Nuramon
sein. »Ob Yargir das versteht?«, fragte sie.
»Er versteht es nicht nur; er sieht es wie du«, sagte er. Und während sie lächelnd davoneilte, schaute Nuramon ihr nach und fragte sich, wo die Jahre geblieben waren. Nylma und Yargir waren nun Mitte vierzig, ihr Sohn beinahe erwachsen, und Borugar hatte gerade die sechzig überschritten und klagte nach jedem Kampf über seine Gebrechen. Vielleicht war es das Alter, das die Krieger um Nuramon herum ermüden ließ. Für ihn jedenfalls unterschied sich die zurückliegende Schlacht kaum von all den anderen, die er für Yannadyr geschlagen hatte.
Der Grund für das Abkühlen der Kampfeslust bei seinen Vertrauten war aber nicht nur das Altern allein. Das offenbarte sich bei ihrer Heimkehr, als Jaswyra Borugar in den Arm nahm, Nylma Waragir an sich drückte und Yargir seinem Sohn die Hand auf die Schulter legte, ehe er ihn selbst umarmte. Die Schlacht war ein Ort des Chaos. Hier im Palast aber und selbst auf den Reisen mit dem Fürsten hatten sie die Zügel in der Hand. Selbst den hinterhältigsten Meuchelmörder hatten sie in den letzten Jahren aufgespürt.
Nuramon aber fragte sich, warum es ihn noch immer auf die Schlachtfelder zog. Es war der Fürst selbst, der ihm die Antwort auf diese Frage gab – wieder und wieder. »Ich brauche dein Schwert und deine Magie«, sagte er.
Yendred hatte sich schon immer als Cerens Schützling gefühlt. Sie behütete ihn, unterwies ihn früher, als seine Eltern es wünschten, und beantwortete seine Fragen noch geduldiger, als selbst sein Vater es vermochte. Sie war ihm wie eine Großmutter, wie die Mutter seines Vaters.
Seine Geschwister waren Yendred ein Vorbild, und Ceren festigte diese Sicht. Sie flüsterte zu ihm, dass er sie an seinen Vater erinnere. Nerimee sei wie der Magier in Nuramon, Gaerigar wie der Krieger. Er aber sei beides und damit der Erbe seines Vaters. Das machte Yendred Mut, aber auch Angst. Es waren große Fußstapfen, und Magie und Kampf gleichermaßen zu meistern war nicht leicht. Ceren aber lächelte und flüsterte ihm zu: »Erst die Magie, dann der Kampf.«
Nuramon musste gestehen, dass Ceren recht hatte. Es war mehr Magie in der Welt vorhanden, als er geglaubt hatte. Inzwischen gab es viele magische Quellen, und sie wandelten das Gesicht des Krieges. Es gab Täler mit von Magie heraufbeschworenen Stürmen und Bränden, die nie erloschen, Quellen mit heilendem Wasser und solche mit Gift. Es gab Orte, an denen die Magie die Menschen wahnsinnig gemacht, körperlich gewandelt oder gar entstellt hatte. Und immer wieder bedurfte es großer Mühen, um die Magie zu zügeln und den Menschen das Leben zu retten.
An einigen Albensternen war die Macht inzwischen so stark, dass sie Nuramon wie die Hitze eines Feuers in den Sinnen brannte. Um sich diesen Quellen zu nähern, brauchte er selbst einen Schild aus Magie. Nuramon fragte sich, wie viele Quellen noch entstehen würden, und wie stark die Magie noch in die Welt herausdrängen würde.
Ceren glaubte inzwischen, dass mit der Trennung der Welten durch Emerelle und ihre Vertrauten etwas in Gang gesetzt worden war, und dass diese Welt bald schon Albenmark ähneln könnte. Aber das war nur eine Vermutung, wie Ceren betonte. Vor Borugar, der immer wieder nach den magischen Quellen fragte, gestand Nuramon, dass er die Antwort auf die Frage nach dem Grund der ansteigenden Magie nicht kannte. So nutzte er jeden Waffenstillstand, um die Quellsteine auszutauschen und neue Steine zu sammeln, die für die Magie empfänglich waren. Wer wusste schon, wie viele dieser Kleinodien, die mit Magie vollgesogen waren, er in den nächsten Jahren benötigen würde?
Vielleicht, so dachte er, stand ihnen wirklich ein magisches Zeitalter bevor. Und vielleicht war es seine Bestimmung und die seiner Kinder, dieses Zeitalter mit Leben zu füllen. Nerimee würde zu einer großen Zauberin werden, und auch Gaerigar würde – obwohl er eher nach dem Schwert griff – die Magie für sich entdecken. Und wozu Yendred einst fähig sein würde, das würde die Zeit offenbaren. Vielleicht war dies ihr Zeitalter. Vielleicht waren sie die Quellwächter von Dayra.
Der Kampf gegen die Varmulier gewann an Schärfe, als im Spätherbst des Jahres 2273 ein varmulischer Schwertfürst namens Ralorno im Schlangenforst nördlich von Urijas auf eine magische Heilquelle stieß, die Nuramon bislang unbekannt gewesen war. Die Heilkraft der Quelle im Schlangenforst war ungleich stärker als die der Quelle bei
Weitere Kostenlose Bücher