Nur Wenn Du Mich Liebst
Freundinnen zur Last legte.
Sie waren nicht die Einzigen.
Susan, Chris und sogar Jeremy hatten ihren Entschluss, das Mandat zu übernehmen, ebenfalls als falsch und unklug verworfen.
»Was ist, wenn sie schuldig ist?«, hatten Susan und Chris beinahe im Chor gefragt.
»Und was ist, wenn nicht?«, hatte Vicki entgegnet.
»Was ist, wenn du verlierst?«, fragte Jeremy.
»Welchen Unterschied würde das machen?«, gab Vicki zurück, weil sie wusste, dass sich die Öffentlichkeit letztendlich nur an ihren Namen und nicht daran erinnern würde, ob sie gewonnen oder verloren hatte.
Außerdem hatte sie nicht vor zu verlieren.
Vicki betrat den Fahrstuhl und starrte angestrengt auf ihre braunen Pumps, während mehrere Körper ihre braune Wildlederjacke streiften. »Siebter Stock, bitte«, sagte sie zu niemand Bestimmten und vergewisserte sich mit einem Blick aus den Augenwinkeln, dass der entsprechende Knopf gedrückt wurde, ohne den Blick zu heben, bis die Fahrstuhltür zuging. Mit einem leichten Ruckeln begann der Fahrstuhl seinen quälend langsamen Aufstieg und blieb gleich darauf wieder stehen. Vicki blickte auf die Anzeige über der Tür. Zweiter Stock, Herrgott noch mal. Sie beobachtete, wie eine übergewichtige Frau watschelnd und ohne erkennbare Eile ausstieg. Es hätte sie bestimmt nicht umgebracht, die Treppe zu nehmen, dachte Vicki, drückte auf den Türknopf und trommelte ungeduldig mit den Fingern an die Wand, als die Tür nicht prompt genug reagierte.
»Eine wichtige Verabredung?«, fragte eine vertraute Stimme hinter ihr.
Vicki musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer es war. »Michael«, begrüßte sie ihn und wandte sich langsam um, eher in der Absicht festzustellen, wer sonst noch in der Fahrstuhlkabine war, als in dem dringenden Verlangen, ihren Exgeliebten und Staatsanwalt anzusehen. In der Ecke stand eine Frau in Jeans und einem weiten gelben Pullover, die in ihre Zeitung vertieft war und ihre Mitpassagiere gar nicht zu bemerken schien. »Wie geht es dir?«
»Großartig.«
Er sah tatsächlich ziemlich schnieke aus. Vicki registrierte, dass sein Haar anders fiel als beim letzten Mal, als sie ihn aus solcher Nähe betrachtet hatte. Sie roch sein vertrautes Aftershave und spürte ein unwillkommenes Kribbeln zwischen den Beinen. Ja, Michael Rose war fürwahr ziemlich stattlich in seinem dunkelblauen Nadelstreifenanzug, dem hellblauen Hemd und der schlichten roten Krawatte. Vom Scheitel bis zur Sohle der erfolgreiche Ankläger, dachte sie und widerstand dem Drang, um der guten alten Zeiten willen in seinen Schritt zu greifen. Vicki tat den Gedanken mit einem Kopfschütteln ab, denn sie hatte keine Lust, diesen Pfad noch einmal zu beschreiten, zumal sie Michael Rose demnächst häufig vor Gericht treffen würde.
»Ich habe gehört, das
Time
-Magazin bringt eine Titelgeschichte über dich«, sagte er spöttisch.
»Noch nicht«, erwiderte Vicki lächelnd. Sie überlegte noch, ob sie ein Interview mit
Vanity Fair
machen sollte, die einen Artikel über den Fall bringen wollte. Das Magazin hatte auch um einen Fototermin mit ihr und ihrer jungen Mandantin nachgesucht. Eine große Anwaltskanzlei aus New York hatte sich höflich erkundigt, ob sie einen eigens entsandten Vertreter der Kanzlei zum Mittagessen treffen könnte, wenn es ihre Zeit erlaubte. Und ein Hollywood-Agent hatte ihr seine Erfahrung und Kenntnis angedient für den Fall, dass sie die Flügel ausbreiten und gen Westen fliegen sollte.
Wie lange würde es dauern, bis
People
sie auf die Liste der Reichen, Schönen und Wichtigen setzte? Wie lange, bis
Time
tatsächlich eine Titelgeschichte über sie brachte? Vicki wusste, dass sie, selbst wenn sie diesen Fall verlor, bereits gewonnen hatte.
Der Fahrstuhl hielt im vierten Stock, die Frau in der Ecke klappte ihre Zeitung zu und stieg aus.
»Besuchst du deine Mandantin?«, fragte Michael, als sich die Türen der Kabine langsam wieder schlossen.
Vicki bemerkte, dass auch Michael in den siebten Stock fuhr. »Und du?«
»Eine nette junge Dame, die einen Killer engagiert hat, um die neue Freundin ihres Exfreunds zu töten, ist angeblich bereit, einen Deal mit uns zu machen.«
»Ich vermute, der Killer war ein Undercoverbulle.«
»Sind sie das nicht alle?«
Vicki dachte, dass das Mädchen besser seine Chance vor Gericht suchen sollte. Michael Rose war ein ganz ordentlicher Staatsanwalt, aber als Ankläger ebenso phantasielos wie im Bett. Ein guter Anwalt konnte ihn problemlos einwickeln,
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