Nur eine Ohrfeige (German Edition)
hoffe, du glaubst mir das.«
»Das tue ich.« Sie grinste boshaft. »Mein Vater hätte dich geliebt. Du bist genau sein Typ.«
Ali küsste sie wieder.
Hand in Hand brachte er sie nach Hause. Sie redeten nicht viel. Er trug einen von Jordans Pullovern, einen schwarzen mit Rollkragen. Sie fand, Schwarz stand ihm gut. Vor ihrem Haus küssten sie sich.
»Wie kommst du nach Hause?«
»Zu Fuß.«
»Nach Coburg? Das dauert doch ewig. «
»Nee, vierzig Minuten, höchstens.« Sie konnten sich nicht trennen. Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen. Als er endlich ihre Hand losließ, fühlte sie sich lasch und leer an. Sie hatte Angst davor, ihn am Montag in der Schule zu treffen.
»Hast du Lust, mal ins Kino zu gehen?«
»Wann?« Hatte sie gerade gequiekt? Offenbar ja.
»Freitagabend?«
»Ja. Gern.«
»Gut.« Er küsste sie zärtlich auf den Mund. »Bis Montag dann.«
Sie sah ihm nach, wie er die Straße entlanglief, die Hände in den Hosentaschen. Unter einer Straßenlaterne drehte er sich um und winkte ihr zu. Sie winkte zurück. Er sah aus wie ein kleiner Junge. Sie ging hinein.
Im Zimmer ihrer Tante brannte noch Licht. Sie klopfte leise.
»Komm rein.«
Tasha saß im Bett und las. »Ich konnte nicht schlafen.«
»Entschuldige. Ist spät geworden, oder?«
»Halb vier. Okay für einen Samstagabend. War die Party gut?«
Connie zog die Decke weg und schlüpfte zu ihrer Tante ins Bett. »Ich glaube, ich wurde gerade zu einem Date eingeladen.«
»Von wem?«
»Er heißt Ali.«
»Du bist wirklich wie dein Vater.«
»Er ist echt nett, Tash.«
»Dazu bilde ich mir noch meine eigene Meinung. Bestimmt fand er dein Kleid gut, oder?«
Connie sah sich im Zimmer um – der Stapel Bücher neben dem Bett, die alten feministischen und sozialistischen Poster an der Wand, ein Bild von Jesus in Marias Armen. Es war wohlig und warm dort.
»Fühlst du dich einsam, Tash?«
»Nein. Ich hab ja dich.«
»Aber wenn du dich nicht um mich hättest kümmern müssen, wärst du jetzt vielleicht mit jemandem zusammen.«
Tasha sagte nichts.
Connie drehte sich zu ihr um. »Stimmt doch, oder?«
»Kann sein. Kann aber auch sein, dass ich dann ganz allein in diesem Haus wäre. Ich war siebenunddreißig, als du zu mir gekommen bist, Con. Jetzt bin ich zweiundvierzig. Auf mich hat mit fünfunddreißig kein Prinz Ali gewartet. Wer weiß, vielleichtkommt ja einer, wenn ich dreiundvierzig bin. Ist mir relativ egal. Ich habe dich. Du bist bei mir. Ich denke, darüber kann ich froh sein.« Tasha beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Jetzt geh schlafen. Du wolltest doch nur wieder Komplimente hören. Ich liebe dich. Das weißt du.«
Connie hüpfte grinsend aus dem Bett.
»Ich schreib nur kurz Zara eine Nachricht, dann geh ich ins Bett.«
Sie konnte nicht einschlafen. Sie schaltete den Computer an und zog die unterste Schublade ihres Schreibtischs auf. Unter den Tipp-Ex-Fläschchen, Post-it-Blöcken, Heften und Stiften lag eine alte Dose mit dem ausgeblichenen Bild von Prince Charles und Lady Di darauf. Bei ihr fehlte die Nase und bei ihm das Kinn. Sie öffnete sie und wühlte sich durch die Zettel, Karten und Konzerttickets von Placebo und Snoop Dog. Der Brief war ganz unten. Ihre Tante wusste nicht, dass sie ihn aufbewahrte. Ihr Vater hatte ihn ihr gegeben, als er in einem Londoner Krankenhaus im Sterben lag. Das ist eine Kopie, hatte er gesagt, die Kopie eines Briefes, den ich deiner Tante geschickt habe. Sie hat schon geantwortet, hatte er hinzugefügt. Sie hat ja gesagt.
Connie fing an zu lesen:
Liebe Schwester,
ich schreibe dir, weil ich dich bitten möchte, dich um meine Tochter zu kümmern. Das Mädchen ist mein Leben. Ich weiß, dass ich mich seit Jahren nicht gemeldet habe, aber ich hoffe, dass die Liebe und Zuneigung, die du mir entgegengebracht hast – und ich weiß, dass ich sie nicht immer verdient habe –, sich auch auf deine Nichte erstreckt. Sie ist ein wunderbares Kind, Tasha. Sie ist wirklich fantastisch.
Ich liege im Sterben, wahrscheinlich schon seit Jahren. Das ist einer der Gründe, warum ich auf Abstand geblieben bin. Ich wusste, dass du mich nicht ablehnen würdest, aber von Peter und Dad habe ich mir nicht viel Verständnis erhofft. 1989 wurde ich positiv diagnostiziert.
Wie du dich vielleicht erinnerst, warst du gerade dabei, die Highschool zu beenden, und ich kam zu Besuch nach Hause. Du warst sauer, dass mein Besuch offensichtlich so viel Kummer und Streit
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