Nur Wenn Du Mich Liebst
Stimme, »und ich rufe die Polizei und lass dich wegen versuchter Körperverletzung verhaften.«
Ariel starrte ihre Mutter ungläubig an. »Warum machst du nicht gleich sexuelle Belästigung draus?«, höhnte sie. »Ist das nicht deine Spezialität?«
»Verschwinde, verdammt noch mal. Sofort.«
Ariel rannte aus dem Zimmer, riss wütend brüllend die Haustür auf und knallte sie hinter sich zu. Erst ein paar Sekunden nachdem sie weg war, kamen ihre letzten Worte wirklich bei Susan an. »Das wird dir noch Leid tun«, hatte ihre Tochter wieder und wieder gerufen. »Das wird dir noch Leid tun. Das wird dir noch Leid tun. Das wird dir noch Leid tun.«
23
»Tut mir Leid, Mrs. Hallendale, was haben Sie gesagt, an welchem Tag Sie mit Charlie noch einmal zu Dr. Marcus kommen wollten?«
Chris beobachtete, wie Emily Hallendale ihre Schultern in erkennbarer Verärgerung hochzog und wieder sacken ließ. »Ich sagte, mittwochnachmittags passt es mir grundsätzlich sehr gut.« Sie steckte Charlie, einen winzigen weißen Pudel, wieder unter das Revers ihres wadenlangen, schwarzen Nerzmantels. Ihr Missvergnügen darüber, sich wiederholen zu müssen, war unüberhörbar. Emily Hallendale war eine Frau von gut vierzig Jahren und eine beachtliche Erscheinung, groß und drall mit kurzem, dunklem Haar und olivfarbener Haut, hohen Wangenknochen und einer sehr niedrigen Toleranz für Inkompetenz.
Sie hasst mich, dachte Chris und entschied, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte, als sie Charlies Namen in Dr. Marcus' Terminkalender eintrug. »Donnerstag, den 19. März 1992, um 13 Uhr.« Während sie versuchte, das ununterbrochen klingelnde Telefon zu ignorieren, notierte Chris die Daten mit zitternder Hand auf einen Zettel, den sie Emily Hallendale hinhielt, die Chris ihrerseits anstarrte, als wäre sie ein Vollidiot.
»Mittwoch«, verbesserte Emily Hallendale sie tonlos, als würde sich die Mühe, ihre Stimme zu erheben, für Chris nicht lohnen.
»Tut mir Leid. Ja, Sie haben Mittwoch gesagt, nicht wahr?«
»Dreimal.«
»Das tut mir wirklich sehr Leid.«
Das Telefon klingelte weiter. Chris starrte es an und strich eine Strähne ihres schlaffen, schulterlangen Haars hinter ihr Ohr.
»Meinen Sie nicht, dass Sie vielleicht drangehen sollten?«
»Nein.« Chris zwang sich zu einem verlegenen Lächeln und versuchte, nicht laut loszuschreien. Wer war diese Frau, dass sie glaubte, ihr Anweisungen erteilen zu können?
»Ich bin mir nicht sicher, dass mir Ihr Ton gefällt«, bemerkte Emily Hallendale.
»Tut mir Leid«, entschuldigte Chris sich eilig.
»Vielleicht sollte ich den Doktor einmal auf seine Mitarbeiter ansprechen.«
»Vielleicht sollten Sie das«, stimmte Chris ihr zu, füllte eine neue Terminerinnerung aus und knallte sie, ohne aufzublicken, auf den Tresen. »Mittwoch, 18. März. Dreizehn Uhr. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.«
Emily blieb noch eine Weile wie angewurzelt vor dem Tresen stehen, als würde sie weitere Schritte erwägen, bevor sie die Karte in ihre schwarze Krokoledertasche steckte. »Vergessen Sie nicht, den Termin im Kalender des Doktors zu ändern«, sagte sie kühl und marschierte zur Tür, während der Hund unter ihrem Mantel zum Abschied kläffte.
»Will nicht irgendjemand an das verdammte Telefon gehen?«, tönte Dr. Marcus' von Natur aus schroffe Stimme aus einem der Behandlungszimmer.
Chris nickte und dachte, dass der Arzt von Tag zu Tag mehr klang wie seine Patienten, machte jedoch keinerlei Anstalten, den Hörer abzunehmen. Wozu auch? Sie wusste ohnehin schon, wer dran war.
»An das verdammte Telefon gehen. An das verdammte Telefon gehen«, ertönte ein Ruf aus dem überfüllten Wartezimmer.
»Sei still, Lydia«, beruhigte Chris den majestätischen weißen Kakadu, der auf seinem großen Käfig hockte. Lydia war das Maskottchen der Praxis, ein streitlustiger Papagei, der vor sechs Monaten zu einer Routineuntersuchung vorbeigebracht und nicht wieder abgeholt worden war.
»Sei still«, wiederholte der Papagei. »Sei still, Lydia.« Der große Vogel begann, mit dem Kopf wie zu einem unhörbaren Rhythmus auf und ab wippend, auf seinem Käfig hin und her zu trippeln.
»Was macht er?«, fragte ein kleines Mädchen, das auf einem der schwarzen Lederstühle entlang der Wände saß. Sie war schätzungsweise acht Jahre alt und hatte eine Stupsnase voller Sommersprossen. Auf ihrem Schoß wiegte sie ein kleines graues Kätzchen, das sie mit einem Ausdruck beinahe erwachsener Sorge betrachtete. Ihre
Weitere Kostenlose Bücher