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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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Anouk. Ich stelle mich einfach taub.
    »Wir haben Hectors Cousin wegen Körperverletzung angezeigt.« Rosie konnte Anouk nicht ins Gesicht sehen.
    »Rosie, tu das nicht.«
    »Gary ist fest entschlossen.«
    Frustriert sah Anouk Aisha an. »Sag du etwas.«
    »Es ist Rosies Entscheidung«, antwortete Aisha.
    »Dann werde ich als Zeugin für Harry und Sandi aussagen.«
    Rosie fuhr herum. »Du hast doch gesehen, wie das Schwein Hugo geschlagen hat.«
    »Ich habe gesehen, wie Harry Hugo eine Ohrfeige verpasst hat. Und ich habe gesehen, dass Hugo es verdient hatte.«
    »Niemand hat es verdient, geschlagen zu werden. Ganz zu schweigen von einem Kind.«
    »Das ist eine reine Plattitüde, reiner New-Age-Blödsinn. Man muss einem Kind Disziplin beibringen, und manchmal muss es sie auch körperlich spüren. Damit es lernt, wie weit es gehen darf.«
    Rosie war außer sich. »Halt den Mund, Anouk. Du hast kein Recht, so etwas zu sagen.«
    Weil ich keine Mutter bin? Fast hätte sie gesagt, dass sie schwanger war. Sie konnte sich gerade noch beherrschen. Jetzt bloß nicht laut werden, ganz ruhig bleiben.
    »Es geht mir nicht um deinen Sohn. Ich meine das allgemein. Wir ziehen eine Generation von moralisch Zurückgebliebenen groß, Kinder, die keinerlei Verantwortungsbewusstsein haben.«
    »Man bringt Kindern kein Verantwortungsbewusstsein bei, indem man sie brutal schlägt.«
    »Harry hat Hugo nicht brutal geschlagen.«
    »Er hat ihm eine runtergehauen. Das ist Körperverletzung und damit strafbar.«
    Anouk verlor die Beherrschung. »So ein Quatsch! Vielleicht hätte er Hugo nicht ohrfeigen sollen, aber was er getan hat, war kein Verbrechen. Jeder von uns hätte ihm in dem Moment am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Du machst Harrys und Sandis Leben kaputt, nur weil Gary sich einbildet, man habe ihm Unrecht zugefügt, und weil Gary immer das Opfer sein muss.«
    Anouk brüllte nicht, aber sie war laut geworden und energisch. Ihr war bewusst, dass Jim und Tony am Tisch nebenan verstummt waren, doch das war ihr egal. Sie wollte Rosie verletzen. Ihre Selbstgerechtigkeit war widerlich. Sie hatte das Gefühl, sich noch nie über etwas so aufgeregt zu haben.
    »Oder ist es einfach nur Langeweile? Ist es das, Rosie? Gary langweilt sich und will ein bisschen Aufregung in sein Leben bringen?«
    Rosie schluchzte leise. »Du hast nicht das Recht dazu. Dazu hast du einfach nicht das Recht.«
    »Hugos Problem ist nicht, dass Harry ihn geohrfeigt hat. Hugos Problem ist, dass weder du noch Gary in der Lage wart, ihn davon abzuhalten, sich wie ein Flegel aufzuführen.«
    »Anouk, das reicht.« Aisha war geladen.
    Ja, es reichte. Anouk hatte dem nichts hinzuzufügen. Sie hatte das Rosie schon seit langem sagen wollen, aber es bereitete ihr weder Freude noch Genugtuung. Sie fühlte sich schuldig und elend, als sie merkte, wie die beiden auf ihre Worte reagierten.
    Aisha hielt Rosies Hand. »Du hast kein Recht, so zu reden, Anouk. Ich stimme Rosie zu.« Aisha klang frostig. »Wir wissen, dass du kein großes Interesse an unseren Kindern hast, und wir können damit umgehen. Du magst keine Babys, und du magst es nicht, wenn man über Babys oder Kinder redet. Das hast du im Laufe der Jahre deutlich zum Ausdruck gebracht, und wir respektieren das. Aber dann versuch nicht, dich jetzt hier als Autorität aufzuspielen.« Aisha kämpfte selbst mit den Tränen, ihre Stimme zitterte. »Harry hat kein Recht, Hugo zu schlagen. Ja, vielleicht hatte jeder von uns in dem Augenblick das Bedürfnis, ihn zu ohrfeigen, aber der Punkt ist, keiner der anderen Erwachsenen hat es getan. Wir haben so etwas wie Selbstbeherrschung, das unterscheidet uns von Kindern. Wir haben ihn nicht geohrfeigt, weil wir wussten, dass es falsch ist.«
    Na ja, ein paar von uns hätten sich einfach nicht getraut. Aber Anouk war es leid. Sie hatte keine Lust weiterzustreiten. Deswegen will ich dieses Baby nicht, sagte sie sich, deswegen lasse ich es abtreiben. Ich will nicht so werden wie ihr. Ich bin nicht auf eurer Seite, nicht in diesem Fall. Man kann als Eltern auch anders sein, aber heutzutage wird das in dieser Welt nicht geduldet. Und wenn ich meinen eigenen Weg gehen wollte, wäre das ein zermürbender Kampf. Vielleicht würde ich es trotzdem schaffen, aber dann würde ich nichts anderes zustande bringen. Anouk merkte, dass sie ihre Fäuste geballt hatte. Es herrschte Schweigen am Tisch, dasangesichts des allgemeinen Lärmpegels in dem inzwischen vollen Biergarten, dem betrunkenen

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