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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramiro Pinilla
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Ferne.
    »Ist der Chef da?«
    »Der ist beschäftigt.«
    »Ich muss ihn sprechen.«
    »Wenn er bei seinen Hühnern ist, darf ihn niemand stören.«
    »Sag ihm, ich will …«
    »Lass ihn rein!«, brüllt da auf einmal eine Stimme.
    Sie muss aus der Halle kommen, denn auf dem Gelände entdecke ich sonst niemanden. Wortlos macht der schmächtige Kerl mir auf. Auf dem Rasen sieht man zwei Trampelpfade. Der Arbeiter folgt mir mit einem Meter Abstand.
    »Hintenrum!«, brüllt die Stimme wieder, ich habe anscheinend den falschen Weg eingeschlagen. Als ich um die Ecke biege, haut mich der Gestank von Hühnerkacke beinahe um. Unwillkürlich halte ich mir die Nase zu. Von der Hallentür steht die obere Hälfte offen. Apathisch trottet der Angestellte an mir vorbei und öffnet die untere Hälfte.
    »Los, beweg deinen Arsch, du hast schon genug Zeit verplempert!«, schnauzt der Besitzer der Stimme ihn an, der nun ins Freie tritt, in der Hand einen Korb, randvoll mit weißen Eiern. Tatsächlich legt das mickrige Bürschchen einen Gang zu und schließt die Tür hinter sich, sodass mir der Blick auf die Legebatterien mit den Hühnern verwehrt bleibt, von denen nur aufgeregtes Gegacker herausdringt.
    »Ich bin …«
    »Ich weiß, wer du bist«, knurrt Altube.
    Er trägt eine Arbeitshose und ein kariertes Hemd, beide zerknittert und ziemlich schmutzig. Seine ruhige Art will allerdings nicht so recht zu seinen flinken Augen passen. Die Erklärung dafür, dass er mich erkannt hat, liegt in diesen Argusaugen, denen nichts zu entgehen scheint.
    »Bist du dir wirklich sicher, dass du das weißt?«, frage ich deshalb herausfordernd.
    Er verzieht das Gesicht zu einem Grinsen, während er mich zu einem Wellblechschuppen führt.
    »Klar. Du bist Sancho Bordaberri. Der Besitzer der Buchhandlung Beltza.«
    »Irrtum. Ich bin Samuel Esparta. Seines Zeichens Privatdetektiv.«
    Eladio Altube bleibt abrupt stehen.
    »Wie? Du hast einen zweiten Namen?« Argwöhnisch kneift er seine listigen Äuglein zusammen. »Weiß die Polizei davon?«
    »Vergiss die Polizei. Das ist reine Privatsache.«
    »In diesem Aufzug steckt also ein Privatdetektiv …« Er mustert mich von oben bis unten. »Und hinter was bist du her?«
    »Hinter dem Mörder deines Bruders.«
    Überrascht zuckt er zusammen, sodass ihm gleich mehrere Eier aus dem Korb fallen. Starr blickt er auf das Rührei zu seinen Füßen. Er wirkt einen Moment so, als überlege er, wie er die Matsche zusammenkratzen könnte, damit für seinen Angestellten noch ein Abendessen draus wird, doch dann reißt er sich zusammen und geht stumm weiter zum Schuppen, schließt auf und winkt mich hinein.
    An den Wänden lehnen Mistgabeln und sonstiges Arbeitsgerät, davor stehen ein Regal mit ein paar großen Schachteln, ein kleiner Tisch und ein Stuhl, den er mir mit dem Fuß hinschiebt, damit ich mich setze; er selbst bleibt stehen, so angespannt ist er, den Korb in der Hand hat er vollkommen vergessen.
    »Deshalb bist du also hier. Und wer hat dich dazu angespitzt? Wer bezahlt dich dafür?«
    »Niemand bezahlt mich. Wie ich schon sagte: Ich bin aus rein privaten Motiven hier.«
    Um seinen Mund zeigt sich jetzt ein tückischer Zug.
    »Dann hast du dich also selbst beauftragt … Weil du aus der Geschichte ein Buch machen und damit Geld verdienen willst.«
    Völlig perplex starre ich Altube an. Eigentlich dachte ich immer, dass nur meine Mutter, Elise und Koldobike von meiner heimlichen Leidenschaft wissen. Nichtsdestotrotz bin ich in seinem Kopf gespeichert unter »Sancho Bordaberri, Buchhändler und Schriftsteller«.
    »Wahrscheinlich hast du schon eine ganze Liste mit Kandidaten, die du dazu befragen willst.« Vollkommen entspannt stellt er jetzt seinen Eierkorb auf dem Boden ab.»Ich kann dir aber weitaus mehr erzählen als jeder andere.«
    Es ist also tatsächlich so, wie Koldobike es gesagt hat. Und es leuchtet mir jetzt auch ein: Niemand weiß mehr als derjenige, der mit dem Opfer dessen letzte dramatische Stunden verbracht hat.
    »Ich lese nicht viel«, fährt Altube fort, »aber man braucht auch nicht sonderlich belesen zu sein, um zu wissen, dass sich ein Buch umso besser verkauft, je mehr aufsehenerregende Neuigkeiten es enthält.«
    »Neuigkeiten stehen in der Zeitung, ich hingegen will …«
    »Nenn es, wie du willst, entscheidend ist, dass wir es am Ende gut verkaufen.«
    »Wir?«
    »Wir machen natürlich fifty-fifty. Fünfzig für dich, fünfzig für mich.«
    Auf seinem Gesicht zeigt sich keine

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