Nur eine Liebe
ihn, die Wange an seiner Schulter, die Beine an seinen. »Irgendjemand wollte uns eine Botschaft schicken.«
Eine seiner Hände fiel auf mein Knie. »Sie haben Gerals Haus zuerst angegriffen, weil sie in unserer Nähe wohnt. Wir mussten es mitbekommen.«
»Ich wusste nicht einmal, dass Orrin und Geral zusammen waren.«
Sam stieß einen Laut aus, der mehr ein Atemzug als ein Kichern war. »Er spricht nicht viel über seine Beziehungen. Mach dir keine Gedanken, dass du es nicht bemerkt hast.«
Ich drückte ihn von hinten fest. Er tröstete mich mit meinen dummen Sorgen, selbst wenn … dies … geschah.
»Kann ich dir etwas sagen?« Er klang so, wie ich mich fühlte. Irgendwie verzweifelt. Deprimiert.
»Du kannst mir alles sagen.« Denn ich wollte alles über ihn wissen.
Er verschränkte unsere Finger miteinander. »Ich habe früher Janan angebetet. Das haben wir alle getan, vor langer Zeit. Und jetzt finde ich heraus, dass er deine Seele verzehrt hätte, wenn nicht ein Experiment schiefgegangen wäre.«
Wusste er nicht, dass ich jeden Tag daran dachte? Jede Stunde seit meiner Rückkehr aus dem Tempel?
»Ich frage mich immer wieder, wie das geschehen ist. Warum wir leben dürfen und Neuseelen …« Ich spürte, wie sein ganzer Körper zitterte. Ich konnte mir den dunklen, wütenden Ausdruck in seinen Augen vorstellen. »Als wir damals in Heart ankamen, hast du gefragt, ob ich mich verraten fühlte, dass Janan uns in einer Krise niemals beistand, uns niemals beschützte.«
»Ich erinnere mich. Du hast gesagt, dass du dich schon ein bisschen verraten fühlst und dass du glauben möchtest, dass euer Dasein einen Sinn hat.«
»Das stimmt.« Seine Stimme wurde leise. Abwesend. »Und jetzt entdecke ich, dass die ganze Zeit über unser Sinn darin bestanden hat, Neuseelen zu ersetzen. Unser Sinn hat darin bestanden zu helfen, ein Monster zu füttern.«
Die Worte ließen mich schaudern.
»Ich fühle mich tatsächlich verraten«, fuhr er fort. Der Rest brach aus ihm heraus. »Wir haben ihn angebetet, und er hat uns benutzt. Ich hasse die Zeit, in der er mir wichtig war, obwohl es eine Ewigkeit her ist, und ich nehme es jedem übel, der versucht hat, mich zu beschämen, als ich damit aufhörte. Dieser Verrat tut weh .«
Sein Geständnis und seine Qual erfüllten mich, machten mich völlig fertig. Ich wollte ihn davon befreien, wollte ihn ermutigen und trösten, wie er es immer für mich tat. »Warum hast du ihn angebetet?«
»Die meisten von uns sind Meurics Vorschlag gefolgt. Wir haben auf das gehört, was er gesagt hat. Der Rest von uns wollte sich einfach nicht allein fühlen.« Er klang melancholisch. »Die Inschrift auf dem Tempel sagte, er habe uns geschaffen, habe uns Seelen gegeben. Sie sagte, er sei verantwortlich für unsere Wiedergeburt. Sie sagte, er würde uns beschützen.«
»Wir wissen, dass der Teil mit der Wiedergeburt wahr ist«, flüsterte ich. »Aber es ist nicht so, als hätte noch nie jemand die Geschichtsschreibung zu seinen eigenen Zwecken verändert. Du hast mir erzählt, Deborl habe in den Geschichtsbüchern, die ich im Purpurrosenhaus gelesen habe, Dinge verändert und ausgelassen.«
Sam nickte.
»Also lass uns nach dem gehen, was wir wissen. Hat Janan euch in fünftausend Jahren niemals beschützt?«
»Er hat dafür gesorgt, dass die Mauern undurchdringlich sind, aber da er der Tempel ist und sein Herzschlag durch die Mauern läuft, hat er sich vielleicht mehr selbst beschützt als irgendetwas anderes.«
Ich drückte seine Hände. »Hat er euch geholfen, als ihr ihn gebraucht habt?«
Sam schüttelte den Kopf.
»Liebt er euch?«, fragte ich weiter.
Schweigen.
Rosen erfüllten den Salon, Beweis von Liebe: Sams Liebe zu mir, Cris’ Liebe zu seinem Garten und die Liebe meiner Freunde zueinander. Ich hatte wieder und wieder gesehen, wie sie ihre Liebe zeigten, und es machte sie großzügig, mitfühlend und gütig. Sams Liebe machte ihn mutig, selbstlos und bereit, mich zu beschützen, wenn ich es brauchte.
Vielleicht dachte Sam an die gleichen Dinge, denn er sagte: »Es scheint, als sei Liebe das Wichtigste. Jemand, der uns nicht liebt und uns benutzt, um andere zu verletzen, war unserer Ergebenheit nicht würdig.« Er stieß einen langen Seufzer aus. »Ich weiß jetzt, dass er real ist, doch vor dem Tempeldunkel hatte ich seit Jahrtausenden nicht mehr an Janan geglaubt. Aber andererseits war es damals ein tröstlicher Gedanke, dass da vielleicht irgendeine Macht wäre, die uns
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