Nur Fuer Schokolade
halbnackten Säugling sehen, wissen sie sofort, daß jede ärztliche Hilfe zu spät kommen würde. Man verständigt dennoch einen Arzt, der aber nur den Tod feststellen kann. Um absolut sicher sein zu können, daß es sich bei dem aufgefundenen Kind um das gesuchte handelt, bringt man in der Zwischenzeit den Vater an den Fundort. Der Streifenwagen fährt vor, die Wagentür öffnet sich. Ein gebrochener Mann, dem die Tränen über das Gesicht laufen, verläßt das Auto und wird zu der Ruine gebracht, in der das tote Kind liegt. Ein Nicken verrät allen Umstehenden, daß dieser Vater gerade sein getötetes Kind gefunden hat. Sofort bemüht sich ein Arzt um ihn. Die Leiche des Kindes bringt man weg von diesem grausigen Ort.
Nach Spuren kann man nicht mehr suchen, zu viele Leute haben die Ruine inzwischen betreten. Die Polizei hat es versäumt, den Fundort sofort abzusperren.
Bei der Obduktion der Leiche stellt sich heraus, daß der Säugling brutal vergewaltigt worden ist. Als Todesursache wird jedoch Unterkühlung festgestellt und da der Verdauungskanal des Kindes absolut leer ist, kann auch Verhungern nicht ausgeschlossen werden. Die örtliche Presse will in diesem Fall mehr erfahren. Nur der Besonnenheit der Polizei und der Staatsanwaltschaft ist es zu verdanken, daß keine weiteren Details veröffentlicht wurden. Ein Jahr und zehn Monate später wird Leszek Pekalski verhaftet und im Laufe der Untersuchungen gegen ihn stößt man auf den Mord an Marta. Nachdem die Zeugen damals ausgesagt haben, daß sie einen Mann mit zerlumpter Kleidung gesehen hatten, der das kleine Kind wahrscheinlich entführt hat. ordnet man Leszek Pekalski auch diesen Fall zu. Da er zunächst leugnet, wird eine Gegenüberstellung mit einer der Zeuginnen herbeigeführt, die damals den Verdächtigen mit dem Kind genau gesehen haben will.
»Ja, das ist der Mann in der grünen Jacke mit Kapuze. Er trug das Kind auf dem Arm«, so die spontane Feststellung der Zeugin, als sie Leszek Pekalski sieht. Keinen Augenblick hat sie gezögert, ihn aus insgesamt vier vorgeführten Männern wiederzuerkennen. Ihre Erinnerung geht soweit, daß sie angibt:
»Aber der Mann hat sehr zugenommen, er war damals viel schlanker.«
Leszek hat in der Zwischenzeit im Gefängnis durch den Verzehr der vielen Schokolade 20 Kilogramm zugenommen.
Auch eine grüne Jacke, wie von der Zeugin beschrieben, wird bei der Durchsuchung seines Zimmers gefunden. Diese Zeugin, eine Ärztin, trägt eine Brille mit starken Gläsern. Pekalskis Anwälte erreichen schließlich, daß man ihre Aussage vor Gericht nicht zur Kenntnis nimmt – es könne nicht als sicher angesehen werden, daß sie ihre Brille damals auch wirklich trug. Später wird sie noch einmal vorgeladen um erneut auszusagen, aber sie kommt nicht, meldet sich krank – und damit ist die Angelegenheit für das Gericht erledigt. Diese Zeugin aber gab nicht den einzigen Hinweis auf Leszek Pekalski als Täter in diesem Fall.
Bei einer der vielen Gegenüberstellungen und Rekonstruktionen, die im Zusammenhang mit dem Tod der kleinen Marta gemacht wurden, wird er wütend und schreit die vernehmende Beamtin an: »Ich habe dem Baby im blauen Kissen nichts getan.«
Man hatte ihm aber einen Kinderwagen mit einer Puppe auf einem weißen Kissen gezeigt. Niemand sprach bei der Rekonstruktion der Tat von einem blauem Kissen. Das Kissen, in dem der getötete Säugling am fraglichen Tag lag. war tatsächlich blau. Niemand wußte davon, außer der Mutter des Kindes – und dem Täter.
Opfer Nr. 10
Marianna L., ermordet 05.07.1990 in Bialogard
Zweieinhalb Jahre nach dem Mord an Janina W. kommt Leszek wieder nach Bialogard, wieder mit nur einem Ziel: zu töten. Doch wie damals findet er zunächst kein geeignetes Opfer, obwohl er durch alle Straßen der Stadt eilt. Verärgert beschließt er wieder, von Tür zu Tür zu gehen, doch niemand scheint da zu sein. Als schließlich ein älterer Herr öffnet, ist Leszek so perplex, daß er nur »Ich wünsche Ihnen einen guten Tag« hervorbringt und schnell wieder verschwindet.
Unterwegs zum nächsten Haus, kurz vor dem Bahnhof, sieht er auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine alte Frau, die gerade die Fenster putzt. Ohne lange zu überlegen, wechselt er die Straßenseite und öffnet das Gartentor des Anwesens.
Verdutzt sieht die Frau den ihr unbekannten Mann an, der direkt auf sie zukommt.
»Wollen Sie zu mir?« fragt sie.
»Ja, ich, ich … möchte gerne mit Ihnen reden!« bringt er
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