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Nuramon

Nuramon

Titel: Nuramon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sullivan
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Siegel und las den Brief leise. Daoramu sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Ihre Mutter hielt den Atem an, und in ihrem Gesicht bewegten sich nur noch ihre Augen.
    »Es ist etwas geschehen, nicht wahr?«, fragte Daoramu leise.
    Jaswyra senkte den Brief und starrte ins Leere. Dann nickte sie. »Nuramon ist tot«, flüsterte sie.
    Daoramu verschluckte sich und musste husten. »Das kann nicht sein«, sagte sie und rang nach Atem. Das Kind rührte sich in ihrem Bauch, als hätte sie es aufgeschreckt.
    »Jasgur ist auch tot und dein Vater zieht nach Urijas in den Kampf. Es ist seine Unterschrift. Er entschuldigt sich. Hier, lies selbst!«
    Daoramu schüttelte den Kopf. »Ich will ihn nicht«, sagte sie. »Das kann nicht stimmen.« Während Nylma nach dem Brief griff und mit versteinerter Miene las, wandte Daoramu sich an Syargar. »Wer hat ihn gebracht?«, fragte sie den jungen Palastwächter.
    Der Jüngling trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. »Einer der Stadtboten. Ein Kriegsbote gab ihn auf den Festland ab.« Das war in Jasbor nicht ungewöhnlich. »Darf ich gehen?«, fragte er schließlich, und Daoramu nickte.
    Kaum hatte sich die Tür hinter Syargar geschlossen, kehrte Ceren zurück. Sie erschien von einem Wimpernschlag zum nächsten an Daoramus Seite und blickte sie aufmerksam an. Als die Geisterfrau zum Sprechen ansetzte, überwältigte Daoramu die Angst. Sie fürchtete sich vor dem, was Ceren sagen könnte. »Bitte nicht«, flüsterte sie der Geistergestalt zu.
    Die Parodie eines gütigen Lächelns auf Cerens Gesicht fachte Daoramus Angst nur noch weiter an. »Wenn du es wünschst«, sagte der Geist. »Aber dir ist natürlich klar, dass dieser Brief eine Lüge ist.«
    »Eine Lüge?«, fragte Jaswyra. »Aber es ist das Siegel, das diesen Mond vereinbart ist.«
    »Es ist nicht seine Schrift, so viel ist sicher«, sagte Nylma. »Aber das heißt nichts. Er schreibt seine Briefe nie selbst, sondern unterzeichnet sie nur.«
    »Warum hältst du es für eine Fälschung?«, fragte Jaswyra, und Daoramu erkannte im Gesicht ihrer Mutter dieselbe Hoffnung, die auch sie hegte.
    »Das Siegelwachs«, sagte Ceren. »Borugar erwähnte, dass das Wachs vom Westhang der Insel stammt. Ich konnte die Seeluft darin geradezu riechen. Aber dieses Siegel stammt nicht von hier.«
    Daoramu kamen die Tränen. »Helerur!«, flüsterte sie.
    Nylma strich ihr durchs Haar und nickte grimmig. »Jetzt nehmen wir ihn uns vor«, hauchte die Kriegerin.
    »Helerur?«, fragte Jaswyra. »Was sollte Helerur mit dem Brief zu tun haben?«
    Die Worte der Mutter waren für Daoramu wie ein Schlag. Es war geschehen: In ihrer Verzweiflung hatte sie ihrer Mutter offenbart, was sie für sich hatte behalten wollen. Sie wischte sich die Tränen fort und überlegte kurz, ob es noch eine Möglichkeit gab, die Wahrheit zu verheimlichen. Schließlich aber berichtete sie ihrer Mutter, was in der Nacht ihrer Flucht aus Merelbyr und nach ihrer Ankunft in Jasbor geschehen war.
    Jaswyra lauschte schweigend. Erst als Daoramu geendet hatte, nickte sie. »Du tust gut daran, es deinem Vater zu verheimlichen«, sagte sie. »Jeder Mensch hat eine Schwelle, hinter der er blind vor Wut wird. Aber ganz unabhängig davon …« Sie hielt inne und strich sich nachdenklich über das hochgesteckte Haar, ehe sie fortfuhr. »Dieser Brief – das alles passt nicht zu Helerur«, sagte sie langsam.
    Daoramu konnte endlich in aller Klarheit an den Mann denken, der ihr einst ein Beispiel gewesen war. Schließlich nickte sie. »Helerur würde uns in Sicherheit wiegen und irgendwann wie aus heiterem Himmel zuschlagen.«
    Ceren schob sich zwischen sie. »Das heißt, ihr habt euch neue Feinde gemacht.«
    Jaswyra lächelte bitter. »Es scheint, als wollte uns jemand wissen lassen, dass der Thron Borugar nur auf Zeit gegeben ist. Es ist eine Warnung.«
    Daoramu nickte. »Ich hätte erwartet, dass jene, die sich gerne auf dem Thron sähen, das Ende des Krieges abwarten. Nun gut, spielen wir also das Spiel der Intrigen.«
    An Jasgurs Seite blickte Nuramon von der Stadtmauer auf die Menschen, die in den Straßen unter ihm tanzten und sangen. Dann schaute er zurück gen Osten, die alte Königsstraße entlang. Sie hatten die Varmulier aus ihrem Heerlager vertrieben, und Graf Marugir hatte gemeinsam mit dem Nordgrafen die Schlacht an der Wegkreuzung westlich der Stadt gewonnen und die Feinde zum Rückzug gezwungen. Die Varmulier lagerten nun in Firabyr, der nächsten Stadt auf der

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