Nur eine Ohrfeige (German Edition)
Bilal.
»Das ist er«, lallte er. »Das ist euer Kollege, von dem ich euch erzählt habe.«
Gary guckte stolz, als hätte er Bilal eigenhändig herbeigezaubert.
Der Riese streckte die Hand aus. Rosie sah, dass seine Nase mehrmals gebrochen war und sein Arm voller ausgeblichener, krakeliger Tattoos.
»Wie geht’s, mein Freund?«
Bilal schüttelte den beiden Aborigines die Hand. Der andere Weiße, ein junger, schmächtiger Typ mit einem speckigen Magpies-Baseballcap, das er verkehrt herum trug, trommelte zwanghaft mit den Fingern auf dem Tisch. Bilal ignorierte ihn.
»Trink ein Bier mit uns, Kumpel.«
»Ich trinke keinen Alkohol.«
Der Riese fing an zu lachen. Seine Speckrollen hüpften auf und ab.
»Nur eins. Komm schon.«
Mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfschütteln lehnte Bilal ab. Er deutete auf Gary. »Ich bin hier, um diesen Mann nach Hause zu bringen. Er hat Verpflichtungen. Er hat ein Kind.«
»Wir trinken einen zusammen, und dann nimmst du ihn mit nach Hause. Kein Problem.« Der Riese zwinkerte Rosie zu. »Du trinkst doch bestimmt auch etwas, oder?«
Bilal ließ sie nicht antworten. Er tippte Gary auf die Schulter.
Gary wich ihm aus. »Verpiss dich. Ich will was zu trinken. Hol mir was zu trinken oder verpiss dich.«
Die anderen Männer am Tisch fingen an zu lachen. Gary wirkte kurz überrascht und grinste dann zufrieden in die Runde.
Der Riese hob warnend die Hand. »Sieht aus, als wollte dein Freund noch bleiben.« Er wandte sich an Rosie. »Mach dir keine Sorgen, wir kümmern uns um ihn.«
Rosie war sich bewusst, dass inzwischen der ganze Laden zu ihnen rübersah und der Wirt sich über den Tresen lehnte. Sie flehte ihren Mann an. »Gary, bitte, komm mit nach Hause.«
Gary schüttelte energisch den Kopf, stur wie ein Kind. Er hatte denselben Gesichtsausdruck wie Hugo. »Ich will nicht nach Hause. Ich will nichts mit euch zu tun haben.«
Plötzlich packte Bilal Gary am Kragen und zog ihn von seinem Sitz hoch. Sie hörte den Stoff reißen und schrie entsetzt auf. Bilal war auf einmal wieder Terry, der junge Mann, der trank und streitlustig war und der ihr Furcht einflößte. Sie hatte Angst, dass er Gary schlagen würde. Kaum hatte der Wirt den Schrei gehört, kam er an ihren Tisch gerannt.
Er legte dem Riesen, der sich gerade erheben wollte, die Hand auf die Schulter. »Das lass mal meine Sorge sein.«
Bilal hielt Gary immer noch fest. Er sah verängstigt aus, wie ein kleiner Junge.
Der Wirt war klein, aber gut in Form. Er warf Bilal einen finsteren Blick zu. »Du gehst jetzt, oder ich ruf die Bullen.«
Einen Moment lang glaubte sie, Bilal würde sich auf ihn stürzen. Stattdessen ließ er Garys Hemd los, drehte sich um und ging hinaus. Der andere Weiße an Garys Tisch rief ihm höhnend hinterher: »Anthony Mundine bist du nicht gerade, was?« Die beiden Aborigines saßen stumm und mit versteinerter Miene da.
»Gary, bitte komm mit.«
»Verzieh dich.«
Sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte.
Gary seufzte mitleidig. »Rosie, geh einfach nach Hause. Ich stelleschon nichts an. Ich will mich nur besaufen, kapierst du das nicht?« Er sah sie flehend an. »Ich will so lange trinken, bis ich vergessen habe, dass du und Hugo überhaupt existiert.«
Bilal wartete im Wagen auf sie. Als er sie sah, startete er den Motor. Sie stieg ein und schnallte sich an.
»Tut mir leid.«
Bilal zeigte auf einen Mann, der ihr aus dem Pub gefolgt war. Er hatte sich eine Zigarette angezündet und blickte in ihre Richtung.
»Weißt du, was der da macht?«
Sie sah rüber. Sie hatte keine Ahnung, wer der Mann war. Sie schüttelte den Kopf.
»Er passt auf, dass ich dir nichts tue«, sagte Bilal ruhig und fuhr los. »Er gibt mir zu verstehen, dass er sich mein Kennzeichen notiert hat. Er fragt sich, was eine hübsche weiße Frau mit einem Aborigine-Penner wie mir zu tun hat.« Und dann fing Bilal an, sich vor Lachen zu schütteln, immer wieder warf er sich mit voller Wucht in den Sitz, so komisch war der Gedanke.
Er brachte Hugo und sie nach Hause. Du bist zu betrunken, um noch zu fahren, sagte er. Nachdem sie Hugo ins Bett gebracht hatte, kam sie in die Küche. Bilal rauchte eine Zigarette. Ein seltsam elektrisierendes Gefühl durchfuhr sie. Er roch nach Adrenalin, nach Schweiß, herb und betörend. Sein Gesicht, seine raue Haut, seine leuchtend schwarzen Augen erfüllten den Raum, so attraktiv und gleichzeitig so hässlich. Sie stellte sich vor, wie es wäre, plötzlich vor ihm auf die Knie zu
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