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Nur für Schokolade

Nur für Schokolade

Titel: Nur für Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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sie dann bei der Polizei zu widerrufen und sich als Unschuldslamm darzustellen. Dieses Spielchen beherrscht er so souverän, daß es ihm gelingt, sich eineinhalb Jahre in diversen psychiatrischen Anstalten untersuchen zu lassen. (In Deutschland befindet sich ein Mörder zur Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens über seine Schuldfähigkeit circa sechs Wochen in einer Anstalt.)
    Es ist egal, ob Leszek den Rat eines Psychiaters oder eines Mitgefangenen erhält, er befolgt sie alle. Niemand mehr weiß, was Wahrheit und Lüge von all dem ist, was Leszek von sich gibt. Vermutlich kann er es selbst nicht mehr unterscheiden.
    Leszek Pekalski ist fleißig, er macht seine »Zellenhausauf-gaben«. Fein säuberlich schreibt er Seite für Seite und versieht sie mit Tatortskizzen, so gut er sich erinnern kann. Er schreibt in 130 Tagen auf 57 Seiten ein Protokoll. Jede Seite davon eine Verhöhnung aller menschlichen Werte. Niemand weiß, ob es ihm Freude bereitet, über die Vorfälle genauestens zu berichten. Er kennt keine Tabus, genüßlich schreibt er nieder, wie er – meist junge – Menschen auf die grausigste Art tötete und, fast ausschließlich erst nach deren Tod, schändete. Was hat ihm mehr »Freude« bereitet – das Schänden oder das Töten? Unverständlich ist, warum er junge, hübsche Frauen deformiert und sie erst vergewaltigt, nachdem aller Reiz, der von den Körpern ausgegangen war, zerstört ist. Er
    zertrümmerte den Kopf eines blutjungen Mädchens, von dem er selbst sagt: »Sie war sehr schön.« Und er stülpt ihr eine Plastiktüte über, bevor er sie vergewaltigt. Er vergräbt Frauen in der Hoffnung, daß sie ihm über Tage erhalten bleiben. Ja, er sucht nach Jahren noch nach ihnen und ist verärgert, wenn er sie nicht mehr finden kann. Er beschreibt, wie er wahllos vergewaltigt und tötet, ob einen sechs Monate alten Säugling 77
    oder eine Greisin von 80 Jahren. Vor nichts schreckt er zurück.
    Für ihn gibt es keine Tabus.
    Wieviele namenlose Tote sind noch in seinem Gedächtnis vermerkt? Niemand weiß es, niemand vermag sie zu zählen. Er ist ein Monster, ein fleischgewordener Alptraum.
    In einer kurzen Erklärung vor Gericht gesteht er eines Tages dreiundfünfzig Morde und vier Vergewaltigungen, erstere sämtlich in Tateinheit mit besonders schwerer Vergewaltigung und Leichenschändung.
    Er beschreibt akribisch genau, wann und wo er gemordet hat.
    Die Namen der Opfer kennt er zwar nicht, beschreibt aber den jeweiligen Tathergang so genau, daß man die Opfer problemlos seinen Geständnissen zuordnen kann. Obwohl die Justiz die Fälle nicht einzeln nachgeprüft hat. weiß man heute, daß zumindest ein Großteil seiner Geständnisse auf Tatsachen beruhen. Tatsachen, die nur der Täter wissen kann. Roman, sein Zellengenosse, staunt nicht schlecht, als Leszek beim 50.
    Mord angelangt ist. Er schläft nur noch mit einem Messer unter seinem Kopfkissen, weiß aber gleichzeitig, daß ihm ein Messer gegen den anderen Leszek, den er nicht kennt, nicht helfen würde. Zu unterschiedlich ist das, was er sieht, und das, was er zuweilen heimlich liest. Die zunächst leichte Aufgabe, wird für ihn eine große Belastung. Er ist eingesperrt mit einem Menschen, von dem nun die schlimmsten Gerüchte kursieren.
    Der Gelegenheitsverbrecher hat sich in eine Bestie verwandelt
    – jedenfalls schreibt er das.
    Roman erzählt später: »Ekel, unheimlicher Ekel überkam mich, als Leszek in Details schwelgte. Meist erlebte er die Taten nach, er ergötzte sich an seinen Erzählungen. Er grunzte wie ein Schwein, die Hand ständig an seiner Hose.
    Ausschweifend schilderte er, wie es ihm gefiel, wenn jemand blutüberströmt unter seinen Händen verstarb. Egal ob jung oder alt, ob Greis oder Säugling, ob Mann oder Frau.« Trotzdem geht Roman hoffnungsvoll in seinen Prozeß. Er kann sich nicht 78
    vorstellen, daß seine Mühen ohne Lohn bleiben sollen – doch erhält er keinen Straferlaß. Drei Jahre Gefängnis lautet das Urteil.
    Er ist schwer enttäuscht, läßt sich aber vor Gericht nichts anmerken. Sofort sucht er nach Wegen, sich seine Gerechtigkeit selbst zu holen. Er stellt einen Antrag auf einen 24-Stunden-Ausgang. Obwohl er noch eine relativ hohe Reststrafe zu verbüßen hat, gewährt man ihm dies. Im März 1994 erhält Roman Z. Hafturlaub, darf das Gefängnis von Slupsk
    verlassen, um wenigstens einen Tag bei seiner Familie verbringen zu können.
    Doch er will nicht nur für einen Tag und eine Nacht ein freier Mann

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