Nur Wenn Du Mich Liebst
die Menschen in das Rückfenster ihrer Autos stellten. »Das sollte meinen Kollegen und mir hinreichend Zeit geben, zu einer Übereinkunft zu kommen und möglicherweise einen Vergleich zu formulieren, mit dem wir alle leben können.«
Vicki war sofort auf den Beinen. »Klingt gut.«
Susan spürte ein Zupfen an ihrem Ärmel und erhob sich unsicher. Vor ihren Augen drehte sich alles. War dieser Albtraum nun endlich vorüber? Konnte sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und ihr Leben weiterleben? War es wirklich vorbei? Sie hielt sich an dem Tisch fest. Mein Gott, wurde sie etwa ohnmächtig?
»Ich verhungere«, erklärte Vicki und führte Susan in den Flur. Die schwere Eichentür fiel hinter ihnen zu.
»Ich fühle mich ein wenig flau«, flüsterte Susan und taumelte gegen die nächste Wand.
»Das wird ein Gläschen Champagner schon wieder richten«, erwiderte Vicki mit einem kraftvollen, energiegeladenen Lachen.
»Champagner?«
»Champagner«, wiederholte Vicki, lachte erneut auf und zerrte Susan den langen Korridor hinunter. »Wir haben gewonnen, Darling. Zeit zu feiern.«
»Und wie viele kommen?«
Susan blickte von der Schublade ihres Wohnzimmerschrankes auf, in der sie nach Kerzen suchte, die nicht mindestens zu zwei Dritteln abgebrannt waren, und zählte die Gäste, die zum Abendessen erwartet wurden, noch einmal auf. »Also, mal sehen. Du, ich, Ariel, Barbara und Tracey. Vicki und Kirsten. Chris...«
»Montana?«
»Montana hatte andere Pläne.« Dem Vernehmen nach hatte sie wieder aufgelegt, sobald sie Chris' Stimme gehört hatte.
»Warum isst Daddy nicht mit uns?«, fragte Whitney.
»Zu viele Frauen«, sagte Susan und hoffte, dass sich ihre jüngere, fast dreizehnjährige Tochter mit dieser Lüge zufrieden geben würde, obwohl sie für ihr Alter sehr reif war. Whitney war schmal und drahtig und wurde jeden Tag schöner. Sie hat die Augen ihrer Großmutter, dachte Susan, und sofort kamen ihr die Tränen. Sie wandte sich ab und tat so, als sei sie mit der Suche nach unbenutzten Kerzen beschäftigt.
»Hast du dich mit Daddy gestritten?«
»Nein. Natürlich nicht.«
»Warum redet ihr dann nicht miteinander?«
»Wir reden doch miteinander«, protestierte Susan matt, obwohl offenbar nicht einmal die großzügige Abfindung, die sie erstritten hatte, etwas gegen Owens verletzte Gefühle und seinen gekränkten Stolz ausrichten konnte. Ihr schauderte bei dem Gedanken an die schreckliche Szene, als sie Owen schließlich die ganze Wahrheit gestanden hatte, die zu ihrer Zwangslage geführt hatte.
»Du hast ihn geküsst?«, hatte Owen mit vor Schmerz und Verwirrung starrem Gesicht gefragt.
Ich habe mich von ihm küssen lassen,
hätte Susan ihn beinahe korrigiert.
Ich habe ihn nicht zurückgewiesen.
Aber beides hatte sie nicht gesagt, weil es nicht stimmte. »Ja«, hatte sie stattdessen schlicht erwidert und beobachtet, wie der Schmerz sich tiefer um die Augen ihres Mannes festsetzte. »Es war dumm. Ich weiß. Es hatte nichts zu bedeuten.« Hatte sie das wirklich gesagt?
»Was ist los, Susan?«, hatte er schlicht zurückgefragt. »Haben sich die Regeln verändert?«
»Natürlich nicht«, hatte Susan ihm versichert, auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit plädiert, geschworen, dass so etwas nie wieder passieren würde, und ihm immer wieder erklärt, wie sehr sie ihn liebte und wie wichtig ihr ihre Ehe war. Sie hatte ihn um Verzeihung angefleht. Und nach langem Drängen und vielen Tränen auf beiden Seiten hatte er gesagt, dass er es verstehen würde, obwohl Susan nicht den Eindruck hatte, dass das stimmte.
Whitney hat Recht, erkannte sie jetzt. Die Gespräche mit ihrem Mann waren in den vergangenen Monaten immer kürzer und unpersönlicher geworden, bis sie beinahe ganz verstummt waren. Sie konnte ihm kaum noch in die Augen sehen, weil sie dort immer das Spiegelbild ihres Betrugs sah.
Nicht, dass sie ihm Vorwürfe gemacht hätte. Er hatte jedes Recht, sich verletzt und gedemütigt zu fühlen. Die Zeitungen hatten sich begierig darauf gestürzt, dass Vicki die Firma ihres eigenen Mannes wegen sexueller Belästigung verklagte. Wenn sie sich nicht verglichen hätten, sondern tatsächlich vor Gericht gezogen wären, wo dann alle schmutzigen Einzelheiten ausgebreitet worden wären... Susan lief ein kalter Schauer über den Rücken. Owen war vielleicht verständnisvoll und hilfsbereit, doch er war auch sehr stolz. Und gekränkt.
Sie hatte ihn enttäuscht.
Vicki sagte, sie solle der Sache Zeit geben. Owen
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