Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
dankbar ihr Frühstück mit starkem, heißem Kaffee hinunter. „Und du?“
„Sehr gut“, log er und zündete sich eine Zigarette an.
„Bist du schon lange auf?“
Seit der Morgendämmerung, dachte er. „Lang genug.“ Er warf einen Blick auf ihre fast unbenutzten Wanderstiefel und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis ihre Füße einfach aufgaben. „Für heute steht Wandern auf dem Programm. Einverstanden?“
Sie wollte aufstöhnen, legte aber ein freundliches Lächeln auf. „Gut, ich würde gern etwas vom Canyon sehen, solange ich hier bin.“ Vorzugsweise im Jeep, dachte sie und schluckte den letzten Rest Schinken hinunter. Wenn es ein Klischee gab, das sie jetzt bestätigt fand, so war es, dass frische Luft den Appetit anregte.
Es dauerte bei Lee zweifellos doppelt so lange, als es bei Hunter gedauert hätte, das Frühstücksgeschirr abzuwaschen. Aber sie hatte die ungeschriebenen Gesetze schon mitbekommen. Einer kocht, der andere wäscht ab.
Als sie fertig war, stand er schon ungeduldig bereit, mit Fernglas und Feldflasche und einem kleinen Beutel in der Hand. Den hielt er ihr hin. Lee unterdrückte den Drang, ihn in seine Hand zurückzudrücken.
„Was ist da drin?“ fragte sie, als sie den Gurt des Beutels über die Schulter hängte.
„Lunch.“
Lee vergrößerte ihre Schritte, um mit Hunter Schritt halten zu können, als er sich von der Lichtung entfernte. Wenn er Lunch eingepackt hatte, dann musste sie sich auf einen sehr langen Weg zu Fuß gefasst machen. „Woher weißt du überhaupt, wohin wir gehen und wie wir wieder zurückkommen?“
Zum ersten Mal, seit sie, nach zarten Blüten duftend, wiederzum Lagerplatz zurückgekommen war, lächelte Hunter. „Orientierungspunkte im Gelände. Die Sonne.“
Sie blickte sich um, hoffte, für sich einige Anhaltspunkte zu finden. „Solchen Dingen habe ich nie vertraut.“
Sie würde auch den Osten nicht vom Westen unterscheiden können, dachte er, es sei denn in Los Angeles oder New York. „Ich habe einen Kompass mit, wenn es dich beruhigt.“
Das tat es – ein wenig. Wenn man von etwas nicht die leiseste Ahnung hatte, musste man Vertrauen haben.
Doch nach einer Weile vergaß sie es, sich darüber Sorgen zu machen, ob sie sich nun verliefen oder nicht. Die Sonne war ein weißes Lichtfeuer, und obwohl es erst knapp neun Uhr war, war die Luft warm. Lee gefiel es, wie das Licht auf die roten Wände des Canyons traf und die Farben vertiefte. Der Pfad aus Kieselsteinen führte bergauf. Ab und zu war das Lachen anderer Menschen zu hören. Die klare Luft trug Geräusche viel stärker, so dass es schien, als stünden die lachenden Menschen direkt neben ihr.
Je höher sie kamen, desto spärlicher wurde das Grün. Jetzt sah Lee nur noch verkümmertes Gestrüpp, verstaubt und vertrocknet, das sich gewaltsam seinen Weg aus einem dünnen Schmutzband im Felsen bahnte. Neugierig brach sie sich einen Zweig ab. Es war ein starker, scharfer und frischer Geruch. Dann stellte sie fest, dass sie sich beeilen musste, um mit Hunter Schritt zu halten. Es war seine Idee gewesen zu wandern, doch er schien es nicht zu genießen. Mehr noch, er sah wie ein Mann aus, der eine dringende, unerfreuliche Verabredung einzuhalten hatte.
Es ist vielleicht ein guter Zeitpunkt, überlegte Lee, eine beiläufige Unterhaltung zu beginnen und dabei Hunter die persönlichen Informationen zu entlocken, die sie erfahren wollte. Da der Pfad immer steiler wurde, entschied sie, es sei besser jetzt damit anzufangen, solange ihr die Luft dazu blieb. Rinnsale aus Schweiß bildeten sich bereits zwischen ihren Schulterblättern.
„Hast du die freie Natur schon immer dem Stadtleben vorgezogen?“
„Zum Wandern, ja.“
Sie blickte finster auf seinen Rücken vor ihr. „Ich nehme an, du warst einmal Pfadfinder.“
„Nein.“
„Dann ist dein Interesse am Zelten und Wandern ziemlich neu?“
„Nein.“
Sie musste die Zähne aufeinander beißen, um ein Aufstöhnen zurückzuhalten. „Hast du als kleiner Junge mit deiner Familie Campingausflüge gemacht?“
Der amüsierte Ausdruck auf seinem Gesicht hätte sie interessiert, wenn sie ihn hätte sehen können. „Nein.“
„Du hast damals doch in einer Großstadt gelebt.“
Sie ist klug, dachte Hunter. Und hartnäckig. Er zuckte die Schultern. „Ja.“
Wenigstens etwas, dachte Lee. „Welche Stadt?“
„Los Angeles.“
Sie übersah einen Stein und wäre fast gestolpert. Hunter dachte nicht daran, sein Tempo zu verlangsamen.
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