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Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Titel: Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Tourmalin
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Und wie heißt die letzte Hildegard vor dir mit Nachnamen?“
    „ Oma Gerda? Na auch Imster?“, sage ich schon fast fragend. Hanne lacht triumphierend.
    „ Und wie hieß sie, bevor sie geheiratet hat?“ Ach so, jetzt fällt der Groschen!
    „ MEINIG!“, brülle ich und Heinz-Heinrich zuckt auf meinem Schoß zusammen. „Klar, der Nachname wird nicht mitvererbt. Weil Hildegard normalerweise heiraten und eine Tochter bekommen muss, und wenn sie heiratet, ist der Name ein anderer.“ Ich gehe einfach mal davon aus, dass eine uneheliche Tochter niemals ein solch wertvolles Schmuckstück aus alter Tradition erben dürfte.
    „ Woher wusstest du denn immer, welche Hildegard die richtige ist? Den Namen gab es doch früher sicher öfter! Und warum überhaupt Hildegard? Wer hat denn die Regel aufgestellt, dass der Armreif nur an Mädchen und nur an Hildegards vererbt wird?“, bombardiere ich sie mit meinen Fragen.
    Hanne lacht. „Immer langsam, schön eins nach dem anderen. Also, woher diese Regel kommt, da habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Es war einfach so. Irgendwer hat sicher einmal damit angefangen und dann wurde eine Tradition daraus. Vermutlich fand irgendeine Hildegard es ganz toll, ihren Schmuck und ihren Namen an ihre Tochter zu vererben. Die Tochter hat das aufgegriffen und schwups, war ein neuer Brauch entstanden.“ Ich nicke.
    „ Und zu deiner Frage, wie ich die ‚richtige‘ Hildegard erkennen konnte: Manchmal gab es Dokumente, die den Besitz einer Familie festhielten“, sie zeigt mir vergilbte Kopien mit für mich unleserlicher Schrift. „Manchmal gab es frühe Formen von Eheverträgen.“ Sie zeigt mir ein paar andere Zettel.
    „ Eheverträge? Im Mittelalter?“, frage ich verwundert. Das war ja richtig fortschrittlich.
    „ Hier siehst du zum Beispiel, dass ein Abkommen zwischen Mann und Frau getroffen wird. Die Eltern der Braut waren Auftraggeber dieses Dokumentes. Hier steht, was das Mädchen als Mitgift in die Ehe erhält: zwei bestickte Tischtücher, zwei Paar Bettbezüge aus Leinen, eine Kuh, ein Schwein und fünf Hühner.“
    Hanne lässt ihren Finger über die Zeilen gleiten, die ich nicht entziffern kann, und ich merke an der Art, wie sie es tut, dass sie dieses Schreiben schon viele Male gelesen haben muss. Sie kann den Inhalt nahezu aus dem Gedächtnis zitieren.
    „ Dann steht hier noch etwas über ein paar Kleidungsstücke und Geschirr, nichts von großer Bedeutung“, fährt sie fort. „Und dann kommt eine Passage, die den Armreif betrifft. Hier wird genau geregelt, dass der Armreif an die älteste Tochter vererbt werden muss. Das war damals sehr unüblich, im Normalfall erbten die ältesten Söhne alles. Hier steht auch, dass die älteste Enkeltochter zur Erbin wird, falls keine Töchter aus der Ehe hervorgehen.“
    Anhand solcher schriftlicher Vereinbarungen und auch Testamente konnte Tante Hanne immer wieder die Spur der Familie und des Schmuckstücks aufnehmen.
    „ Es gab noch weitere Hinweise“, lächelt sie mich wissend an. Ich beuge mich gespannt nach vorn und folge ihrem Finger auf dem Papier. „Nicht nur der Name Hildegard taucht immer wieder auf. Sieh dir mal die Männernamen an“, fordert sie mich auf.
    Ich verfolge die Linien des von ihr entworfenen Stammbaums und staune. Immer wieder dieselben Namen: Gerhard, Gerd, Hilarius, früher auch Hildbert, Hildebrandt oder Hilar.
    „ Mein Vater heißt Hilarius“, flüstere ich kaum hörbar.
    „ Ich weiß“, entgegnet Hanne. „Ich habe herausgefunden, dass eine Hildegard, die als erstes Kind einen Sohn zur Welt gebracht hat, diesem oftmals einen solchen Namen gab, den man als männliche Form von Hildegard ansehen kann. Schließlich gab es keine Garantie, dass die Frau selbst noch ein Mädchen bekommen würde. Somit würde dann ihre älteste Enkeltochter den Armreif erben, und um die Tradition zu ehren, wurde dann eben der Sohn, also der mögliche Vater der nächsten Hildegard, auch entsprechend benannt.“
    „ Macht mal ein bisschen Platz, ihr zwei Geheimniskrämerinnen“, unterbricht uns Rüdiger, der plötzlich mit einem großen Tablett vor uns steht. Meine Güte, ich habe gar nicht mitbekommen, dass er nicht mehr bei uns gesessen hat. Aber nach dem zu deuten, was auf dem Tablett angerichtet ist, muss er schon eine ganze Weile weg gewesen sein. Wir räumen schnell die Papiere zur Seite und Rüdiger stellt eine große Platte mit Sandwiches vor uns ab.
    Jetzt erst merke ich, dass ich völlig ausgehungert bin, und

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