Nur Wenn Du Mich Liebst
er hätte Mrs. Azinger ermordet.«
»Möchtest du gerne herkommen?«
»Nein«, erwiderte Montana rasch. »Dad hat gesagt, sobald er dieses Durcheinander geklärt hat, würde er wieder nach Hause kommen. Mrs. Norman...?«
»Ja, Liebes?«
Wieder zögerte das Mädchen lange. »Haben Sie etwas von meiner Mutter gehört?« Eine weitere Pause. »Die Polizei behauptet nämlich, sie würde vermisst. Und ich habe mich bloß gefragt, ob sie sich vielleicht bei Ihnen gemeldet...«
Susan hörte die Sorge in Montanas Stimme und verstand die Liebe dahinter, selbst wenn Montana selbst es nicht tat. »Ich weiß nicht, wo sie ist«, gestand Susan bedrückt. »Niemand hat irgendwas von ihr gehört.«
»Sie glauben doch nicht, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte, oder? Ich meine, Sie glauben doch nicht, dass derjenige, der Mrs. Azinger getötet hat, auch –« Montana ließ den Satz unvollendet.
»Ich könnte doch rasch bei euch vorbeikommen und dich und deine Brüder abholen?«, bot Susan an, während sie sich gleichzeitig fragte, wie Tracey es finden würde, sich in einem Raum mit den Kindern des Mannes aufzuhalten, der ihre Mutter ermordet hatte.
»Nein. Das ist schon okay. Mein Dad hat gesagt, er wäre bald zurück. Er hat gesagt, wir sollen nirgendwohin gehen, zum Abendessen wäre er wieder zu Hause.«
»Vielleicht ja auch nicht.«
»Könnten Sie mich anrufen, wenn Sie etwas von meiner Mutter hören?«
»Natürlich.«
»Und sagen Sie meinem Dad nicht, dass ich mich gemeldet habe, okay? Ich meine, vielleicht könnte Ariel anrufen und so tun, als wäre sie eine Schulfreundin von mir oder so, falls er abnimmt.«
»Montana, dein Vater kann dich nicht daran hindern, deine Mutter zu treffen.«
»Ich will sie nicht treffen«, erklärte Montana eilig, obwohl ihr Tonfall das Gegenteil sagte. »Ich will bloß wissen, dass mit ihr alles okay ist. Könnten Sie also Ariel anrufen lassen?«
»Natürlich«, sagte Susan. Montana nannte ihre Telefonnummer und legte dann auf. Susan stand, den Hörer an die Wange gedrückt, noch etliche Sekunden reglos da.
»War das Chris' Tochter?«, fragte Tracey.
»Die Polizei hat Tony gerade verhaftet.« Susan fragte sich kurz, warum sie keine größere Erleichterung verspürte.
»Das ist gut. Ich hoffe, er schmort in der Hölle. Ich werde nie vergessen, wie er mich angesehen hat. Ich dachte, dass er mich bestimmt umbringen würde.«
»Was?« Das hatte Tracey bisher noch nicht erwähnt.
»Er hat mich angesehen und ist dann ein paar Schritte auf mich zugekommen.«
Er war auf sie zugekommen? »Hat er irgendwas gesagt?«
»Nein. Er hatte bloß diesen seltsamen Gesichtsausdruck, als würde er überlegen, ob er mich auch umbringen soll oder nicht.«
»Woher weißt du denn, was für einen Gesichtsausdruck er hatte?«
»Wie meinen Sie das?«
»Der Polizei hast du doch erzählt, dass er eine Maske getragen hat.«
»Richtig. Eine Skimaske. Sie war schwarz.«
»Und wie konntest du dann seinen Gesichtsausdruck erkennen?«
Tracey zuckte die Achseln. »Ich konnte es in seinen Augen sehen.«
Susan nickte und entschied, dass es durchaus plausibel war, dass Tracey in Tonys Augen seine mörderischen Absichten gelesen hatte. Und selbst wenn nicht, konnte sie es sich eingebildet haben. »Und was ist dann passiert?«
»Er hat sich einfach umgedreht und ist die Treppe runtergerannt.«
»Und du bist sicher, dass es Tony war? Montana sagt nämlich, dass er die ganze Nacht zu Hause war.«
»Natürlich sagt sie das.«
»Aber du bist sicher, dass es Tony war«, sagte Susan, und es war eher eine Feststellung als eine Frage.
Tracey zuckte die Achseln.
»Wie groß war der Mann, den du gesehen hast?«
»Ich weiß nicht. Mittelgroß, glaube ich.«
»Tony ist aber ziemlich klein.«
»Er hat sich geduckt.«
»Warum?«
»Wie meinen Sie das?«
»Warum hat er sich geduckt?«
»Ich weiß nicht. Er ist geduckt weggelaufen.«
»Aber du hast doch gesagt, er wäre stehen geblieben, hätte dich angesehen und ein paar Schritte auf dich zu gemacht. Hat er sich da auch geduckt?«
»Ich weiß nicht. Warum fragen Sie mich all diese Sachen? Ich hatte Angst. Ich kann mich nicht erinnern.« Tränen schossen in Traceys Augen, als hätte man sie geohrfeigt.
»Tut mir Leid«, entschuldigte Susan sich eilig und tupfte die Tränen mit einem Stück Küchenpapier ab. »Ich wollte dich nicht aufregen. Ich versuche bloß zu begreifen, was gestern Nacht passiert ist. Ich möchte nicht, dass Tony ungeschoren davonkommt,
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