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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramiro Pinilla
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einen Eimer, randvoll gefüllt mit kleinen Steinkohlenbrocken.
    »Ich glaube, den kenne ich. Soll ich ihm einen Schreck einjagen, dass er Leine zieht?«
    »Nein, nein«, wehre ich rasch ab.
    »Leg dich mit dem bloß nicht an«, hören wir Zallas strikten Befehl von hinten. »Kümmere dich lieber ums Feuer.«
    Jacinto gehorcht ohne einen Mucks. Kaum ist drei Minuten später der letzte Hammerschlag verklungen, kommt Tomasón nach vorn. Seine Pranken schieben mich zurück zur Tür, ans Tageslicht.
    »Du bist der Sohn von Vicente Bordaberri. Ich habe mit deinem Vater in den Intxorta-Bergen gekämpft. Sag, wo drückt der Schuh? Du bist doch sicher nicht hier, um deinen Regenschirm zu trocknen.«
    »Es geht um die Altube-Zwillinge. Erinnerst du dich?«
    »Erinnern? Wer, in drei Teufels Namen, erinnert sich nicht an dieses Ganovenpaar?! Das hättest du mal meinen Vater fragen sollen, der hat damals was mitgemacht mit denen! Was ist mit dieser Satansbrut?«
    »Einer kam ums Leben.«
    »Ja. Blöderweise hat’s nicht alle beide erwischt.«
    »Das hatte derjenige aber vor, und wir wissen bis heute nicht, wer es war.«
    »Sag mir Bescheid, wenn er’s endlich geschafft hat, damit ich ihn dazu beglückwünschen kann.«
    »Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Verdächtigen, und du bist einer von ihnen.«
    Zwar zucken kurz seine muskulösen Arme, ansonsten hat er sich aber im Griff.
    »Ein Privatdetektiv namens Samuel Esparta hat sich des Falls angenommen«, fahre ich eifrig fort. »So nenne ich mich neuerdings.«
    Im selben Moment tritt Jacinto hinter seinen Vater, der zu dem Falangisten hinüberblickt. Wie ein Laternenpfahl hat er sich auf der anderen Straßenseite aufgepflanzt.
    »Du bist also zu Franco übergelaufen, Sancho oder Samuel oder wie immer du dich jetzt nennst«, knurrt Tomasón Zalla, was sein Sohn mit einem zustimmenden Nicken unterstreicht.
    »Das glaubst du nicht wirklich!«, entgegne ich empört. »Sieh dir mein Gesicht an: Dieser Aguirre und zwei seiner Kumpane haben mich gestern zu Brei geschlagen.«
    Fassungslos starren Vater und Sohn mich an.
    »Du willst also einen Mörder dingfest machen?«, sagt Tomasón schließlich verbittert. »Dreh dich um, dort drüben steht einer. Mit stolzgeschwellter Brust hat er massenweise Frauen zu Witwen gemacht.«
    »Und genau deshalb lasst uns diesem Barbaren jetzt demonstrieren, wie viel ein einzelnes Menschenleben wert ist, Leonardo ist nicht bloß ein Toter mehr. Die Gerechtigkeit soll in Getxo wieder siegen!«
    Den beiden unrasierten Gesichtern ist anzusehen, dass meine flammende Rede Eindruck macht. Ich sehe Tomasón Zalla fest an.
    »Lucio Etxe hat deinen Vater und dich in jener Nacht aus dem Bett geholt, um die Altube-Zwillinge zu befreien. Ich will alles wissen, was ihr gesehen und gehört habt.«
    Tomasón schnaubt wie der Blasebalg in seiner Schmiede.
    »Lucio Etxe hat uns so gescheucht, dass mein Vater und ich nicht einmal wussten, wen wir retten sollten. Denkst du, wir wären mitgekommen, wenn wir auch nur geahnt hätten, dass es um die Zwillinge geht? Ganz bestimmt nicht! Hinten im Hof steht noch immer der Traktor, den sie uns angedreht haben, und der ist toter als meine Großmutter!«
    »Die Zwillinge brachten den ersten Traktor nach Getxo.«
    »Den ersten und den letzten: unseren nämlich!«, erklärt Tomasón aufgebracht. »Im ganzen Baskenland haben sie sicher ein paar Dutzend verkauft. Alles Fahrzeuge mit Fabrikationsfehlern: Ein schamloser Betrug war das! Keine Ahnung, wie diese Halunken erfahren haben, dass eine Fabrik in Frankreich ihre defekten Maschinen loswerden will undsie unter der Hand zum halben Preis oder noch weniger verkauft. Jedenfalls haben sie sie gekauft und hier zum regulären Preis vertickt. Einen Monat sind sie gelaufen, und dann, zack!, aus, Ende. So ein Pech aber auch!, sagten die Zwillinge nur. Warum, bitte schön, hätten mein Vater und ich danach auf Félix’ Felsen klettern und die Ketten durchsägen sollen?«
    Ich hole die beiden halben Kettenglieder aus der Tasche.
    »Hatte die Kette etwa diese Stärke?«
    Tomasón Zalla nimmt die beiden Stücke in seine Pranken.
    »Ja.« Er blickt auf. »Wo hast du die her?«
    »Aus Joseba Ermos Eisenwarenhandlung.«
    »Ah ja, Ermo und Eladio Altube …«
    Wollen mir diese Augen, die mich so durchdringend ansehen, damit etwas sagen?
    »Lucio Etxe hat mir von eurem lobenswerten Einsatz mit der Säge erzählt.«
    »Vater wollte zuerst Leonardo Altube befreien, aber ich habe ihm eine Hand auf

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