Nur eine Liebe
»Ich bin erwachsen, Sam. Fast vier Jahre über mein erstes Quindec hinaus. Das hast du erst gestern Abend selbst gesagt.«
Er ragte über mir auf, der Körper angespannt und die Stimme scharf. »Wirklich, Ana.«
Ich widerstand dem Drang zurückzuweichen. »Wie bei vielen Dingen, die ich allein herausfinden musste, haben die Bücher, zu denen ich Zugang hatte, die Ausführung gewisser Aktivitäten nicht näher beschrieben.«
»Du weißt es also nicht. So kannst du keine informierte Entscheidung treffen.«
»Du könntest es mir sagen.«
Er massierte sich die Stirn. »Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie seltsam es für dich wäre, davon zu hören. Selbst daran zu denken, wie ich es dir erklären sollte, nimmt der ganzen Sache den Spaß. Es könnte sogar beängstigend klingen.«
»Nein, das meinte ich nicht.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich meinte, du sollst es mir zeigen – mit dir . Wie du es mir am Abend der Maskerade versprochen hast.« Er hatte gesagt, dass er mir Tausende Dinge zu zeigen habe, Stellen, an denen er mich küssen oder mich berühren würde. Mein ganzer Körper hatte vor Erwartung unter seinen Händen geschmerzt, und ich hatte gedacht, er würde genauso empfinden. Leiser sagte ich: »Möchtest du es denn nicht?«
»Doch.« Er klang heiser. »Ja, aber ich möchte dich nicht ausnutzen.«
»Deine dumme Ehre macht mich noch verrückt. Soweit ich sagen kann, Sam, werden wir den Rest unseres potenziell kurzen Lebens damit verbringen, nicht mehr zu tun, als uns zu küssen.«
Er wirkte unsicher. Ein Riss im Stein. »Du könntest Sarit fragen.«
Wie konnte er so ahnungslos sein? »Du verstehst nicht, worum es geht.«
Er wartete.
»Ich sollte auf dich zählen können, aber du sagst mir, dass ich das nicht kann.«
»Ana …«
»Nein. Diese ganze Sache ist doch krank. Du weißt nicht, wie du das, was immer akzeptabel gewesen ist, mit dem, was du in diesem Fall für ehrenhaft hältst, vereinbaren sollst. Ich habe dein Bedürfnis, das Richtige zu tun, immer bewundert, daher weiß ich es zu schätzen. Ehrlich.«
Er wirkte nicht überzeugt, und es war schwer zu glauben, dass wir noch vor weniger als einem Tag hier am Flügel von Rosen umgeben gestanden und uns geküsst hatten und seine Hände unter meiner Bluse auf meinem Rücken waren …
»Wir werden vielleicht nicht entscheiden können, ob unsere Beziehung schicklich ist oder nicht. Wir haben Gefühle investiert.« Ich kämpfte darum, meine Stimme ruhig zu halten. »Aber wir können entscheiden, ob uns Schicklichkeit wichtig ist. Wenn sie dir egal ist, dann werden wir zusammen entscheiden, was wir tun.«
Seine Stimme war rau. »Und wenn sie mir wichtig ist?«
»Dann wird sich wohl nie etwas ändern.« Oder alles würde sich ändern. »Ich möchte nicht mit sechzig noch unaufgeklärt über diese Dinge sein.«
»Ich bin mir sicher, bis dahin …«
»Wird es schicklich sein?« Mir schwirrte der Kopf vor Erschöpfung und Traurigkeit. »Wann wird das sein? Wann werde ich auf magische Weise alt genug für dich sein? Es werden immer fünftausend Jahre zwischen uns stehen.«
»Ich weiß es nicht.« Er senkte den Blick. »Ich weiß es einfach nicht. Es tut mir leid.«
Mist. Ich verstand sein Dilemma, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass wir nicht weiterkommen würden, bis er eine Entscheidung traf. Es war unsere Beziehung, daher sollte es keine Rolle spielen, was andere Leute dachten. »Ich gehe ins Bett.«
Er nickte.
Warum konnte er nicht einfach sein, was immer ich wollte, wann immer ich es wollte? Warum mussten Dinge, die Stef sagte, eine so große Rolle spielen? Warum konnte Sam nicht wirklich achtzehn sein – fast neunzehn –, so wie ich, damit wir uns nicht mit seinen Problemen herumschlagen mussten, dass er so alt war und ich so jung. Mir war das egal. Meistens jedenfalls. Ihm sollte es auch egal sein.
Ich hätte ihn beinahe darum gebeten, mein Angebot noch einmal zu überdenken. Stattdessen sagte ich nur: »Gute Nacht«, und wandte mich ab. Mein Mut war so dünn wie Seide, aber ich umgab mich damit wie eine Rüstung und trieb mich mit den letzten Resten meiner Würde die Treppe hinauf.
KAPITEL 22
Abwesenheit
Als ich einige Stunden später aufstand, kochte ich Kaffee und kümmerte mich um den Haushalt. Ich hatte nicht gut geschlafen – oder überhaupt nicht –, und selbst während einer Krise mussten Hühner und Meerschweinchen gefüttert werden.
Als ich danach am Küchentisch mit einer Tasse Kaffee saß,
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