Nur Wenn Du Mich Liebst
einzigen Spuren, wie Barbara bemerkte, die den Blick nicht abwenden konnte. Sie entdeckte Kratzer um Chris' Hals und die Rippen sowie etwas, das aussah wie Bissspuren auf ihrer linken Schulter und ihrer Brust, direkt über der kleinen, erdbraunen Brustwarze. »Wie ist das Wasser? Zu heiß? Zu kalt?« Barbara erkannte, dass sie nur redete, um ihre eigene Stimme zu hören, weil sie Angst hatte, dass sie, wenn sie nicht sprach, anfangen würde zu weinen und nie wieder aufhören könnte.
»Perfekt.«
»Du musst völlig erschöpft sein.«
»Dasselbe habe ich umgekehrt auch gerade gedacht.«
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen«, sagte Barbara.
»Mach dir um
mich
keine Sorgen.«
Die beiden Frauen nickten im wortlosen Einverständnis. »Soll ich dir den Rücken waschen?«, fragte Barbara nach einer Pause von mehreren Minuten.
Chris lächelte, nahm die Seife aus der Schale und gab sie Barbara. Dann zog sie die Knie an und beugte sich, ihre Schenkel an ihre Brust drückend vor, während Barbara einen Waschlappen in das Wasser tauchte und damit behutsam über Chris' Rücken zu reiben begann. Chris stöhnte, drehte den Kopf von einer Seite zur anderen und schloss die Augen.
»Zu fest?«
»Fühlt sich toll an. Perfekt.«
Barbara seifte Chris' Rücken und Nacken ein, und die sanfte Waschung schien beide zu hypnotisieren. »Versprich mir, dass du nie wieder zu ihm zurückgehen wirst«, sagte Barbara noch einmal.
Und erneut versprach Chris: »Ich werde nie zurückgehen.«
Als Chris, ein weißes Handtuch um die nassen Haare gewickelt und wieder in den weißen Frotteebademantel gehüllt, neben ihr auf der Bettkante saß, bemerkte Barbara, dass Chris sie neugierig betrachtete, als ob sie sie zum ersten Mal sehen würde. »Was ist?«
»Dein Gesicht.« Chris strich über Barbaras Hals. »Irgendwas ist anders.«
Barbara nestelte verlegen an ihrem Haaransatz. »Ich hatte vor einer Weile eine kleine Operation.«
»Eine Operation?«
»Nur ein paar kleine Schnitte und Straffungen. Ein Mädchen muss schließlich hübsch bleiben.«
»Du siehst immer schön aus.«
Barbara spürte, wie ihr brennende Tränen in die Augen schossen.
»Du
bist
schön.« Behutsam wischte Chris die Tränen von Barbaras Wange.
»Danke.« Barbara presste die Lippen aufeinander, um nicht laut loszuschluchzen.
»Ich habe dich so vermisst.«
»Ich habe
dich
vermisst.« Barbara drückte ihre Freundin an sich, und beide ließen ihren Tränen freien Lauf.
Dann lösten sie sich gleichzeitig aus der Umarmung und wischten einander die Tränen aus dem Gesicht. »Ich liebe dich«, sagte Chris.
»Ich liebe dich auch.«
Plötzlich beugte Chris sich vor und drückte ihre Lippen auf Barbaras, so sanft, dass Barbara nicht wusste, ob sie überhaupt da waren.
Mein Gott, was ist hier los?, fragte Barbara sich und versuchte wider besseres Wissen so zu tun, als ob alles ein Traum wäre, die ganze verrückte Nacht. Sie wusste einfach nicht, wie sie darauf reagieren und was sie als Nächstes tun sollte. Sie liebte Chris. Liebte sie mit ihrem ganzen Sein, mit Leib und Seele. Aber sie hatte nie in irgendeiner sexuellen Weise an Chris gedacht und nie auch nur die Phantasie gehabt, dass irgendetwas wie das hier zwischen ihnen passieren könnte. Außerdem war Chris verängstigt, verletzlich und verwirrt. Sie war gerade erst mit knapper Not einem Verrückten entkommen. Sie war dankbar und erleichtert und sehnte sich verzweifelt nach Wärme und Zuwendung. Nach Liebe.
Mehr war da nicht.
Eine verlorene Seele, die die Hand nach einer anderen verlorenen Seele ausstreckte.
Und dann hörten sie das Geräusch und lösten sich hektisch aus ihrer Umarmung. »Was war das?«, fragte Chris, und die Angst kehrte zurück in ihren Blick, der vom Schlafzimmerfenster, zum Flur und zurück zum Fenster huschte.
Barbara stürzte ans Fenster und blickte zwischen den dicken Vorhängen hindurch in den Garten. Sie spähte in die Dunkelheit und versuchte irgendwas oder irgendwen zu erkennen, doch sie sah nur ein stummes winterliches Bild – den dicht verschneiten, postkartengroßen Garten, die vereisten Äste, die im kalten Wind hin und her schwankten. War einer von ihnen abgebrochen und zu Boden gefallen? Hatte irgendjemand einen Kiesel gegen die Scheibe geworfen? Barbara suchte den Boden und das Fenster nach Spuren ab, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches entdecken. Hatte Tony erraten, wohin Chris gegangen war? Lauerte er dort draußen in der Dunkelheit und beobachtete das Haus?
»Bleib
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