Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
Versteck.“
Er neigte den Kopf. „Vielleicht.“ Es war das Beste, wenn sie etwas Distanz zwischen ihn und sich legte. Wenn er sie noch einen Augenblick länger gehalten hätte, hätte er sie nie mehr loslassen können. „Wir reden morgen miteinander.“
Sie zog ihre eigene Unlogik nicht in Zweifel, sondern schüttelte den Kopf. „Nein, wir werden überhaupt nicht mehr reden.“
Er widersprach ihr nicht, als sie zur Tür ging. Er blieb einfach stehen, wo er stand, und die Tür schloss sich hinter ihr. Es bestand kein Grund, ihr zu widersprechen. Er wusste, sie würden wieder miteinander reden. Er nahm sein Glas Wein und das Manuskript, das sie vergessen hatte, und machte es sich in seinem Sessel bequem.
4. KAPITEL
W ut. Vielleicht war es das, was Lee fühlte, einfach nur Wut, ohne weitere Gefühlsstrudel und -verwirrungen, doch sie war sich nicht sicher, auf wen sie wütend war.
Was gestern Abend geschehen war, hätte vermieden werden können … hätte vermieden werden müssen, verbesserte sie sich, als sie aus der Dusche trat. Weil sie es Hunter erlaubt hatte, das Tempo und den Ton zu bestimmen, hatte sie sich in eine verletzbare Position gebracht, und sie hatte eine nützliche Gelegenheit vergeudet. Wenn Lee etwas in ihren Jahren als Reporterin gelernt hatte: Der schlimmste Fehler für ihre Arbeit war, eine günstige Gelegenheit nicht zu nutzen.
Wie viel wusste sie von Hunter Brown, das für einen klaren informativen Artikel benutzt werden konnte? Genug für einen Abschnitt, dachte Lee verächtlich. Einen sehr kurzen Abschnitt.
Vielleicht hatte sie noch eine Chance, die verlorene Zeit wieder gutzumachen. Verlorene Zeit, weil sie es zugelassen hatte, wie eine Frau zu fühlen, statt wie eine Reporterin zu denken. Er hat mich an der Leine gehalten, gestand sie sich verbittert ein, während sie sich ihr tropfendes Haar frottierte. Statt den Weg zu bestimmen, war sie ihm gehorsam gefolgt, wohin er sie geführt hatte. Und hatte das wichtigste Interview ihrer Karriere verpasst. Lee warf das Handtuch hin und verließ das Bad, das voller Wasserdampf war.
Sie redete sich ein, nichts als Verärgerung über ihn und sich selbst zu empfinden, während sie einen Bademantel überwarf und sich an den kleinen Sekretär setzte. Sie hatte noch etwas Zeit, bevor der Zimmerservice ihr Frühstück servierte. Und sie durfte keine Zeit mehr vergeuden. Zuerst kam das Berufliche. Sie nahm sich Notizblock und Bleistift.
HUNTER BROWN. Lee schrieb es in großen Buchstabenoben auf die Seite und unterstrich den Namen. Das Problem war, gestand sie sich ein, dass sie sich Hunter – der Aufgabe – nicht logisch, systematisch genähert hatte. Andererseits hatte sie ihn immerhin gesehen, mit ihm gesprochen, ihm einige grundsätzliche Fragen gestellt. Das konnte, soweit sie wusste, kein anderer Reporter von sich behaupten. Es war Zeit, mit der Selbstbeschimpfung aufzuhören und den schwachen Vorteil auszunutzen, den sie immer noch hatte. In klarer Schrift begann sie zu schreiben.
ERSCHEINUNG. Dunkel, schlank, kraftvoll, wie ein Langstreckenläufer oder ein Langlaufskifahrer.
Sie runzelte die Stirn, als sie sich sein Gesicht ins Gedächtnis zurückrief.
Wettergegerbtes Gesicht, kontrastiert durch eine Ausstrahlung von Intelligenz. Am hervorstechendsten: die Augen. Sehr dunkel, sehr direkter Blick, sehr irritierend.
Konnte das gedruckt werden? Brachte dieser eindringliche ruhige Blick jeden aus der Fassung? Sie verwarf die Frage und schrieb weiter.
Fast zwei Meter groß, schätzungsweise hundertsechzig amerikanische Pfund. Sehr selbstbewusst. Hände eines Musikers, Mund eines Poeten.
Ein wenig überrascht über ihre eigene Beschreibung, ging Lee zur nächsten Kategorie über.
PERSÖNLICHKEIT. Rätselhaft. Das reicht nicht, entschied sie leicht verärgert. Arrogant, von sich eingenommen, rüde. Das sollte gedruckt werden. Ein geschickter, fesselnder Redner, gestand sie schriftlich ein. Scharfsinnig, kühl, wortkarg, für überraschende Wendungen offen, sinnliche Ausstrahlung.
Das Letzte ist ein Fehler, erkannte Lee, als die Notiz die Erinnerung an den langen, zarten, sie verzehrenden Kuss hochbrachte, an seine weichen Lippen, an die Kraft seiner Hände. Nein, das war nicht für die Veröffentlichung. Sie brauchte auch keine Notizen, um sich alle Details zurückzurufen, alle Gefühle,die sein Körper in ihr ausgelöst hatte. Sie wäre jedoch klug, wenn sie nicht vergaß, dass er ein Mann des schnellen Entschlusses war, ein Mann,
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