Nur Wenn Du Mich Liebst
Familie in diesem Jahr besonders großzügig. Ein Armani-Kostüm für Barbara, ein Gucci-Jackett für Tracey, für beide eine passende Armbanduhr von Cartier. Mit Lederarmband, dachte Barbara leicht enttäuscht, als sie an einem Raum mit Spiegelwänden voller schwitzender, weißer Frauen mittleren Alters vorbeikam, die versuchten, mit ihrer unermüdlichen Aerobictrainerin Schritt zu halten. Sie hatte sich nicht getraut, die Goldarmbänder zu kaufen, die sie eigentlich lieber gehabt hätte. Vielleicht im nächsten Jahr.
Die 80er-Jahre waren so gut wie vorüber. Sie standen auf der Schwelle zu einer neuen Dekade.
Der Himmel allein wusste, was das kommende Jahrzehnt an Überraschungen für sie bereithalten würde. »Ich kann es kaum erwarten«, murmelte Barbara in den schwarzen Fuchskragen ihres grünen Tweedmantels, den ihr ihr erzürnter Gatte im vergangenen Jahr zu Weihnachten verehrt hatte. Du wusstest gar nicht, wie großzügig du bist, was?, dachte Barbara und lächelte, obwohl sich ihr Gesicht scheinbar nicht bewegte.
»Noch vier«, rief die Trainerin in ein Mikro, das um ihren Hals hing, und streckte ihre muskulösen Arme nacheinander in die Luft. »Noch drei!«
»Keinen mehr«, flötete Barbara, fasste ihre schweren Tüten nach und stöckelte auf hochhackigen Winterstiefeletten zur Rückseite des Studios, während sie sich fragte, ob Susan und Vicki schon da waren. Wahrscheinlich. Sie war mindestens eine halbe Stunde zu spät. Susan war immer so pünktlich. Vickis Kanzlei lag nur zwei Etagen tiefer, und sie hatte garantiert den Vormittag im Büro verbracht, obwohl heute Samstag war. Und genauso wahrscheinlich würde sie nach dem Training wieder an ihren Schreibtisch zurückkehren. Vicki arbeitete immer.
Nicht einmal zur Schultheateraufführung ihrer Tochter im vergangenen Monat war sie gekommen. Angeblich hatte sie gearbeitet. Irgendeine lahme Ausrede von wegen, sie wäre bei einem Mandanten festgehalten worden, hätte die Zeit vergessen etc., etc. Wenn sie wieder eine Affäre hatte, wäre es zwar nicht das erste Mal, dass Vicki ihren Mann betrog, aber das erste Mal, dass sie beschlossen hätte, ihren Freundinnen diese Information vorzuenthalten.
Nicht dass ich Susan oder Vicki von meinem kurzen Abenteuer mit Kevin erzählt hätte, dachte Barbara. Aber warum eigentlich nicht? Ist es mir peinlich? Hab ich Angst vor ihrem Urteil? Oder vor ihrem Mitleid?
Die Dinge hatte sich verändert, erkannte Barbara, obwohl die Frauen tapfer so taten, als wäre alles beim Alten. Die Grandes Dames hatten Vickis Umzug von Mariemont nach Indian Hill intakt überstanden, doch Chris' überstürzter Auszug hatte ihnen einen entscheidenden Schlag versetzt. Langsam, aber unaufhaltsam hatte sich die Dynamik ihrer Gruppe verschoben, was nicht völlig unerwartet gekommen war. Schließlich waren sie jetzt nicht mehr vier, sondern nur noch drei, und Barbara fühlte sich häufig außen vor. Vor allem seit ihrer Scheidung.
Barbara wusste durchaus, dass weder Vicki noch Susan sie absichtlich ausschließen wollten. Die beiden passten nur einfach besser zusammen, beide gebildet, mit einem Ehemann, der sie vergötterte, einem beruhigenden Einkommen und einer erfolgreichen, erfüllenden Karriere. Sie konnten nicht verstehen, wie man sich in ihrer Lage fühlte: ungebildet, ungeliebt und unsicher. Obwohl Susan und Vicki dergleichen nie laut äußerten, spürte Barbara, dass beide dachten, es sei an der Zeit, dass sie sich zusammenriss und etwas Konstruktives mit ihrem Leben anfing. Ron würde nie mehr zurückkommen, sie musste nach vorne schauen.
Aber sie war unfähig, sich vom Fleck zu rühren.
Sie saß fest.
Und sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte, ihr chaotisches Leben irgendwann zu ändern.
Wenn Sie mit Chris hätte reden können. Chris würde sie verstehen. Aber Chris war weg, mitten in der Nacht klammheimlich fortgeschafft von einem Ungeheuer, das ihr das Haus in der Grand Avenue unter dem Hintern wegverkauft und sie in ein kleines gemietetes Reihenhaus in der nahe gelegenen Vorstadt Batavia gesperrt hatte. Ein Privatdetektiv, den Vicki beauftragt hatte, hatte ihren Aufenthaltsort schnell aufgespürt, und die Frauen waren in die Elm Street gefahren, wo Tony sie an der Tür abwies und sie nicht mit Chris sprechen lassen wollte. Sie hatten die Polizei informiert, die ihnen erklärt hatte, dass sie angesichts von Chris' Weigerung, Anzeige zu erstatten, nichts tun konnten. Man hatte die Frauen vielmehr dringend
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