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Nur Engel fliegen hoeher

Nur Engel fliegen hoeher

Titel: Nur Engel fliegen hoeher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Westfield
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von Natur aus eine südländisch wirkende, ein wenig dunkle Hautfarbe und ist trotz seines Alters ausgesprochen attraktiv. Wenn er länger redet, klingt ein leicht russischer Akzent durch. Seine dichten schwarzen Haare stehen an den Seiten ein wenig ab, was den Eindruck erweckt, er habe kleine Hörner darunter.
    Die Frau mit den kurzen Haaren öffnet leise die Tür, stellt den Aschenbecher ab und verschwindet lautlos. Jagovich nimmt, immer noch stehend, aus seiner Lederjacke eine Schachtel HB und zündet sich eine Zigarette an.
    »Genosse, wo haben Sie denn diese Sargnägel her?«, fragt Zessel scherzhaft.
    »Im Operationsgebiet ist das eine gängige Marke. Schmeckt gar nicht so übel.«
    Zessel weiß nicht so recht, ob er sich wie ein Chef an seinen großen Schreibtisch oder in die Konferenzecke neben seinen Gast setzen soll. Deshalb bleibt er stehen, solange Jagovich aus dem Fenster sieht.
    »Wer hat außer Ihnen, Genosse Zessel, noch an dem Fall gearbeitet?«, fragt Jagovich, während er noch immer aus dem Fenster sieht und nachdenklich an seiner Zigarette zieht.
    »Leutnant Wappler, Abteilung III, zur Zeit als OibE in die Abteilung Inneres beim Rat der Stadt beordert, und Hauptmann Wohlgemuth, Abteilung VI, zur Zeit operativ tätig beim Passund Meldewesen beziehungsweise auch in der Abteilung Inneres.«
    »Warum werden so viele Offiziere der MfS-Bezirksverwal-tung zu Inneres geschickt? Oder ist das Zufall?«
    »Der Druck durch die Ubersiedlungsersuchenden ist gestiegen. Gerade hier im Ostseebezirk. Der Klassenfeind wirbt in seinen Medien mit falschen Versprechungen unsere Bürger ab, um dem Aufbau des Sozialismus zu schaden.«
    »Ja, ja. Wer ist Hauptmann Wohlgemuth?«
    »Einer unserer ältesten Genossen, geht bald in Rente. Ein alter Kommunist und Seefahrer mit viel Herz und Menschenliebe.«
    »Leute mit Herz und Menschenliebe brauchen wir nicht. Sorgen Sie dafür, dass er die operative Arbeit an dem Fall nicht stören kann.«
    »Aber in der Abteilung Inneres beim Rat der Stadt könnte er die Arbeit des MfS flankierend unterstützen. Durch seine väterliche Art versteht er es, betroffenen Bürgern unangenehme Entscheidungen sehr ruhig zu vermitteln.«
    »Meinetwegen. Aber er darf keinen Zugang mehr zur Akte haben.« Jagovich drückt seine Zigarette im Aschenbecher aus. »Und wer ist Leutnant Wappler?«
    »Ein junger Genosse, Ingenieurstudium, Parteihochschule, Juristische Hochschule des MfS. Ein Tschekist, so scharf wie das Schwert der Partei.«
    »Kann man den im Grenzbereich zum Gegner einsetzen?«
    »Er würde mit Stolz einen solchen Auftrag übernehmen.«
    »Ich meinte eigentlich: Besteht Gefahr, dass der nach dem Westen abhaut?«
    »Er hat eine Frau und zwei Kinder.«
    »Hört sich gut an. Sorgen Sie trotzdem dafür, dass auch Wapp-ler keine Einsicht mehr in den operativen Vorgang erhält. Wir werden ihn noch punktuell einsetzen. Aber wissen darf er nichts.«
    »Wappler und Wohlgemuth kommen schon jetzt nicht mehr an den operativen Vorgang heran, sie liefern nur noch zu.«
    »Alle Akten liegen bei Ihnen?«
    »Bei mir beziehungsweise in den dafür vorgesehenen Speichern.«
    »Welche neuesten Erkenntnisse haben Sie?« Jagovich nimmt an der Fensterseite des Konferenztisches Platz. Er sitzt im Gegenlicht und Zessel kann feine Regungen in seinem Gesicht nicht wahrnehmen.
    Jagovich nimmt sich ein Fischbrötchen. Zessel gießt Kaffee aus einer Thermoskanne in zwei Tassen und langt ebenfalls zu.
    »Guten Rollmops haben Sie hier. In Berlin schmeckt der immer so grausam abgestanden«, sagt Jagovich.
    »Von den Genossen Fischern der FPG Warnemünde.«
    »Wusste gar nicht, dass alle Fischer in der Partei sind?«
    »Von den Genossenschaftsfischern, meine ich natürlich. Das konspirative Treffen der Verdächtigen Jonas Maler und Julia McCandle in der CSSR ist operativ ganz hoch anzusehen«, sagt Zessel sachlich.
    »Wie ist der Kerl nach Prag gekommen?«
    »Das ist uns allen ein Rätsel, Genosse Jagovich.«
    »Für einen Tschekisten gibt es keine Rätsel. Alles lässt sich ermitteln.«
    »Wir hatten in Abstimmung mit der Abteilung VI für den Verdächtigen ein totales Reiseverbot eingerichtet. Auch für die befreundete CSSR.«
    »Das beantwortet nicht meine Frage.«
    »Der Verdächtige hat versucht, mit seinem Pkw Lada über die GÜST Zinnwald in die CSSR auszureisen. Die Genossen unserer Passkontrolleinheit haben ihn gestoppt. Ohne längere Diskussion hat er die Anweisung befolgt und ist mit seinem Wagen zurück in

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