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Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Titel: Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Tourmalin
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entziffern kann. Sie zeigt mir einen Brief an ihre Mutter aus dem Jahr 1934, verfasst von einem Goldschmied, aus dem hervorgeht, dass der Goldschmied den Armreif auf einen Wert von 9800 Reichsmark schätzt. Anscheinend hatte meine Uroma ein Gutachten in Auftrag gegeben.
    „ 9800 Reichsmark“, staune ich, „das ist viel Geld.“ Ich erzähle Tante Hanne von meinen Erlebnissen bei den Wormser Juwelieren und von deren Einschätzungen des Wertes, die aber zum Teil deutlich höher lagen.
    „ Ach Kind“, lacht sie, „umgerechnet in Euro sind das so ungefähr, hm, lass mich überlegen“, sie macht eine kurze Pause, „naja, so genau krieg‘ ich das jetzt nicht hin, aber auf jeden Fall über vierzigtausend Euro.“
    Obwohl ich schon etwas in der Größenordnung geahnt hatte, überrascht mich die Zahl dann doch. Es schwarz auf weiß vor sich zu sehen, ist doch etwas ganz anderes, als nur eine vage mündliche Einschätzung zu bekommen. Wie vom Donner gerührt sitze ich da, mit offenem Mund und kugelrunden Augen.
    „ Jetzt hast du das Kind erschreckt“, höre ich Rüdiger brummen. Einen Moment später sitzt Heinz-Heinrich auf meinem Schoß und schlabbert mein immer noch regungsloses Gesicht ab. Offenbar sind Heinz-Heinrich und Rüdiger von mir unbemerkt von ihrem Spaziergang zurückgekommen.
    Hanne und Rüdiger lachen sich über meinen Anblick fast schlapp und ich sehe ungläubig zwischen den beiden hin und her.
    „ Aber wenn doch schon Uroma wusste, wie wertvoll der Schmuck ist, dann wusste doch Oma Gerda das auch, oder? Und beide haben wirklich harte Zeiten durchlebt, warum kam denn keine auf den Gedanken, den Schmuck zu verkaufen? Mit so viel Geld hätte man doch viel erreichen können!“ Meine Stimme überschlägt sich, als ich an all die verpassten Möglichkeiten denke. Und daran, dass meine Eltern fast das Haus verloren hätten. Und dass Oma Gerda die verdammten Kronjuwelen hatte und nichts davon gesagt hat.
    „ Ach Liebes, ärgere dich nicht.“ Tante Hanne scheint meine Gedanken erraten zu haben, sicherlich hatte sie schon oft ähnliche.
    „ Alles ‚wenn‘ und ‚hätte‘ nützt doch nichts, es ist nun mal, wie es ist. Und du musst es auch mal so sehen: Dieser Armreif ist wirklich schon lange, schon SEHR lange, in Familienbesitz. So etwas ist unbezahlbar. All die schönen Dinge, die man von dem Geld hätte kaufen können, wären nicht so einmalig gewesen wie dieses Erbstück.“
    Da muss ich ihr schon Recht geben, aber ein ungutes Gefühl bleibt trotzdem. Wir sehen weiter die Papiere und den Stammbaum durch und es ist tatsächlich so, dass sich die Spur der Hildegards in unserer Familie bis ins tiefste Mittelalter nachverfolgen lässt.
    Es muss Hanne unglaublich viel Zeit gekostet haben, all diese Informationen zusammenzutragen. Sie erklärt mir, dass es für den Zeitraum der letzten zweihundert bis dreihundert Jahre relativ problemlos war, da man dazu übergegangen war, Geburten– und Melderegister zu führen.
    „ Aber dann wurde es schon schwieriger“, verrät sie zwinkernd und offensichtlich stolz, dass sie die Schwierigkeiten gemeistert hat. „Je weiter ich in die Vergangenheit vorgedrungen bin, desto weniger konnte ich finden. Wir sprechen hier schließlich von Zeiten, in denen die Menschen nicht lesen und schreiben konnten, selbst ihren Namen stellten sie meist nur durch ein Zeichen dar. Ich musste mich also auf die Kirchen konzentrieren, da der Pastor im Dorf früher meistens der einzige war, der lesen und schreiben konnte. Daher finden sich in alten Kirchenregistern und kirchlichen Bibliotheken viele wertvolle Hinweise.“
    Ich staune, wie schlau sie bei ihrer Mission vorgegangen ist – ich selbst wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Und meine Großtante hat mal eben so als Freizeitbeschäftigung eine Familienchronik über mehrere hundert Jahre zusammengestellt. Diese Leistung verdient Anerkennung, doch als ich ihr das sage, winkt sie bescheiden ab.
    „ Das war ja noch die leichteste Übung. Richtig knifflig wurde es, überhaupt herauszufinden, in welcher Familie ich als Nächstes suchen musste.“ Das verstehe ich nun nicht, der Armreif ist doch immer in unserer Familie geblieben.
    „ Na, denk doch mal nach!“, ruft Tante Hanne lachend aus und tippt sich mit dem Finger an die Schläfe. „Der Reif wird immer nur in der weiblichen Linie vererbt. Wie heißt du denn mit Nachnamen?“
    „ Imster“, antworte ich zögernd und sie nickt zufrieden. Worauf will sie denn nur hinaus?
    „

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