Nur eine Ohrfeige (German Edition)
der Schule online, doch die interessierten sie jetzt nicht. Sie machte ihre Mathehausaufgaben und suchte dann nach Informationenüber die Filme.
Der Tintenfisch und der Wal
klang interessant, ein bisschen ambitioniert vielleicht, es ging um ein kultiviertes Ehepaar, das sich scheiden ließ, und es lief in Carlton, was Tasha freuen würde. Man konnte dort gut essen.
Caché
war ein französischer Film, der spitzenmäßige Kritiken bekommen hatte, aber ziemlich kompliziert klang, als müsse man viel nachdenken. Außerdem war er mit Untertiteln. Sie wusste, dass ihre Tante ihn ausgesucht hatte, weil sie wollte, dass Connie sich anspruchsvolle Filme ansah. Wahrscheinlich hatte sie recht, aber nach einem langen Schultag hatte sie bestimmt keine Lust auf noch mehr Bildung. Der neue mit Jennifer Aniston hieß
Trennung mit Hindernissen
, und die Hälfte ihrer Mitschülerinnen hatte ihn schon gesehen. Offenbar kam er gut an. Vince Vaughn spielte mit. Sie betrachtete sein Gesicht. Er sah aus wie Hector, nur nicht so gut, hatte aber dieselbe leicht dümmliche Visage. Sie hatte Lust, den Film zu sehen, und er lief in der Stadt, also konnten sie danach etwas in Chinatown essen.
Sie schaltete den Computer aus, machte ihre Jacke zu und zog sich die Stiefel an. Dann kniete sie sich vor den Spiegel und trug vorsichtig etwas Lippenstift auf. Ihr Vater, nicht ihre Mutter, hatte ihr beigebracht, wie man sich schminkt. Marina hatte nie Make-up getragen. Ihr Vater hatte sein Gesicht neu erschaffen. Das Geheimnis, hatte er ihr erklärt, während er sich die Wangen und das Kinn puderte, ist die Grundierung. Man kann jeden komischen Fleck wegmachen, sagte er und zeigte auf ein Sarkom unterm Kinn, und man hat nirgends glänzende Stellen. Sie kräuselte die Lippen. Ihr Vater hätte gewollt, dass sie
Caché
sieht, er stand immer auf das Obskure, Schwierige, Ambitionierte, das, was die anderen Kunstquatsch nannten. War er nicht deswegen aus Australien weggegangen? Wofür hätte ihre Mutter sich wohl entschieden? Für den großen kräftigen Pakistani im Anzug, der genau wie Hector ein bisschen aussah wie Vince Vaughn. Vorsichtig trug sie den Eyeliner auf.
Tasha hatte sich die Haare gekämmt und eine Hose und eine lavendelblaue Secondhand-Kunstfelljacke mit Wollkragen aus denFünfzigern angezogen. Connie liebte diese Jacke. Tasha sah so süß darin aus.
»Und, in welchen gehen wir?«
»
Der Tintenfisch und der Wal
klingt super.«
Tasha rieb sich die Hände. »Wunderbar. Dann können wir danach Pasta essen.«
Trennung mit Hindernissen
konnte sie immer noch mit Richie gucken. Oder mit Jenna, falls die ihn noch nicht gesehen hatte. Oder vielleicht auch allein. Und sich vorstellen … Schluss jetzt, denk nicht an ihn. Sie hakte sich bei ihrer Tante unter und schlenderte mit ihr zur Bahn.
Als sie nach Hause kamen, war eine Nachricht von Rosie auf dem Anrufbeantworter, mit der Bitte, ob Connie am Donnerstagabend bei ihnen babysitten könne. Sie sah auf die Uhr. Es war noch vor elf, also griff sie nach dem Telefon.
»Sagst du zu?« Tasha hatte sich ein Glas Rotwein eingeschenkt und den Fernseher angemacht.
»Ich glaub schon.«
»Hast du denn Zeit?«
Sie wünschte, ihre Tante ließe ihr ein wenig mehr Freiraum. »Ich kann meine Hausaufgaben ja mitnehmen.«
Sie sah ihrer Tante an, dass sie noch etwas sagen wollte, aber als sie innehielt, hatte Tasha sich schon wieder abgewandt. Connie wählte. Der Anrufbeantworter ging an, und sie sprach eine Nachricht aufs Band. Ein lautes Quietschen ertönte, dann hörte sie Garys Stimme.
»Connie, bist du’s?«
»Ja. Ich kann Donnerstag auf Hugo aufpassen. Wann soll ich kommen?«
»Ach, du bist toll, Connie, du bist wirklich ein guter Mensch«, nuschelte Gary. Wahrscheinlich war er betrunken. »Komm doch gegen sieben.«
»Okay.«
»Die blöde Rosie hat uns bei irgendeiner idiotischen Elternschule angemeldet. Ich hasse diesen Quatsch. Ich komme mir immer vor wie der böse Junge in der letzten Reihe.«
Sie biss sich auf die Lippe. Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie konnte sich Gary nicht als Schüler vorstellen. Nicht wegen des Unterrichts, der würde ihm bestimmt gefallen, er las ja sowieso die ganze Zeit. Vielleicht bereute er es sogar, so früh von der Schule gegangen zu sein. Nach der Neunten, hatte er berichtet, aber sie hatte sich nicht getraut, ihn zu fragen warum. Wahrscheinlich ertrug jemand wie Gary die Disziplin nicht, die strengen Regeln und das Befolgen eines
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