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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramiro Pinilla
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Buchhändler, der zu den Verlierern des Krieges gehört und nichts von unserem neuen Spanien und seiner Schicksalsgemeinschaft im Universalen wissen will, leichtzufallen scheint! Gibt es in derLiteratur zwei Welten, und du gehörst der einen an und ich der anderen? Worin unterscheiden wir uns, du und ich? Seid ihr Prosaschriftsteller die Bösen und wir Dichter die Guten?«
    Er zieht das Handtuch von meinem geschundenen Gesicht und sieht mich durchdringend an. Ich spüre Blut auf mein Hemd tropfen. Links und rechts von mir stehen, glaube ich, seine beiden Kumpane.
    »Seine Krankenschwester soll reinkommen«, befiehlt Luciano und drückt mir sein Taschentuch in die Hand.
    »Aber …«
    »Holt sie rein, sag ich, Himmel, Sack, Zement!«
    »Nein, bitte«, bettele ich, »ich will nicht, dass sie mich so …«
    »Du kannst mir jetzt nicht einfach unter der Hand wegsterben«, schneidet Luciano mir das Wort ab. »Erst musst du mir verraten, wie du es machst.«
    Ich höre den Türriegel, und gleich darauf nehmen mir zwei vertraute Hände vorsichtig Lucianos Taschentuch weg.
    »Gott im Himmel! Was seid ihr für Barbaren!«, entfährt es Koldobike, bevor sie mit einem entsetzten »Barbaren, die reinsten Barbaren …«, das sie nur noch liebenswerter macht, in der Toilette verschwindet. Ich höre den Wasserhahn rauschen, und schon kommt sie mit unserem kleinen Verbandskasten und einer Schüssel voll Wasser zurück. In null Komma nichts säubert sie zuerst mit einem feuchten und dann mit einem trockenen Wattebausch sanft mein Gesicht, bevor sie sich daranmacht, mit Gaze und Heftpflaster meine Wunden zu verbinden.
    »Die da ist von mir«, sagt einer der Falangisten stolz und zeigt mit dem Finger auf eine klaffende Wunde.
    Zornig schubst Koldobike ihn weg.
    »Er sieht schlimm aus, wir brauchen einen Arzt.«
    »Später«, erklärt Luciano kurz angebunden. »Vorher müssen er und ich noch was besprechen.«
    »Nein jetzt! Seht ihr nicht, dass er mehr tot als lebendig ist?!«, ruft Koldobike aufgebracht.
    »Seine Zunge ist aber noch quicklebendig, oder, Bordaberri? Dieser Buchhändler hütet ein großes Geheimnis, das er mir unbedingt verraten muss.«
    »Und wie willst du es ihm entlocken? Mit Nadeln unter den Fingernägeln?«
    Da sieht Luciano sie auf eine Weise an, dass mir ganz angst und bange wird.
    »Halt jetzt besser dein freches Mundwerk, Blondine. Wie siehst du überhaupt aus mit diesem Rock und diesen Haaren? Das neue Spanien duldet keine Unzucht!«
    Dann wendet er sich wieder mir zu. Er beugt sich zu mir herab, um mir etwas ins Ohr zu sagen, das allerdings in einer Lautstärke, dass ich ihn auch noch am anderen Ende der Buchhandlung gehört hätte.
    »Also: Wie kann ein Dichter einen Roman in Angriff nehmen, ohne dass ihm dabei ständig Pfeilbündel und Joch, Abendsterne, Blumenwiesen, schöne Maiden und verliebte Herzen in den Sinn kommen?«
    Da endlich dämmert es mir: Dieses Blauhemd glaubt, ich besitze ein Erfolgsrezept für ihn – und in diesem Glauben lasse ich ihn wohl auch besser, denn das hat mir fürs Erste das Leben gerettet.
    »Tja, was soll ich da sagen …«, setze ich an und hoffe inständig, dass bei Koldobike ebenfalls der Groschen fällt und sie nicht alles vermasselt. Selbst Hammett und Chandler würden ihre in der Patsche sitzenden Privatdetektive eine solche Chance ergreifen lassen.
    »Spiel hier nicht den Dummen, Bordaberri. Wie du mir selbst gesagt hast, schreibst du gerade an einem Roman,und der scheint der absolute Knaller zu werden, wie ich aus deinem gelassenen Gesicht schließe«, Luciano lacht kurz hämisch auf, »das heißt, aus dem, das du bis vor Kurzem hattest. Deshalb sag mir endlich, wie man eine Handlung vorantreibt, ohne dass einem ständig poetische Bilder in den Sinn kommen. Ein guter Prosatext braucht so was nicht.«
    Leider kann Koldobike nicht länger still bleiben. Einen Wattebausch in der Hand, mit dem sie gerade vorsichtig das Blut von meiner Schläfe getupft hat, richtet sie sich wütend auf.
    »Schluss mit dem Blödsinn: Ich hole jetzt einen Arzt.«
    »Nichts da!«, erklärt einer von Lucianos Handlangern und drückt Koldobike auf den zweiten Stuhl. »Hier geht keiner raus.«
    Unterdessen hat Luciano sich den Tritt für die hohen Regale geschnappt und setzt sich nun vor mich hin.
    »Also los, erklär mir, wie du das machst.«
    Ich glaube, so langsam komme ich dahinter, was das Unglück dieses Mannes ist: Er leidet unter denselben Ängsten wie ich, bevor ich mich diesem

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