Nur Wenn Du Mich Liebst
sein. Scheiß Jaguar. Irgendetwas war immer kaputt.
Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Nein, das kann nicht sein. Es kann nicht sein.« Sie riss den Kopf zu dem weißen Holzhaus herum. »Nein, das glaube ich nicht. Bitte mach, dass das nur ein weiterer verrückter Traum ist.« Doch schon in dem Moment, in dem sie es sagte, begriff Vicki, dass es kein Traum war, dass der grün-braune Plymouth nicht mehr in der Auffahrt parkte, dass ihre Mutter weg war. »Wohin bist du gefahren? Wohin bist du gefahren?«, kreischte sie und schlug mit den Händen aufs Lenkrad und drückte dabei aus Versehen auf die Hupe, was ihr die unerwünschte Aufmerksamkeit der beiden Jungen einbrachte, die auf der anderen Straßenseite Ball spielten. Als sie ihre fragenden Gesichter sah, winkte sie ab, und sie wandten sich wieder ihrem Spiel zu, obwohl sie weiterhin verstohlene Blicke in ihre Richtung warfen. »Idiot! Wie konntest du einschlafen!«
Kannst du denn gar nichts richtig machen?,
hörte sie ihren Vater sagen.
»Was jetzt?«, fragte sie sich erneut, diesmal laut. Was machst du jetzt? »Okay, okay«, murmelte sie in ihre Hände für den Fall, dass die Jungen sie beobachteten. »Wo könnte sie hingefahren sein?« Vielleicht brachte sie nur ihre Freundin nach Hause und würde bald zurück sein. Aber Vicki wusste nicht, wann sie das Haus verlassen hatte. »Vielleicht sind sie zusammen ins Kino gegangen«, stöhnte Vicki. »Oh Gott, ich halte das nicht aus. Wie konntest du nur so dämlich sein? Du hattest sie. Sie war direkt vor deiner Nase.«
Sie sah ein weiteres Mal auf ihre Uhr. Schon nach vier. Um acht musste sie zurück in Cincinnati sein, das hatte sie Kirsten versprochen. Wie lange konnte sie noch warten? »Ich gebe ihr eine Stunde«, sagte sie. Bis dahin musste Rita Piper doch bestimmt zurück sein.
Es war zehn vor fünf, als der grün-braune Plymouth in die Einfahrt bog und Rita Piper den Arm voller Einkaufstüten ausstieg.
»Gott sei Dank.« Vicki schloss die Augen und riss sie sofort wieder auf, damit die Frau nicht noch einmal verschwand. Okay, nun war sie zu Hause. Zeit für den Beginn der Vorstellung. »Was soll ich machen? Ihr helfen, die Einkäufe ins Haus zu tragen?« Wäre das nicht gemütlich? Mutter und Tochter wieder vereint beim Bestücken des Kühlschranks? Nein, sie sollte der Frau lieber Zeit lassen, damit sie ins Haus gehen, alles auspacken und zu Atem kommen konnte. »Genau wie ich selbst«, sagte Vicki, öffnete die Wagentür und sog die frische Luft gierig ein.
Fünf Minuten später klopfte Vicki an die Haustür der Frau.
Hi, ich bin Vicki Latimer. Deine Tochter. Erinnerst du dich an mich?
»Einen Moment, bitte«, kam die Antwort von drinnen. Eine nette Stimme, dachte Vicki und suchte vergeblich, irgendein Echo ihrer eigenen Stimme darin zu erkennen. »Wer ist da?«, fragte die Frau, ohne die Tür zu öffnen.
»Sind Sie Rita Piper?«, fragte Vicki mit klopfendem Herzen.
Die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet, und neugierige grüne Augen spähten hinaus. »Ja?«
»Mein Name ist Vicki Latimer, und ich hätte Sie gern einen Moment gesprochen.«
»Sie wollen mir doch nichts verkaufen, oder?«
Vicki schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie und hätte beinahe gelacht.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
Noch bevor sich die Tür ganz geöffnet hatte, begriff Vicki, dass die attraktive, 60-jährige Frau mit den dunkelroten Haaren und den fragenden grünen Augen, die vor ihr stand, nicht ihre Mutter war. »Tut mir Leid«, sagte sie. »Ich habe einen großen Fehler gemacht.« Und dann brach sie in eine Flut wütender Tränen aus.
Ohne ein weiteres Wort legte die Frau, die nicht ihre Mutter war, ihre Arme um Vickis bebende Schultern und führte sie ins Haus.
14
Barbaras Arme zitterten.
Dabei habe ich noch gar nicht mit dem Training angefangen, dachte sie, stellte die schweren Plastiktüten auf dem grünen Marmorboden ab und kämpfte mit der massiven Glastür am Eingang des
Body by Design
-Fitnesscenter im 16. Stockwerk des Sylvan Tower Complex an der Mercer Street in der Innenstadt von Cincinnati.
»Da hat aber jemand schwer eingekauft«, flötete die blonde, sonnengebräunte Empfangsdame hinter ihrem farblich passenden Tresen, als Barbara auf ihrem Weg zum Geräteraum am anderen Ende des Studios an ihr vorbeikam.
»Das kann man wohl sagen«, rief Barbara zurück und lachte. Wenn Ron die Visa-Card-Rechnung für diesen Monat sehen würde... Ja, der Weihnachtsmann beschenkte seine ehemalige
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