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Nur Wenn Du Mich Liebst

Titel: Nur Wenn Du Mich Liebst Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Möchtest du ein Glas Wein?« Was soll's, dachte Vicki und machte Tracey ein Zeichen, ihr ins Esszimmer zu folgen. Wenn die Kleine alt genug war, ihre Mutter zu töten, war sie auch alt genug, ein Glas Wein zu trinken.
    Tracey folgte ihr. »Besser nicht. Ich muss noch fahren.«
    »Lässt dich dein Vater mit seinem kostbaren Mercedes fahren?« Vicki goss sich den kleinen Rest aus der Flasche in ihr Glas.
    »Nein, ich fahre mit dem Wagen meiner Mutter.« Tracey kicherte. »Ich nehme an, er gehört jetzt mir.«
    Vicki trank einen Schluck Wein.
    »Sie haben ein wirklich schönes Haus.«
    »Was führt dich den weiten Weg hierher?« Vicki ließ sich auf ihren Stuhl fallen und hätte um ein Haar den dunkel orangefarbenen Ledersitz verfehlt.
    Tracey blieb auf der anderen Seite des langen, schmalen Tisches stehen. Sie zuckte die Schultern, als wisse sie nicht mehr genau, was sie nach Indian Hill geführt hatte. »Ich brauche ein bisschen Luft. Bei meinem Vater ist es so chaotisch. Die Kinder schreien ständig. Ich glaube, ich muss etwas Eigenes finden.«
    Vicki trank den Rest Wein.
    »Was passiert mit dem Haus?«, fragte Tracey.
    »Mit dem Haus?«
    »Das Haus meiner Mutter. Ist es meins oder Dads? Ich weiß, dass er noch immer die Hypothek bezahlt und alles.«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, erklärte Vicki ihr ungeduldig und wollte das Mädchen mit einem Mal dringend wieder loswerden. »Da müsstest du einen Anwalt fragen.«
    »Ich
frage
einen Anwalt.«
    »Tut mir Leid, nicht mein Fachgebiet.« Vicki hielt sich das leere Weinglas unter die Nase und atmete das schwere moschusartige Aroma ein. Sie überlegte, ob sie eine weitere Flasche aus ihrem Weinkeller öffnen sollte. Vielleicht würde sie sich auch einfach die leere Flasche über den Kopf ziehen und sich selbst bewusstlos schlagen. Irgendwie musste man die Nacht ja rumbringen.
    »Ich sollte jetzt wohl besser los.« Tracey lächelte, machte jedoch keine Anstalten zu gehen. »Sie kommen zurecht?«
    »Ich? Mir geht es gut. Danke der Nachfrage.«
    »Sie wirken nämlich ein wenig...«
    »Betrunken?«
    Wieder kicherte Tracey.
    Mein Gott, was für ein enervierendes Geräusch. »Tracey, darf ich dich etwas fragen?«, hörte Vicki sich sagen.
    »Schießen Sie los.«
    Unglückliche Wortwahl, dachte Vicki, bevor sie sich ins kalte Wasser stürzte, wobei sie das Gefühl hatte, das Zimmer würde als Ganzes leicht nach rechts kippen. »Warum hast du deine Mutter getötet?«
    Tracey schwankte von einem Fuß auf den anderen, oder vielleicht war es auch Vickis Kopf, in dem sich alles drehte. Sicher war sie sich nicht.
    »Das wissen Sie doch«, sagte Tracey.
    »Ich weiß, was du den Geschworenen erzählt hast.«
    »Dann wissen Sie alles.«
    »Aber ich kannte auch deine Mutter.«
    Ein halb gelangweilter, halb konsternierter Ausdruck nistete sich in Traceys normalerweise sanftmütigem Gesicht ein. »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich will sagen, dass die Geschworenen jetzt nicht hier sind. Der Prozess ist vorbei. Die Angeklagte ist freigesprochen.«
    »Und kann in dieser Sache nicht noch einmal vor Gericht gestellt werden, nicht wahr? Egal, was auch immer?«
    Ein flaues Gefühl rollte sich in Vickis Magen zusammen wie eine Katze in ihrem Körbchen. »Das ist richtig.«
    Tracey zuckte die Achseln und betrachtete den Kronleuchter aus Messing und Kristall, der über dem dunklen, antiken Eichentisch hing. »Dann haben Sie Recht«, sagte sie leichthin. »Meine Mutter hat mich nie missbraucht.«
    Der Raum schien heftig zur Seite zu kippen. Vicki packte die Armlehnen ihres Stuhles, um nicht umzufallen oder zu schreien. »Du hast dir das alles nur ausgedacht?«
    Wieder zuckte Vicki die Achseln. »Na ja, nicht alles. Ich meine, sie hat mich wirklich ständig angefasst. Sie wissen ja, wie sie war.«
    »Ich weiß, dass deine Mutter dich mehr geliebt hat als alles andere auf der Welt.«
    »Ich habe sie auch geliebt.«
    Vicki schloss die Augen und sah Barbara, Susan und Chris. Mein Gott, was habe ich getan. »Du hast sie geliebt, aber ohne jeden Grund getötet.«
    »Es gab schon einen Grund.«
    »Und welcher war das?« Ergab dieses Gespräch einen Sinn? »Warst du eifersüchtig auf ihre Beziehung mit Howard?«
    Tracey schüttelte schon den Kopf. »Das war es nicht.«
    »Was dann?«
    »Sie werden es nicht verstehen.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Aber erzähl es mir trotzdem.«
    »Ich bin mir nicht sicher, dass ich das erklären kann.« Tracey knöpfte den obersten Knopf ihrer Winterjacke

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