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Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Titel: Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Tourmalin
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ich zu Hause bin. Auch ich möchte nicht, dass der neu geknüpfte Kontakt wieder abreißt.
    Eine Sache liegt mir noch auf dem Herzen. Ich streife den Armreif ab und reiche ihn Hanne.
    „ Hier, nimm den Armreif, ich komme euch noch mal besuchen, bevor ich nach Hause fahre. Dann hole ich ihn wieder ab.“
    Tante Hanne strahlt über das ganze runzlige Gesichtchen, scheint aber Hemmungen zu haben, auf mein Angebot einzugehen.
    „ Nein, das kann ich doch wirklich nicht annehmen“, hebt sie abwehrend die Hände. Ich ergreife vorsichtig ihr Handgelenk und streife den Armreif darüber.
    „ Doch. Du hast es dir verdient. Ich komme morgen Abend oder am Samstagmorgen vorbei und hole ihn ab. Bis dahin sollst du ihn haben“, sage ich bestimmt und drücke sie noch einmal fest an mich, bevor ich mich endgültig verabschiede.
     
    Mist, ich habe sie gar nicht danach gefragt, wie diese Geschichte mit dem Nibelungen-Kram zusammenhängt! Sie hätte bestimmt eine Antwort darauf gehabt. Egal, ich muss einfach nur daran denken, sie zu fragen, wenn ich wieder vorbeikomme, um den Armreif abzuholen.
    In großen Sprüngen die Treppe vor dem Haus hinunterhüpfend, winke ich den beiden über die Schulter zu, dann sind meine Gedanken bei meinem Treffen mit Markus. Ob er wohl noch zu Hause ist? Vielleicht ist er auch sauer, weil ich nicht aufgetaucht bin?
    Eigentlich wollte ich mich für unsere Verabredung noch schön zurecht machen, ein leichtes Sommerkleid, ein wenig Make-Up und die Haare ordentlich frisieren. Aber ich gehe doch lieber sofort zu Markus nach Hause, da ich sonst keine Chance mehr habe, ihn rechtzeitig zu erwischen.
    Als ich am Rheinufer entlang auf die Villa der Wiesenthals zueile, kommt mir mein Traum der letzten Nacht wieder in den Sinn. Ich hatte eine Tochter namens Hildegard, die ich an einem Kloster abgegeben habe, um sie zu schützen. Seltsam, dass ich das letzte Nacht geträumt habe – noch bevor Tante Hanne mir ihr Buch gezeigt und ihre Nachforschungen erklärt hat. Wenn ich heute Nacht diesen Traum hätte, wäre es eine logische Konsequenz eines ereignisreichen Tages – aber so? Eine Vorahnung?
    In meine Gedanken versunken erreiche ich die Villa und drücke auf den Klingelknopf neben dem großen Tor.
    „ Ja bitte?“, knarzt es aus der Sprechanlage und ich kann beim besten Willen nicht erkennen, ob es die Stimme von Markus ist.
    „ Hier ist Hilda“, antworte ich zögernd und prompt wird das Tor geöffnet.
    Dem Schotterweg zum Haus folgend lasse ich den Blick durch den Garten schweifen. Noch vor wenigen Tagen ist mir dieser Garten unglaublich schön vorgekommen, aber jetzt, nach einem Tag in dem kleinen, aber gemütlichen Garten meiner Großtante, wirkt diese Parkanlage steif, unnatürlich, in gewisser Weise sogar kalt.
    Man hat Angst, einen Grashalm umzuknicken und die absolute Perfektion zu zerstören. Bei Hanne und Rüdiger dagegen wächst alles wild durcheinander, ist dabei trotzdem schön gepflegt und bilderbuchmäßig, aber eben gemütlich und zum Benutzen gedacht. Das hier ist eher zum Anschauen als zum Leben und Wohnen.
    Während ich mich umsehe, fällt mir auf, dass die große Mauer tatsächlich das gesamte Grundstück umschließt. Da ist das gusseiserne Tor hinten zum Rheinufer hin, dann gibt es daneben noch einen Bootssteg, der auch mit einem massiven Tor gesichert ist, und vor dem Haus befindet sich eine weitere Einfahrt, jedoch mit Schiebetor. Trotz der Weitläufigkeit der Anlage fühle ich mich plötzlich wie gefangen und überlege, ob ich nicht lieber wieder gehen soll.
    Eigentlich hoffte ich insgeheim, Markus würde mir – wie bei meinem ersten Besuch – entgegengelaufen kommen, doch diese Hoffnung scheint vergeblich zu sein.
    Die Enttäuschung verlangsamt meine Schritte, ich überlege wieder, ob ich nicht umkehren soll.
    In diesem Moment tritt Wolfram Wiesenthal aus dem Haus und kommt mir entgegen. „Hilda, welche Freude, Sie zu sehen“, begrüßt er mich und sieht mich dabei durchdringend an.
    „ Ja, gleichfalls, ähm, ist Markus da?“, frage ich und fühle mich wieder wie in der dritten Klasse, als ich meine Klassenkameradin zum Spielen abgeholt habe.
    „ Sicher. Er ist oben und zieht sich um. Er hat mir gesagt, dass Sie eventuell noch vorbeischauen würden. Kommen Sie doch herein, was trinken Sie?“ Man muss es ihm lassen, er ist galant, ganz der Gentleman alter Schule. Trotzdem fühle ich mich in seiner Gegenwart nie richtig wohl.
    Zum Glück habe ich Markus nicht verpasst.

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