Nur mit dir sind wir eine Familie
ein paar Minuten mit Katya in den Schaukelstuhl zu setzen“, sagte Sean zu Marta.
Die Übersetzerin sah ihn verwirrt an. „Aber das hier ist die Zeit, die Sie allein mit Katya …“
„Ich weiß, aber die Kleine hat Angst“, unterbrach er sie. „Ich möchte, dass sie weiß, dass wir ihr keinen Schaden zufügen wollen, bevor man sie mit uns allein lässt“, fügte er geduldig hinzu.
„Natürlich, Mr Fagan. Ich verstehe.“
Marta wechselte ein paar Worte mit Elmira, die zustimmend nickte. Sie setzte sich mit Katie in den Schaukelstuhl und schaukelte langsam vor und zurück.
„Das war eine brillante Idee von dir“, sagte Charlotte leise zu Sean und legte ihm dankbar eine Hand auf den Arm.
„Warten wir’s ab“, antwortete er und drückte ihr die Hand.
Nach ein paar Minuten gewann Katies Neugier schließlich die Oberhand. Sie drehte sich um und sah Sean und Charlotte prüfend an, so als frage sie sich, was sie als Nächstes vorhatten.
Charlotte fielen der Teddybär und das Spielzeug in der Wickeltasche ein. Langsam beugte sie sich vor und zog ein Plastikauto heraus.
„Gute Idee“, sagte Sean, als sie das Auto auf den Fußboden stellte und Richtung Katie schubste.
Die Kleine betrachtete das Auto interessiert und machte sich schließlich von Elmira los. Als sie auf dem Fußboden war, krabbelte sie auf allen vieren auf das Spielzeug zu, setzte sich hin und berührte es zögerlich. Sean und Charlotte misstrauisch beäugend, zog sie es schließlich zu sich heran.
Leise stand die Betreuerin auf, nickte Sean und Charlotte lächelnd zu und zog sich vorsichtig aus dem Zimmer zurück. Marta folgte ihr kurze Zeit später.
Als Charlotte die Kleine friedlich mit dem Auto spielen sah, seufzte sie unwillkürlich auf. Sofort blickte das Mädchen alarmiert hoch und drehte sich nach dem Schaukelstuhl um, in dem Elmira eben noch gesessen hatte. Als sie sah, dass ihre Betreuerin fort war, ließ sie das Spielzeug fallen. Ihre Unterlippe begann zu zittern. Sie verzog das Gesichtchen und brach in lautes Gebrüll aus.
„Oh nein“, murmelte Charlotte verstört und stand auf, um das schluchzende Kind zu trösten. Sean hielt sie jedoch zurück.
„Du weißt doch, worüber wir gestern geredet haben“, sagte er leise. „Wir wollen uns ihr nicht zu schnell aufdrängen.“
„Stimmt, aber sie weint so herzzerreißend, und wir sind die Einzigen, die sie trösten können. Wir müssen doch irgendetwas tun.“ Charlotte sah Sean halb panisch, halb unschlüssig an. Wo steckte nur Elmira? Sie musste Katie doch weinen hören. Warum kam sie nicht zurück, um sie zu trösten?
Zu Charlottes Bestürzung krabbelte die Kleine auf die Tür zu, durch die Elmira verschwunden war. „Wir müssen doch etwas unternehmen, oder etwa nicht?“, fragte Charlotte, die plötzlich selbst den Tränen nah war.
„Komm, wir setzen uns erst mal auf den Fußboden“, schlug Sean vor. „Dann sind wir mit ihr auf einer Augenhöhe. Vielleicht machen wir ihr dann nicht mehr solche Angst.“
Den Blick unverwandt auf das untröstlich schluchzende Mädchen gerichtet, folgte Charlotte dem Rat ihres Mannes.
„Hier“, sagte Sean leise und weckte die Aufmerksamkeit der Kleinen, indem er das Spielzeugauto zu Charlotte rollen ließ. „Rolle es zu mir zurück.“
Charlotte wollte ihn schon anfahren, wie sie jetzt spielen sollte, wo ihre Tochter so sehr litt, doch kaum prallte das Auto gegen ihren Fuß, verstummte Katie wie durch Zauberei.
„Los, Charlotte. Schieb es zurück“, wiederholte Sean leise.
Charlotte hockte sich auf die Knie und folgte seiner Aufforderung. Sie hörte, dass die Kleine einen Schluckauf bekam. Als sie Katie ansah, stellte sie fest, dass die Kleine einen Daumen in den Mund gesteckt hatte und die Bewegungen des Wagens mit den Augen verfolgte.
Das Auto immer wieder hin- und herrollend, rutschten Charlotte und Sean ein Stück dichter an Katie heran. Dabei sprachen sie fortwährend mit ihr, nannten sie Katie und sich selbst Mommy und Daddy und erzählten ihr allen möglichen Unsinn, damit sie sich an den Klang ihrer Stimmen gewöhnen konnte.
Katie lauschte ihnen interessiert und blieb sitzen, wo sie war. Ab und zu wandte sie mit zitternder Unterlippe den Blick zur Tür, weinte jedoch nicht. Als Charlotte das Auto schließlich zu ihr rollen ließ, berührte die Kleine es zunächst zögerlich und griff schließlich beherzt danach.
Sean und Charlotte rührten sich nicht vom Fleck, als Katie ganz in Gedanken versunken mit dem Auto
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