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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramiro Pinilla
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tatsächlich die Wahrheit zu sagen.
    »Und wann war das?«
    »Dreiundvierzig Tage später.«
    »Dreiundvierzig Tage saß er also wie auf glühenden Kohlen. Der Mörder, meine ich.«
    »Dieser Drecksack!«
    »Ein Perfektionist. Der das einmal Begonnene zu Ende bringen wollte.«
    »Es ist das erste Mal, dass ich das jemandem erzähle.«
    »Und warum erst jetzt? Für die damaligen Ermittlungen hätte das doch ein entscheidender Hinweis sein können!«
    Gleichgültig zuckt er mit den Schultern. »Mit dem Tod meines Bruders hat sich doch niemand richtig befasst, weder die Polizei noch der Untersuchungsrichter. Monatelang brodelten im Ort die Gerüchte, bis schließlich der Krieg ausgebrochen ist … Ich wollte mich nicht wieder zum Gespött der Leute machen, wenn sie von den beiden weiteren Mordversuchen dieses Dreckskerls erfahren hätten. Mein Bruder hat es nicht verdient, dass …«
    »
Zwei
Mordversuche, hast du gesagt?!«
    Statt einer Antwort blickt Eladio durch die offene Schuppentür hinaus auf die Straße, wo soeben mit quietschenden Bremsen ein Lieferwagen gehalten hat. Neugierig springe ich auf und trete hinter ihn. Auf der Karosserie ist »Falange Española« zu lesen. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Altubes Wachhunde, die beim Quietschen der Bremsen angeschlagen haben, mit eingekniffenem Schwanz das Weite suchen. Drei wie Schläger aussehende Männer steigen aus, stoßen das Tor auf und marschieren auf den Geräteschuppen zu.
    »Keine Sorge, ich kenne sie«, beruhigt mich Eladio.
    Dennoch weiche ich unwillkürlich ein paar Schritte zurück. Seit dem Krieg möchte niemand diese Kerle in ihren blauen Uniformhemden in seiner Nähe haben und schon gar nicht so entschieden auf sich zukommen sehen.
    »Arriba España!«,
sagt Eladio verhalten, als der erste der drei auf der Schwelle stehen bleibt.
    Er ist groß und hager, hat ein scharf geschnittenes Gesicht, trägt eine dunkle Sonnenbrille auf der Hakennase und natürlich das wie mit einem Kohlestift gezogene, obligatorische Oberlippenbärtchen. Selbstgefällig tut er den Gruß mit einer ausladenden Handbewegung ab.
    »Wie viele sind es heute?«, fragt er mit einer auffällig hohen Stimme.
    »Eine Schachtel mehr als sonst«, erwidert Eladio.
    Mit einem »Los, auf geht’s!« dreht der Anführer sich zu seinen beiden Kumpanen um, die daraufhin wortlos zu dem Regal stiefeln und die Schachteln hinauszutragen beginnen. Dann fällt sein Blick auf mich.
    »Das ist nur der Buchhändler aus der Avenida del Ejército«, klärt Eladio ihn auf.
    »Ah! Wusste ich’s doch, dass ich diese Fresse von irgendwoher kenne.« Abschätzig mustert er mich. »Steht in einem deiner Romane, dass man für eine Hühnerfarm den Hochzeitsanzug anzieht?«
    »Ich habe mich heute einfach mal vor dem Spiegel angezogen«, erwidere ich und blicke schnell zu Boden, damit er nicht merkt, wie stolz ich auf diese unerschrockene, wenn auch nicht sonderlich gewitzte Antwort bin.
    Der Kerl lacht auf, wird gleich darauf aber wieder ernst.
    »Lass dich mit Eladio bloß in keine Geschäfte ein. Du kennst den Spruch: ›Schuster, bleib bei deinem Leisten.‹ Und ich rate dir eins: Bleib bei deinen Büchern.«
    »Wir machen keine Geschäfte miteinander«, sagt Eladio Altube schnell.
    Gleich, denke ich verängstigt, wird das Blauhemd »Und was will er dann hier?« oder Ähnliches fragen, doch zu meiner Überraschung sieht mich der Kerl nur noch einmal drohend an, bevor er grußlos auf dem Absatz kehrtmacht und seinen Kollegen folgt, die draußen gerade die letzten Schachteln im Laderaum verstauen.
    »Aber mit ihm mache ich Geschäfte. Gute Geschäfte«, sagt Eladio Altube zwei Minuten später, kaum ist der Lieferwagen davongebraust. »Die besten, die ich je gemacht habe. Schade nur, dass mein Bruder das nicht mehr sehen kann.« Unsere Blicke treffen sich, worauf er dreckig grinst. »Wir sind Partner. Für meine Eier bekomme ich auf dem Schwarzmarkt so noch viel mehr.«
    »Meine Anwesenheit scheint ihn nicht sonderlich gestört zu haben.«
    »Warum sollte sie das?«, fragt er verwundert.
    »Ich könnte euch bei den Behörden anzeigen.«
    »Ha, die Behörden! Der Einzige, der hier das Sagen hat, ist doch Luciano. Wenn du den Mund aufmachst, bist du derjenige, der in den Knast wandert, nicht er. Oder er lässt dich eines Nachts abholen, und was dann passiert, weißt du ja.«
    Eladio Altube grinst überlegen, zweifellos sind mit dem Ende des Kriegs nicht nur für Francos Anhänger, sondern auch für ihn fette

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