Nur eine Ohrfeige (German Edition)
deinetwegen Probleme.
»Harry und Hector stehen sich sehr nahe. Sie sind wie Brüder.«
Dass er ihr jetzt mit Loyalität gegenüber der Familie kam, beeindruckte sie nicht. Ihre Augen funkelten wütend. »Für Hector ist das nicht schlimm. Um ihn musst du dir keine Sorgen machen. Geht es nicht eigentlich darum, dass Koula ein Problem damit hat?«
Jetzt betraten sie gefährliches Terrain. Sein verdammtes Knie fing an zu schmerzen. Er legte die Hand unter den Tisch und massierte es. Er hatte sich das Treffen mit Aisha anders vorgestellt.Wieder lief es auf eine Auseinandersetzung zwischen den Frauen hinaus. Er weigerte sich, Koula ins Spiel zu bringen.
»Es tut Harry sehr leid.«
»Es tut ihm überhaupt nicht leid.«
Sie würde kein Stück nachgeben. Warum zum Teufel sollte es Harry auch leid tun? Obwohl dieser Volltrottel eine Tracht Prügel dafür verdient hatte, dass er den Jungen geschlagen hatte. Auch wenn es sich nicht gehörte, schlecht von den Toten zu sprechen, er war genau wie sein verfluchter Vater, er besaß einfach keine Selbstbeherrschung.
»Es tut ihm wirklich sehr, sehr leid. Das hat er mir mehrmals gesagt. Er ist sehr traurig, dass du böse auf ihn bist.«
»Du warst mit ihm im Gericht, Rosie hat es mir erzählt. Es hat sie sehr verletzt.«
Damit hatte er nicht gerechnet. Natürlich hatte er Harry zum Gericht begleitet. Was erwarteten diese verrückten Australierinnen? Seine Eltern waren tot, es war seine Pflicht, den Neffen seiner Frau zu begleiten. Seine Frau hätte es ihm nie verziehen, wenn er dem Sohn ihres Bruders nicht beigestanden hätte. Das musste Aisha doch verstehen. Sie war ja kein Unmensch. Musste er ihr etwas über Loyalität und Ehre erzählen?
»Ich selbst war auch enttäuscht, Manoli. Das hättest du nicht tun dürfen.«
Es war einfach zu voll in diesem dämlichen Café. Die Hitze war unerträglich, er konnte sich nicht konzentrieren. Ihm wurde bewusst, dass er seiner Schwiegertochter gegenübersaß und sie mit weit aufgerissenem Mund anstarrte wie ein Vollidiot, wie ein verrückter alter Mann. Er machte schnell den Mund zu. Hatte er sie richtig verstanden? Er war sich nicht ganz sicher, was sie mit »enttäuscht« meinte. War sie sauer, weil sie seinetwegen Probleme mit ihrer blöden Freundin hatte, dieser verrückten
Australeza
? Das war doch alles lächerlich. Es war passiert, Schwamm drüber! Wegen dieser albernen Geschichte waren schon zu viel Zeit und zu viele Tränen vergeudet worden.
»Aisha, du gehörst zur Familie.«
Sie lachte verächtlich, ohne den Blick abzuwenden. »Ich kenne Rosie sehr viel länger als euch.«
Der Schmerz im Knie, der unablässige Lärm im Café, beides war vergessen. Er richtete sich auf. Offenbar hatte er ihr einen ziemlich feindseligen Blick zugeworfen, denn sie zuckte zurück und schien sich ihres Fehlers bewusst zu werden. Am liebsten hätte er sie an den Haaren gepackt und sie geohrfeigt.
»Hier geht es nicht um unsere Familie«, sagte sie schnell. »Es geht um meine Freundschaft zu Rosie. Harry hat mich vor meinen Gästen beschämt. Und er hat meiner Freundin und ihrem Sohn etwas Unverzeihliches angetan.«
Diese
Poutana
und ihr kleiner
Moulkio
. Er erinnerte sich, was die Australierin vor dem Gerichtssaal zu ihm gesagt hatte.
Was haben Sie hier zu suchen? Schämen Sie sich
. Er hatte sich bloßgestellt gefühlt, ihre unerbittliche Selbstgerechtigkeit hatte ihm die Sprache verschlagen. Die Schmach saß ihm noch in den Knochen, und inzwischen wusste er genau, was er ihr hätte antworten sollen. Er hätte sie packen und anschreien sollen: »Du bist schuld an all dem, du hast uns alle da hineingezogen. Du bist eine schlechte Mutter.« Er sah, wie die Kellnerin den Tisch nebenan abräumte, und trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
»Noch einen Kaffee?«
Aisha schüttelte den Kopf.
»Nein, danke.«
»Es war falsch, was Harry getan hat. Es war ein Fehler. Es tut ihm sehr leid.« Er hob die Hand, damit sie ihn nicht unterbrach. »Aber es war auch falsch, was deine Freundin getan hat. Warum hat sie nicht auf ihr Kind aufgepasst?«
»Rosie liebt Hugo.«
»Warum hat sie ihn nicht zurückgehalten?«
»Hugo ist noch ein Kind. Er weiß es nicht besser.«
Genau. Ganz genau das war das Problem. Er wusste es nicht besser, weil ihm nie Benehmen beigebracht worden war.
»Sie ist eine sehr, sehr schlechte Mutter.« Es war ihm egal, er hatte kein Interesse mehr daran, Aisha umzustimmen, er musste nicht mehr nett sein. Wie konnte man nur so
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