Nur für Schokolade
Artikel unter der Überschrift »Verbrecher kommen auf die Straße?«:
Wenn der Kongreß nicht die Gesetze ändert, kommen im nächsten Jahr die gefährlichsten Verbrecher, angeklagt wegen Mordes und Vergewaltigungen, auf die Straße. Die Abge-ordneten meinen, daß es schon zu spät sei, die Gesetze zu ändern. Die höchste Gerichtsinstanz Polens sei ja in der Luge, die in einem Gefängnisurteil festgelegte Arrestzeit zu verlängern. Da derzeit keine Möglichkeit besteht, die Banditen, die getötet oder ähnliche Straftaten begangen haben, lebenslang wegzusperren, kann es auch im Falle Leszek P.s möglich sein, daß er wieder auf freien Fuß kommt. Das höchste Gericht in Polen hat jedoch die Möglichkeit, die Gefängniszeit wegen der langzeitigen psychiatrischen Beobachtungen zu verlängern
…. meint Prof. Andzrej G. von der Universität Wolnos …
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Trödel, wie eine Reliquie
Der für 20 Verbrechen, darunter 17 Morde, Angeklagte Leszek Pekalski wurde gestern unter verstärkter Bewachung in sportlicher Kleidung im Gerichtssaal vorgeführt.
Diese radikale Veränderung des äußeren Anblicks ist das Verdienst des deutschen Teams von Spiegel TV. Vor ihrer Kamera hat der Angeklagte unlängst auch seine Haltung verändert. Er schrieb sich selbst 14 Morde zu, obwohl er sich vor Gericht zu keinem einzigen bekannte.
Der Staatsanwalt Mieczyslaw Buksa nutzte die Gelegenheit zur Unterstützung der Anklage mit neuen Beweisanträgen, die sich aus der Fernsehreportage und aus polnischen Presse-publikationen ergeben haben, darunter auch der in unserer Zeitung gedruckte Artikel »Reumütig vor dem Urteil«.
Die Richter hörten gestern, am 37. Prozeßtag, daß die Veränderung der Haltung und Einstellung des Angeklagten Ergebnis des Druckes und verschiedener Versprechen der deutschen Fernsehjournalisten sind. Ich bin gezwungen worden … und ich habe schlecht gestanden (bis 14 Morde – die 246
Red.), aber das ist nicht wahr, bekannte der Angeklagte. Er fügte hinzu, daß er außer der Sportbekleidung und dem Pullover vom Spiegel-Team Lebensmittel und pornographische Hefte erhalten hat.
– Er bat mich um meinen Trödel (Hose, Pullover und Strümpfe), und ich habe sie ihm gegeben, sagte der Angeklagte.
Das war alles Trödel …
(Die Zeitung unterlag einem Irrtum, denn bei dem deutschen Team handelte es sich nicht um Spiegel TV – d. A.)
Das Gericht auf Abwegen
Der gestrige Teil der Verhandlungen gegen
Leszek Pekalski, angeklagt für 20 Morde,
fand in Darskow; Gemeinde Kolczyglowy
statt.
Die Richter des Wojewodschaftsgerichtes
in Slupsk, der Angeklagte und der Verteidiger
am Ort der Ermordung (26.6.1991) der
17jährigen Sylwia R., konfrontierten die
Zeugenaussagen mit den Bedingungen des
Geländes.
Sie drangen vor zum Tümpel in Darskow,
von woher der Zeuge Mieczyslaw Sz. Sylwia
R. mit ihrer Kollegin Janina C. auf dem Weg
zum Treffen mit L. Pekalski gesellen haben
will. Danach gingen die Teilnehmer der
Ortsbesichtigung die ca. 2 km lange Strecke
auf der Chaussee von Darskow in Richtung
der Kreuzung auf dem Weg Suchorze-Bytow.
Die Rolle der Führerin hatte Janina C. aus
Darskow übernommen, die zwar wichtigste
Zeugin ist. die aber auch ihre Zeugenaussage
ändert, einmal zu Gunsten des Angeklagten,
ein anderes Mal gegen ihn. Gestern zeigte sie
dem Gericht den Ort am Weg zum Waldrand,
wo sie ihn am Vortag des Mordes gemeinsam
mit Sylwia R. treffen sollte, und sie bestätigte
die Version des Angeklagten über dieses
Treffen. Heute steht sie erneut vor dem
Gericht als Zeugin.
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Themis (Gerichtsgöttin) am Teich
Auf dem Bild, die Richter un der Staatsanwalt während der Ortsbesichtigung in Darskow
Heute Urteil im Fall Pekalski
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Links: Die Verteidiger: Es gibt keine unmittelbaren Beweise An keinem Ort des Verbrechens wurden Spuren gesichert, die eindeutig beweisen würden, daß Leszek Pekalski der Mörder ist …
Rechts: Der Ankläger Pekalskis selbst hat es zugegeben Angesichts der Meinung der psychiatrischen Gutachter, die erkannt haben, daß Pekalski nur vermindert zurechnungsfähig ist, hat der Staatsanwalt für ihn nicht die Todesstrafe, sondern nur lebenslängliche Haft gefordert …
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Das Plädoyer des Staatsanwaltes
Mittwoch, 4. Dezember 1996, der Tag des Staatsanwaltes Buksa. Mit seiner schwarzen Robe steht er vor seinem Tisch und weiß, die Stunde der Wahrheit hat geschlagen. Nun gilt es, das Gericht zu überzeugen, daß seine vierjährige Arbeit nicht
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