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Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Titel: Nur wenn du mich hältst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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die Taschen. Schaute sich auf der Straße um. Busse, Taxen, Lieferwagen. Sie kamen an einem nicht sonderlich einladend aussehenden Park vorbei, in dem das niedergetrampelte Gras schon lange tot war und Tauben die Gehwege beschmutzt hatten.
    „Wo kommst du her, AJ?“
    „Aus Texas.“
    Denny holte ein Handy heraus und tippte schnell eine SMS. Er schaute kaum auf die Tasten, während er mit den Daumen die Knöpfe drückte. AJ runzelte die Stirn. „Was machst du da?“
    „Ich simse meinen cholos . Wir können zusammen abhängen.“
    „Vielleicht später“, sagte AJ. „Ich sollte erst zu dieser Adresse.“
    „Ja, okay, aber ich muss auf dem Weg noch kurz einen Zwischenstopp einlegen. Es ist nicht mehr weit.“
    AJ mochte Denny nicht. Sein Bauchgefühl hatte das schon gewusst, bevor er es sich eingestehen wollte. Denny sah ganz normal aus – abgesehen davon, dass er sich die Augen geschminkt hatte. Das war seltsam. Und er roch nach etwas, das AJ nicht einordnen konnte. Nach Haushaltsreiniger oder so.
    Es dauerte nicht lange, da gesellten sich die cholos zu ihnen. Das war der Moment, in dem AJ ohne jeden Zweifel wusste, dass er einen Fehler begangen hatte, denn es waren ziemlich hart aussehende Burschen. Zwei in Baggypants und übergroßen Parkas, dazu ein Mädchen mit viel billigem Schmuck. Sie war stark geschminkt und hatte die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, der wie eine Palme auf ihrem Kopf thronte.
    „Du hast gesagt, es ist nicht weit“, sagte er zu Denny. „Das war vor ungefähr zwanzig Minuten. Ich wette, du weißt gar nicht, wo dieses Haus ist.“
    Denny lachte, doch es klang nicht fröhlich. „Was soll die Eile, hä? Die sind da alle voll religiös und langweilig und machen dir nichts als Ärger.“
    „Komm mit rein ins Warme“, sagte das Mädchen und drückte eine schwere Tür auf. AJ empfand kurzfristig Erleichterung in der Wärme, sie wurde aber schnell von einer rastlosen Anspannung abgelöst. Sie gingen die Stufen in einem Treppenhaus hoch, in dem es nach gebratenen Zwiebeln und Klostein roch.
    Die Wände waren mit Graffitis beschmiert. Im zweiten Stock schloss das Mädchen eine ramponierte Tür auf, die aussah, als wäre sie schon ein paar Mal eingetreten und wieder repariert worden. Irgendwo lief ein blechern klingendes Radio. Zwei Teenager lungerten vor einem Fernseher herum, dessen Lautstärke mit der Radioansage konkurrierte.
    „Ich muss jetzt los.“ AJ blieb an der Tür stehen.
    „Mann, sei nicht so ein chonger . Bleib ein bisschen bei uns. Du brauchst das Casa nicht.“
    „Ich gehe einfach mal hin und gucke es mir an“, sagte er.
    „Es ist besser, wenn du hierbleibst“, beharrte Denny.
    „Wie besser?“, fragte AJ.
    „Auf unsere Weise besser“, erwiderte Denny.
    „Nein danke.“ AJ traf eine blitzschnelle Entscheidung. Anstatt für ein paar Fremde einen auf cool zu machen, ließ er seinen Stolz sausen. Er erinnerte sich an etwas, das Bo ihm gesagt hatte: Es ist nicht peinlich, auf der Hut zu sein. Sei einfach du selbst .
    Und so benahm er sich wie das verängstigte Kind, das er war, und lief davon.
    Nach all den Jahren, die er nun schon auf dieser Erde weilte, hatte Bo zu wissen gemeint, wie es war, Angst zu haben. Er wusste, was Liebe und Hass waren und wie es sich anfühlte, verlassen zu werden. Er hatte geglaubt, auch Angst zu kennen – ihren Geruch und Geschmack, die Art und Weise, wie sie einem über die Kopfhaut und den Nacken kroch.
    Doch er hatte sich geirrt. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er solche Angst verspürt wie jetzt, wo er wusste, dass AJ schutzlos und allein da draußen herumirrte. Es war ein körperlich unangenehmes Gefühl, wie zu Tode zu frieren oder zu ersticken. In dem Moment, als er erfahren hatte, dass sein Sohn nicht in der Schule aufgetaucht war, überlagerte das Entsetzen alle anderen Ängste, die er jemals empfunden hatte. Vor AJ hatte er gar nicht gewusst, dass diese Art der Furcht überhaupt existierte. Er sah seinen Sohn allein und verloren vor sich. Ihm fielen so viele Gefahren ein, die dem Jungen drohten, dass er fürchtete, sein Kopf würde platzen.
    Eine besondere Form des Wahnsinns hatte ihn ergriffen, die so offensichtlich war, dass Kim darauf bestand, ihn zum Polizeirevier zu begleiten. In dem Moment, als er nach dem Telefonat mit Chief McKnight den Hörer aufgelegt hatte, sagte sie: „Wir machen uns besser auf den Weg. Ich fahre.“
    Er war zu erschüttert gewesen, um zu widersprechen. Kim sammelte alle Sachen ein, die

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