helfen. Ich denke auch, dass es eine Nachbildung des Nibelungen-Schmucks ist, und noch dazu eine sehr gute. Aber ich bin mir sicher, dass sie nicht hier in Worms angefertigt wurde.“ Das wundert mich jetzt aber, so klein ist die Stadt nun auch wieder nicht.
„ Warum können Sie sich SICHER sein, dass er nicht hier in Worms gemacht wurde? Vielleicht hat ein Juwelier ihn vor vielen Jahren angefertigt?“, spekuliere ich wild drauflos.
„ Das glaube ich nicht. Wissen Sie, der Veranstalter der Nibelungen-Festspiele, Wolfram Wiesenthal, ist ein sehr einflussreicher Mann in dieser Stadt, wirklich sehr einflussreich. Seine Familie lebt hier seit Generationen und ist schon immer tonangebend gewesen. Wiesenthal hat das Nibelungen-Merchandise der Stadt Worms fest im Griff, wie vorher schon sein Vater und sein Großvater. Alles, was Sie in diesem Laden sehen können“, er macht eine ausschweifende Handbewegung, „ist von Wolfram Wiesenthal höchstpersönlich abgesegnet. Ich versuche schon seit Jahren vergeblich, die Genehmigung für den Verkauf des Armreifs und einiger anderer Schmuckstücke zu bekommen. Und mein Vater, von dem ich diesen Laden übernommen habe,
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