Nur Fuer Schokolade
nicht mehr, wer will das schon glauben? Am nächsten Morgen sitzen sie am Frühstückstisch und haben die Landkarte ausgebreitet. Alles, was nur im geringsten mit Militär zu tun hat, wird ange-strichen. Soldatenkneipen, Militärkasernen, alles wollen die beiden auf eigene Faust mit einigen Freunden aufsuchen, um ihre Tochter zu finden.
Doch wo sie auch suchen, Jolanta entdecken sie nirgends.
Zwischenzeitlich wird auch die lokale Presse auf den Fall aufmerksam und berichtet darüber. Es meldet sich ein Mann, seinen Namen gibt die Staatsanwaltschaft als Jan K. bekannt, der nach dem Verschwinden Jolantas einen Mann gesehen haben will. Er gibt der Polizei zu Protokoll, daß er zum fraglichen Zeitpunkt einen merkwürdigen Mann in der Nähe des Studentenwohnheimes gesehen habe, der in Richtung Park ging. Das Merkwürdige an dem Mann sei sein eigenartiger Gang gewesen – er beschreibt eine Art »Entengang«.
Wenige Tage später findet man Jolanta dreihundert Meter von der Wohnung der Freundin entfernt, nahe an einem Militärgelände. Am Mantel des Opfers findet man Sperma und Haare, welche jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht untersucht werden. Zwei Jahre später, als Leszek Pekalski auch diesen Mord in allen Einzelheiten gesteht, kann man diese vorhandenen Beweise nicht mehr auswerten, denn der Mantel des Opfers ist verschwunden.
Die Leichenobduktion ergibt: Schwerste Kopfverletzungen durch Schläge auf den Schädel, stark verletzte Handflächen.
Hautabschürfungen im Nacken und ein Stück fehlende Unterlippe. Der Mediziner, der die Obduktion vornimmt, ist sicher, daß das Opfer sich selbst die Unterlippe vor Schmerzen ausgebissen haben muß.
Opfer Nr. 12
Danuta N., ermordet am 09.02.1991 in Lebork
Wochenlang hat sich die siebenunddreißigjährige Ehefrau und Mutter einer Tochter gemeinsam mit ihrem Mann auf den Samstag. 9. Februar 1991, gefreut. Die Oma versprach ihr zuvor, die Tochter für diese Nacht bei sich aufzunehmen, damit das Paar den einzigen Faschingsball des Ortes so richtig genießen könnte. Einmal die ganze Nacht durchtanzen, darauf freute sich Danuta N. schon lange.
»Tänzer werden sich schon noch finden für eine Frau meines Alters«, stellte sie selbstsicher fest. Mit ihrem Mann, das wußte sie, war in dieser Hinsicht nichts anzufangen, denn er trank lieber einige Bier und reichlich Wodka dazu – dann war es für ihn auch ein schöner Abend.
»Soll sie doch tanzen, da wird sich schon jemand opfern«, hat auch er noch wenige Tage vorher gesagt. Als beide dann an diesem Abend aus dem Hause gehen, sind sie richtig aufgedreht und freuen sich auf den bevorstehenden Ball.
Sie sind noch nicht einmal im Saal, in dem die Veranstaltung stattfindet, da melden sich an der Garderobe schon einige Tänzer für die kommende Nacht an. Der Ehemann muß lachen und greift sich an den Kopf: »Lauter Verrückte!«
Seine Frau lacht, freut sich insgeheim auf ihre Tanzpartner und auch, daß ihr Mann keine Eifersucht zeigt. Die Kapelle hat noch nicht den ersten Tanz freigegeben, da stehen schon einige Tänzer für sie bereit. Sie ist glücklich. Ihr Mann sitzt lieber, wie auch an diesem Abend, mit Freunden zusammen und frönt dem Alkohol. Vielleicht ist eine Bemerkung seines bereits betrunkenen Freundes der Auslöser dafür, daß er auf Danutas Tanzpartner aufmerksam wird.
»Die Danuta tanzt ja nur noch mit dem in der blauen Jacke!
Die können’s aber gut miteinander …«
Ein langsamer Walzer und das aneinander geschmiegte Tanzpaar weckten Argwohn beim Ehemann. Nie zuvor hat er sich darum gekümmert, mit wem seine Frau tanzt: stets war er froh, seine Ruhe zu haben. Das Gerede seines Freundes aber macht ihn an diesem Abend mißtrauisch.
Der Alkohol steigt ihm etwas zu Kopf. Er läßt keinen Blick mehr von den beiden, die seiner Meinung nach viel zu eng miteinander tanzen. Als Danutas Tanzpartner sie auf ihren Platz zurückbringt, ist es um den Frieden zwischen den Eheleuten geschehen. Nach heftigen Vorwürfen, wie eng sie mit fremden Männern tanzen würde, hat Danuta nur die Antwort: »Du brauchst ja nur mit mir zu tanzen, aber dir ist ja dein Wodka wichtiger, was beschwerst du dich dann, wenn ich mit anderen Männern tanze, die genauso gerne mit mir tanzen, wie ich mit ihnen?«
Damit ist ein kleiner Familienkrieg eingeläutet. Danuta versteht die Reaktion ihres Mannes nicht; ein Wort gibt das andere, schließlich zahlt er und verläßt mit seiner Frau das Lokal, ohne seinen Freunden auf Wiedersehen zu sagen.
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