Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
äußerlich ihres Entschlusses absolut sicher zu sein, während sie tatsächlich panische Angst davor hatte, den angenehmen Goldkäfig zu verlassen, den ihre Eltern ihr sie geschaffen hatten.
Fünf Jahre später war die Angst eingedämmt, aber sie war nie ganz verschwunden. Ihr Antrieb, auf der Leiter der beruflichen Karriere ganz nach oben zu kommen, basierte teilweise auf dem Bedürfnis, sich ihren Eltern gegenüber zu beweisen.
Blödsinnig, sagte sie sich und wandte sich von der verletzbaren Frau im Spiegel ab. Sie musste niemandem etwas beweisen, es sei denn, sich selbst. Sie war wegen einer Story gekommen. Die Story würde ein Erfolg für sie werden, wenn sie Hunter Brown wie ein Spürhund auf den Fersen blieb.
Lee sah wieder auf die Notizen, die weniger als eine Seite füllten. Bevor der Tag vorbei ist, habe ich mehr, versprach sie sich. Viel mehr. Er wird nicht wieder die Oberhand gewinnen. Er wird sie nicht wieder von ihrem Ziel ablenken. Dieses Mal würde sie fest das Steuer in der Hand halten.
Als es klopfte, warf Lee einen Blick auf die Uhr und stieß einen kleinen Seufzer der Ungeduld aus. Sie war ihrem Zeitplan hinterher, etwas das sie sich sonst nie erlaubte. Sie hatte ihr Frühstück für neun Uhr bestellt und wollte sich bis dahin für den Tag schon fertig gemacht haben. Unwillig über sich selbst, ging sie zur Tür und öffnete.„Genauso gut brauchtest du nichts zu essen, wenn du meinst, dass du mit einem halben Brötchen auskommst.“ Bevor es ihr gelang, sich von ihrer Überraschung zu erholen, trat Hunter auch schon mit ihrem Frühstückstablett an ihr vorbei. „Und eine kluge Frau macht nie die Tür auf, ohne sich zu vergewissern, wer auf der anderen Seite steht.“ Er stellte das Tablett auf dem Tisch ab und drehte sich um, um sie mit seinem langen, eindringlichen Blick zu betrachten.
Ohne den Glanz von Make-up und sorgfältiger Aufmachung sah sie jünger aus. Die Spuren der Zerbrechlichkeit, die er schon geahnt hatte, waren jetzt von keiner Patina blasierter Kultiviertheit überdeckt, obwohl ihr Morgenmantel aus Seide und der Saphirton schmeichelnd waren. Er spürte ein Aufflammen von Lust und zugleich einen Beschützerdrang in sich aufsteigen. Doch beides konnte seine Wut nicht vertreiben.
Sie wollte ihn nicht wissen lassen, wie verblüfft sie war, ihn wiederzusehen, wie beunruhigt, mit ihm allein zu sein. „Zuerst Chauffeur, dann Kellner“, sagte sie kühl, ohne zu lächeln. „Du bist ein Mann mit vielen Talenten, Hunter.“
„Das Kompliment könnte ich zurückgeben.“ Er goss eine Tasse Kaffee ein. „Eine der ersten Voraussetzungen einer Romanschriftstellerin ist, eine gute Lügnerin zu sein. Du bist also auf dem besten Weg dahin.“ Er machte eine einladende Handbewegung zu einem Sessel und versetzte Lee in die unbehagliche Position, bei ihm Gast zu sein. Kühl beherrscht, als wäre sie überhaupt nicht beunruhigt, durchquerte sie den Raum und setzte sich an den Tisch.
„Ich hätte dich gebeten, mir Gesellschaft zu leisten, aber es gibt nur eine Tasse.“ Mit ruhiger Hand goss sie Milch in den Kaffee und griff nach dem Brötchen. „Vielleicht könntest du mir erklären, was du mit Lügnerin meinst.“
„Ich vermute, es ist auch eine der ersten Voraussetzungen für Reporterinnen.“ Hunter beobachtete, wie sich ihre Finger um das Brötchen ganz kurz verspannten.
„Nein.“ Lee nahm noch einen Bissen von ihrem Brötchen, als sei ihr der Magen gerade nicht in die Kniekehlen gesunken. „Reporter haben mit Tatsachen zu tun.“ Sie ließ sich Zeit, um nicht nervös herumzufingern, und trank einen Schluck Kaffee. „Ich kann mich nicht daran erinnern, erwähnt zu haben, ich sei eine Reporterin.“
„Nein, du hast es nicht erwähnt.“ Als sie die Tasse abstellte, umfasste er ihr Handgelenk. Der Griff seiner Finger verriet ihr, dass er wütend war. „Du hast es ganz bewusst nicht erwähnt.“
Mit einem Ruck ihres Kopfes warf sie ihr Haar zurück. Wenn sie verlor, dann auf keinen Fall mit hängenden Schultern. „Es war nicht erforderlich, es dir zu erzählen.“ Sie ignorierte die Tatsache, dass er eine ihrer Hände fest umklammert hielt, nahm das Brötchen in die andere Hand und biss hinein. „Ich habe meinen Teilnahmebeitrag für die Tagung bezahlt.“
„Und vorgetäuscht, jemand zu sein, der du nicht bist.“
Ohne mit der Wimper zu zucken, begegnete sie seinem Blick.
„Offensichtlich haben wir beide vorgetäuscht jemand zu sein, der wir nicht sind, von Anfang
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