Nur für eine Stunde?
zu schlürfen und einander in die Augen zu sehen.
Warum hatte er bloß die Idee gehabt, Martha Cooper auf diesen Trip mitzunehmen?
Irgendetwas hatte sie an sich. Irgendetwas, das ihn kribbelig machte – zumindest seit dem Abend, an dem er sie nach Hause gefahren hatte. Er hatte sein Leben lang keine Schlafprobleme gehabt, aber seit jenem Samstag schlief er nicht mehr gut, was ihn zunehmend aus dem Gleichgewicht brachte.
Wahrscheinlich würde er sich besser fühlen, wenn er in Chicago Tracy sehen würde. Sie hatten im vergangenen Frühjahr eine gute Sache laufen gehabt – nichts Dauerhaftes, aber sie hatten sich in Freundschaft getrennt. Es würde ihn aufmuntern, einen Abend mit Tracy zu verbringen. Sie war das genaue Gegenteil von Martha – die Anti-Martha sozusagen. Tracys Gesellschaft würde helfen, Martha in die richtige Perspektive zu rücken.
Als ob er eine Korrektur seiner Perspektive gebraucht hätte! Martha war seine Buchhalterin. Punkt. Ende der Story.
Sie lachte schon wieder. Was Doug sagte, schien sie ungeheuer zu animieren. Blake kippte einen kräftigen Schluck Bier hinunter. Verdammt! In all den Monaten, die sie nun schon für ihn arbeitete, hatte er sie nicht so viel lachen sehen wie auf diesem Flug.
Doug und sie hatten doch beide ihren Laptop dabei – warum nahmen sie die Dinger nicht aus den Taschen und machten sich an die Arbeit? Oder lasen die Zeitung. Oder konzentrierten sich auf das Meeting. Irgendwas, außer da drüben zusammenzuglucken und sich an ihrem geistreichen Austausch zu ergötzen.
Denk an Tracy! Denk an das Treffen! ermahnte er sich. Leg dir eine Verhandlungsstrategie zurecht.
Er hoffte, Tracy nicht mit hineinziehen zu müssen. Sie hatte ihm den Weg zu der Geschäftsverbindung geebnet, sich aber nie an den Verhandlungen beteiligt. Blake war ihr dankbar für ihre Initiative, wollte ihr Leben aber nicht verkomplizieren, zumal sie jetzt verlobt war. Aber er war zuversichtlich, dass er den Deal mit Good Earth auch ohne Tracy an Land ziehen würde. Doug mochte ein brillanter Theoretiker sein, aber er war der Macher, der seine Firma aufgebaut hatte und jede Menge praktische Erfahrung besaß – Erfahrungen von genau zehn Jahren.
Die Stewardess verkündete über das Bordmikrofon, dass sie den Landeanflug begannen. Erleichtert, dass er der Sardinenbüchse von einem Flugzeug bald entfliehen konnte, blickte Blake aus dem Fenster und sah unter sich die Dächer und grauen Straßen von Chicago. In wenigen Minuten würden sie wieder auf der Erde sein, und Doug und Martha würden mit dem Geflüster und Gekicher aufhören müssen und sich darauf besinnen, wer der Boss war.
Und der Boss würde sich von seinen lächerlichen Anwandlungen befreien müssen. Er hatte Martha Dougs wegen mitgenommen, und er sollte sich freuen, dass die beiden sich so fantastisch verstanden.
Das Flugzeug setzte auf der Landepiste auf, und Blake beobachtete, wie der schemenhafte Kreis des wirbelnden Propellers zu klar erkennbaren Blättern wurde, während die Maschine auf den Terminal zurollte. Da das Flugzeug zu klein war, um direkt an einem Ausgangskorridor anzulegen, wurde eine Treppe an die Tür gerollt. Blake drehte sich vom Fenster fort und beobachtete, wie Doug und Martha ihre Laptop-Taschen nahmen und in den Gang traten. Höflich wie er war, ließ Doug Martha vorangehen. Hinter ihm setzte sich Blake in Bewegung, und da er ihn um Kopfeslänge überragte, hatte er Martha ausgezeichnet im Blick. Sie bewegte sich überraschend anmutig in dem engen Gang, zum ersten Mal bemerkte er ihren sanften Hüftschwung. Als sie den Ausgang erreichte, fiel das Sonnenlicht auf ihr Haar und ließ all die roten Glanzlichter aufleuchten.
Ihr Haar ist braun! rief er sich zu Ordnung, als er hinter Doug die Treppe hinabging. Martha Coopers Haar hatte ihn immer an das Fell einer Feldmaus erinnert, eine undefinierbare Mischung zwischen Braun und Grau. Der rötliche Schimmer, der ihm neuerdings auffiel, musste aus einer Tube stammen. Allerdings war Martha ihm nie so eitel erschienen, um ihr Haar zu tönen. Aber vielleicht war sie extrem eitel, und er hatte es nur nicht bemerkt. Oder es lag daran, dass ihm seit jener verrückten Nacht, als er eine Stunde gewonnen und sein inneres Gleichgewicht verloren hatte, die ganze Welt irgendwie verändert vorkam.
Ein Flughafenarbeiter war unten dabei, ihr Gepäck auszuladen. Martha und Doug hatten beide schwarze Koffer auf Rollen. Blake hatte eine orangefarbene Leinentasche, die er nie gegen
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