Nur mit dir sind wir eine Familie
freute sich auch sehr über die Kleinigkeiten, die sie ihr mitbrachten, vor allem über den Joghurt und die Kekse. Nach einigen Tagen durften sie sie mittags füttern und gingen erst anschließend selbst etwas essen, als ihre Tochter im Kinderzimmer schlief.
Nachdem Katie sich an ihre Gegenwart gewöhnt hatte, zeigte sich, dass sie ein fröhliches und aufgewecktes Kind war, wenn auch manchmal etwas dickköpfig.
In ihrer dritten gemeinsamen Woche passierte etwas, das Sean und Charlotte sehr stolz machte. In den Tagen zuvor hatte Katie sich oft in den Stand hochgezogen und sich danach entweder an Seans oder Charlottes Hand festgehalten. Aber wenn sie sich vorwärtsbewegen wollte, hatte sie sich nach wie vor auf alle viere fallen lassen und war gekrabbelt.
Diesen Nachmittag jedoch ging sie an Charlottes Hand ihren ersten Schritt. Sean hockte sich zwei Meter von ihr entfernt hin und streckte lächelnd die Arme nach ihr aus. „Komm her, Katie, komm zu Daddy“, lockte er sie. „Du weißt, dass du es kannst. Und vor allem willst du es.“
Kichernd ließ die Kleine Charlottes Hand los, ging fünf wacklige Schritte und ließ sich krähend in Seans Arme fallen.
„Braves Mädchen“, lobte er sie und drückte sie zärtlich an sich.
„Oh, Sean, das waren ihre ersten Schritte!“, rief Charlotte aufgeregt. „Schade, dass ich keinen Fotoapparat in der Hand hatte.“
„Mal sehen, vielleicht macht sie das ja gleich noch mal“, antwortete er, stellte die Kleine hin und drehte sie zu seiner Frau um. „Jetzt geh schön zu Mommy, Katie. Geh zu Mommy.“
Das Kind wankte auf Charlotte zu und warf sich glucksend in ihre Arme. Doch es hielt sie nicht lange dort. Voller Stolz auf ihre neue Fähigkeit, trat sie sofort den Rückweg zu Sean an.
Charlotte tupfte sich Tränen der Rührung von den Augen, nahm den Fotoapparat und schoss ein Foto, als Katie erneut auf sie zukam. „Bababa!“, kreischte Katie begeistert. Danach versuchte sie, auf einen Erwachsenenstuhl zu klettern, auf dem ihr Teddy lag. Dabei landete sie allerdings auf dem Hintern. Vor Schreck blieb sie ein paar Sekunden lang stumm sitzen, bevor sie in lautes Geheul ausbrach.
Schnell krabbelte Sean auf Katie zu, half ihr auf die Beine und reichte ihr den Teddy. Sofort hörte die Kleine auf zu weinen und strahlte über das ganze Gesicht.
„Sie hat dich ja so was von um den kleinen Finger gewickelt“, bemerkte Charlotte lachend und gesellte sich mit einer Packung von Katies Lieblingsjoghurt zu ihnen.
„Dich etwa nicht?“, gab Sean grinsend zurück.
„Okay, wir sind beide zu nachsichtig. Aber was ist so schlimm daran, Mr Fagan?“
„Gar nichts, Mrs Fagan – solange wir es nicht übertreiben“, antwortete er.
„Das Ausmaß deiner Weisheit verblüfft mich manchmal“, sagte Charlotte halb im Scherz.
„Nur manchmal?“, konterte er.
„Na ja, du willst doch wohl nicht perfekt sein, oder? Das wäre ja total langweilig.“
„Glaub mir, ich habe nicht vor, meine beiden Mädchen zu langweilen.“
„Das wäre auch völlig unmöglich“, versicherte Charlotte ihm liebevoll und beobachtete gerührt, wie die Kleine sich mit dem Teddy im Arm an Seans Brust kuschelte.
Katies neue Fähigkeit stellte eine ganz neue Herausforderung für Sean und Charlotte dar. Mit dem neugierigen Mädchen Schritt zu halten, war oft derart anstrengend, dass sie abends froh waren, einfach nur ins Bett zu fallen. Sean war so müde, dass es ihm nicht einmal etwas ausmachte, dass Charlotte einschlief, sobald ihr Kopf das Kissen berührte. Zu mehr als sich über ihre Gegenwart zu freuen, reichte seine Energie einfach nicht mehr aus.
Zu Beginn ihrer vierten Woche in Almaty hatten sie einen Termin mit dem Kinderarzt des Waisenhauses. Er erklärte Katie für gesund und kräftig genug, um mit ihnen in die Staaten zu reisen. Der Arzt händigte ihnen eine Kopie von Katies Krankenakte und ihren Impfpass aus und wünschte ihnen alles Gute für die Zukunft.
Am nächsten Tag trafen sie sich mit Madame Zhirkova, um sich auf den Termin mit dem Richter am Freitagmorgen vorzubereiten. Sie teilte ihnen mit, dass sie sich sehr über ihre Fortschritte mit der Kleinen freue und dass einer Adoptionsbewilligung durch das Gericht jetzt nichts mehr im Wege stehe. Sobald sie die gerichtliche Erlaubnis in den Händen halten würden, stünde es ihnen frei, nach Hause zu fliegen.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag waren Sean und Charlotte so nervös, dass sie kaum schlafen konnten. Am Morgen lagen
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