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Nur Engel fliegen hoeher

Nur Engel fliegen hoeher

Titel: Nur Engel fliegen hoeher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Westfield
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du.« Sie küsst ihn zärtlich und streichelt seinen Körper. Dann setzt sie sich auf ihn, nimmt seine Hände, legt sie auf ihre Brüste und schließt die Augen ...
    »Jonas, ich kann es kaum glauben, dass du hier bist.«
    »Berühr mich. Ich bin es wirklich.«
    »Ich vermisse dich. Jeden Tag. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass du zu mir kommst.«
    »Ich bin bei dir.«
    »Nein. Für immer. Ich werde im September ein Kind von dir bekommen. Dann will ich mit dir zusammen sein.«
    »Das ist dein Ernst?«
    »Ja.«
    Sie liegen nebeneinander und sehen sich in die Augen.
    »Und was sagt dein Gl dazu?«
    »Der wird mich spätestens dann vor die Tür setzen, wenn er sieht, dass das Kind blond ist. Ein Schwarzer und eine Mulattin bekommen kein blondes Kind."
    Jonas flüstert: »Ich weiß nicht, wie ich ohne deine Hilfe hier rauskommen soll.«
    Julia flüstert zurück: »Du hast heute bewiesen, dass du Mut hast. Du schaffst auch noch die nächste Grenze.«
    »Lass uns Musik anmachen. Ich traue diesen Wänden nicht.«
    Das Radio ist in der Stirnseite des Bettes fest eingebaut. Jonas findet nur einen Sender, der tschechische Schlager spielt.
    »Wie bist du von West-Berlin nach Prag gekommen?«
    »Mit dem Flieger.«
    »Über Schönefeld?«
    »Das wäre das Billigste gewesen. Aber ich bin von Tempelhof über München geflogen. Damit dürfte sicher sein, dass die Stasi nichts von unserem Treffen weiß.«
    »Warum warst du so unvorsichtig und hast meinen Namen an der Rezeption hinterlassen?«
    »Ich habe nur gesagt, dass ich einen Freund erwarte und dass er zu mir aufs Zimmer kommen darf. Deinen Namen habe ich nicht genannt.«
    »Ich bin ganz sicher. Der Mann an der Rezeption hat mich mit meinem Namen angesprochen.«
    »Ausgeschlossen. Du weißt genau, dass ich so etwas nie tun würde.«
    »Aber woher kennt er dann meinen Namen?«
    »Das kann nur eine Verwechslung sein.«
    »Wann musst du zurück?«
    »Erst morgen Abend.«
    »Dann lass uns morgen alles Weitere besprechen. Außerhalb des Hotels.«
    Jonas ist todmüde. Er schmiegt sich an Julia, legt ihr die Hand auf die Brust und schläft sofort ein. Julia schaltet das Radio aus und löscht das Licht. Die zuckenden Leuchtreklamen zeichnen farbige Muster an die Decke des Hotelzimmers.
    Sie frühstücken nicht im Hotelrestaurant, sondern verlassen das Haus getrennt und treffen sich am südlichen Ende des Wenzelsplatzes. Von dort schlendern sie Hand in Hand durch schmale Gassen zum Altstädtischen Markt. Gegenüber vom Glockenturm mit der Aposteluhr setzen sie sich in ein Straßencafe. Die Frühlingssonne strahlt schon warm, wesentlich wärmer als in Berlin oder Rostock.
    »Wenn du bei mir bist, ist alles anders.« Julia schneidet ein Hörnchen auf und bestreicht es mit Pflaumenmus. »Die Sonne strahlt heller. Alles ist schöner. Es ist ein anderes Leben.«
    »Tut mir leid, dass ich gestern eingeschlafen bin.«
    »Überhaupt nicht schlimm.« Sie schiebt ihm das Hörnchen in den Mund. Sein Gesicht ist mit Pflaumenmus beschmiert. Sie greift schnell nach ihrer Minolta und macht ein Foto.
    »Für unser Familienalbum.«
    »Würdest du bitte einmal deine West-Kamera einem Ost-Fotografen leihen?«
    »Kannst du damit umgehen?«
    »Nee, wir machen immer noch Höhlenzeichnungen.«
    Jonas hatte schon auf Rügen bemerkt, dass die Sonnenblende der Minolta dauerhaft verkehrt herum über das Objektiv gestülpt ist, so wie die Kameras meist originalverpackt sind. Er nimmt sie ab und setzt sie richtig auf.
    »Hey, du machst meine Kamera kaputt.«
    »Jetzt siehst du, dass deine Kamera auch eine Blende und einen Ring zum Scharfstellen hat.«
    »Aber so, wie das vorher war, hat sie immer gute Bilder gemacht.«
    »Das ist vorbei. Nun macht sie auch Höhlenzeichnungen.«
    »Dann erkennt Marc wenigstens nicht, wer auf dem Foto ist.«
    »Was hast du ihm gesagt?«
    »Ich besuche eine Studienfreundin in Wien.«
    »In drei Monaten wird er dir das nicht mehr abkaufen.«
    »Die Wiener Törtchen machen ganz schön dick.«
    »Hast du ihm gesagt, dass du ein Kind bekommst?«
    »Jonas, ich weiß einen sicheren Weg in den Westen.«
    »Nicht hier. Lass uns zahlen.«
    Sie spazieren durch die Altstadtgassen in Richtung Karlsbrücke. Auf der Brücke verkaufen Maler und Fotografen ihre Bilder. Touristen flanieren und machen Fotos. Ein TV-Team filmt das pulsierende Leben auf der bekanntesten und schönsten Brücke Prags, die allein den Fußgängern gehört. Mitten auf dem Fußweg hat ein langhaariger Trommler

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