Nur eine Liebe
hindern, diesen Vorfall zu untersuchen, aber ich werde es nicht tun. Ich weiß, wie sehr dir diese Sache am Herzen liegt, Ana. Aber ich möchte dich warnen, bevor du etwas Leichtsinniges tust.«
Weil ihr jemand von der Versammlung gestern Abend erzählt hatte? Oder wusste sie es einfach?
Sie fuhr fort. »Wer immer diese Explosionen geplant hat, ist bereit, Konsequenzen des Rates zu riskieren, ganz zu schweigen von der Rache, die die Menschen mehrere Leben lang ausüben werden. Einen von euch zu verletzen – oder zu töten – wird kein Problem darstellen.«
»Aber das Gesetz, das verbietet, mich zu töten …«
Sie schüttelte den Kopf. »Das kümmert sie nicht, Ana. Jedes dieser ungeborenen Kinder hätte eine Neuseele sein können. Das Gesetz beschützt sie ebenfalls, doch …«
»Es sollte bessere Gesetze geben.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust, und weder Sam noch Sine widersprachen. »Was ist mit Lidea und Anid?«
»Wend hat alles, was sie brauchten, zu mir nach Hause gebracht. Wer immer hierfür verantwortlich ist, wird Lidea und Anid nicht bei mir vermuten, zumindest nicht für die nächsten Tage. Hoffentlich haben wir bis dahin Antworten.«
»Ich nehme an, du hast die Überlebenden bereits befragt?«, erkundigte Sam sich.
Sie nickte. »Soweit wir konnten. Einige haben schwere Verbrennungen erlitten, und ihre Medikation macht sie zu, äh, interessanten Gesprächspartnern. Aber Geral hat nach dir gefragt, Ana. Und du wirst erleichtert sein zu erfahren, dass sie, obwohl der Schock bei ihr die Wehen ausgelöst hat, heute Morgen ihr Kind geboren hat. Es geht ihnen beiden gut.«
»Sie hat ihr Kind zur Welt gebracht? Und es geht ihnen gut?« Ich drehte mich auf meinem Stuhl, als wäre ich in der Lage, durch die Schichten von Seidenwänden zu blicken. »Wann kann ich sie sehen?«
»Jetzt, wenn du möchtest. Sie liegt im ersten Raum auf diesem Flur.«
Ich war aufgesprungen und bereits am Vorhang, ehe ich merkte, dass sie mir nicht folgten. »Kommt ihr nicht mit?«
»Wir haben noch einiges zu besprechen«, erwiderte Sam. »Ich komme gleich nach.« Er setzte sich aufrecht hin, die Hände auf den Knien. Woher hatten sie beide gewusst, dass sie bleiben sollten? Wie hatte der eine dem anderen mitgeteilt, dass es etwas gab, worüber sie ohne mich sprechen wollten? Es musste ein Zeichen gegeben haben, das ich übersehen hatte.
Ich hasste es, neu zu sein. Ich hasste es, ausgeschlossen zu sein. »Okay.« Ich zog den Vorhang heftig hinter mir zu, aber es hatte nicht denselben Effekt wie das Knallen einer Tür. Er raschelte und fiel wieder in eine unheimliche, tempelhafte Perfektion.
Ich fand Gerals Zimmer. Ich konnte nirgendwo anklopfen, daher raschelte ich mit dem Vorhang, bis sie lachte und mir sagte, dass ich hereinkommen solle.
Sie lag auf dem Bett, ein gewickeltes Baby in den Armen. Die Ärzte und Geburtsassistentinnen hatten sie gesäubert, doch sie hatte einen Verband am Unterarm und eine genähte Schnittwunde am Kinn. Ich hätte sie früher finden sollen, bevor sie verletzt worden war.
»Möchtest du nicht ganz herantreten? Falls jemand anders vorbeikommt, wird er dich umrennen.« Ihr Lächeln wäre heiter gewesen, wäre sie nicht wegen der Schnittwunde zusammengezuckt. »Ich habe gehofft, dass du mich besuchen würdest«, sagte sie, als ich zu ihr ging.
»Oh.« Ich schob die Hände in die Taschen. »Eigentlich bin ich gekommen, um dich zu fragen, ob du gesehen hast, wer dein Haus in die Luft gesprengt hat, aber …«
»Es waren ein Gasleck und verrostete Drähte.«
Ich neigte den Kopf und zog die Augenbrauen hoch. Stef hatte diesen Blick mehrmals bei Sam benutzt, und er hatte danach immer die Wahrheit gesagt.
Sie stieß ein rauchiges Lachen aus und drückte das Baby fester an sich. Es schlief, und ich konnte nicht erkennen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war. »Nun, nein, ich habe niemanden gesehen. Orrin auch nicht. Cris war für eine Weile da, aber er würde uns nichts antun.«
»Nein, natürlich nicht.« Ich wünschte, ich hätte gewusst, warum der Brandstifter die vergangene Nacht gewählt hatte. Zufall? Meine Versammlung?
»Möchtest du mein Baby sehen?«, flüsterte Geral, müde und hoffnungsvoll und traurig, und ich schaffte es, mich noch schlechter zu fühlen als ohnehin schon. Sie hatte mir nur ihr Neugeborenes zeigen wollen, und ich war mit anderen Problemen beschäftigt gewesen.
»Klar. Tut mir leid. Es ist einfach alles so erschütternd. Wen hast du
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