Nur eine Ohrfeige (German Edition)
weiß wem stillschweigend geduldet hatte. Als er mit seinem Geständnis ankam, hatte sie sich gefragt: Warum erzählst du mir das? Unter anderen Umständen hätte es sie misstrauisch gemacht und auf den Gedanken gebracht, dass diese Frau ihm vielleicht doch etwas bedeutete. Aber sie war überzeugt, dass dies nicht der Fall war. Er hatte tatsächlich Angst, er war ein kleiner Junge, der sich der Grenzenlosigkeit und Gleichgültigkeit des Universums ausgeliefert sieht. Du hattest eine lange Jugend, Hector, dachte sie und streichelte ihm über den Rücken, eine lange Jugend. Jetzt ist es Zeit, erwachsen zu werden. Das war nicht böse gemeint, sie war nicht wütend auf ihn. Sie fühlte gar nichts. Es war eine Tatsache. Einfach eine Tatsache.
Sie nahm seine Hand, küsste seine Finger und erzählte ihm von Art. Nicht die Wahrheit, nur das, was wichtig war. Sie erzählte ihm nicht, dass sie Sex gehabt hatten, nur davon, wie intim und aufregend es sich angefühlt hatte, einen anderen Mann zu begehren.Möglicherweise – auf den Gedanken kam sie erst später, zu Hause – hatte sie gehofft, ihn zu verletzen, indem sie ihm davon berichtete. Er hörte ihr aufmerksam zu und unterbrach sie nicht. Sie beschrieb, wie schön Art gewesen sei, wie gebildet und charmant. Ab und zu stand Hector auf und goss ihnen etwas von dem Johnny Walker aus dem Duty-Free-Shop nach. Sie redete weiter, die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, aber ihre Stimme war ruhig und ihr Kopf klar. Sie geriet kaum ins Stocken. Der Whisky half ihr beim Sprechen, er beruhigte sie. Sie trank ein Glas nach dem anderen, ohne sich betrunken zu fühlen. Sie erklärte Hector, Art hätte ihr gezeigt, was möglich sei, und dass sie sich nicht aus Angst, wie er, sondern aus Neugierde fast auf eine Affäre eingelassen hätte. Jedenfalls, fügte sie ganz nebenbei hinzu, fürchteten Frauen eher den Tod anderer, den ihrer Kinder, Partner und Familienangehörigen, und nicht so sehr das eigene Ableben. Noch als sie diese Behauptung von sich gab, musste sie an Anouk denken, und als könnte er ihre Gedanken lesen, fragte Hector: »Was ist mit Anouk?«
»Vielleicht sind Frauen ohne Kinder anders«, räumte Aisha ein. »Vielleicht ist die Welt in drei Geschlechter aufgeteilt – Männer, Frauen und Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden.«
»Was ist mit Männern, die keine Kinder haben«, wollte er wissen, »sind die nicht auch anders als Väter?« Seinen Widerspruch herausfordernd, schüttelte sie entschieden den Kopf: »Nein, Männer sind alle gleich.«
Sie sagte, sie hätte an eine Scheidung gedacht, und zwar lange vor Art. Kaum war das Wort über ihre Lippen gekommen, war ihr klar, dass es für sie beide eine Form von Befreiung darstellte. Sie lag auf einem Kissen, den Rücken gegen die Wand gelehnt, und Hector zu ihren Füßen, den Kopf auf den Ellbogen gestützt. Sie tauschten ein zaghaftes Lächeln aus. Es war ein seltsames Niemandsland, das sie betreten hatten, ihr Hotelzimmer in Ubud schien nicht mehr Teil der Wirklichkeit zu sein. Ein Summen erklang in ihren Ohren, es war das Universum, das sich drehte, dawar sie ganz sicher, es würde sie beide in eine andere Umlaufbahn schleudern, in der sie entweder die Waffen streckten oder für immer auseinandergerissen würden. Sie sprachen über ihre Sehnsucht nach Freiheit, nach einem Leben ohne Partner, einem Leben, das nicht von den Launen, Freuden, Vorurteilen und Obsessionen eines anderen bestimmt war. Hector lachte und sagte, er würde gern abends nach Hause kommen, sich bis auf die Unterhose ausziehen, einen Joint rauchen, Pornos gucken und auf der Couch einschlafen. Bei ihr ging es um etwas viel Banaleres, sie wollte nur einmal das Bett für sich allein haben.
»Ich frage mich manchmal einfach, wie es ist, Single zu sein«, sagte Hector, »es ist schon so lange her. Ich könnte nie wieder heiraten, wenn wir uns scheiden ließen«, beteuerte er, jemand anderen zu heiraten, käme für ihn nicht in Frage. Sie sagte nichts. Sie dachte an Art. Hector sprach weiter. »Ich würde keine weiteren Kinder mehr bekommen. Meine Familie seid ihr drei, du, Melissa und Adam.« Dabei setzte er sich auf und sah ihr in die Augen. »Ich will keine Scheidung, ich möchte das mit uns auf keinen Fall aufgeben.« Als er die Kinder erwähnte, waren ihre Freiheitsgedanken wie weggeblasen. Sie waren eine jugendliche Fantasie. Sie wusste, dass er auf eine Antwort wartete, und sie gab sie ihm. »Ich auch nicht.« Er kroch über das Bett und
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