Nuramon
Deckung des Tannenstamms und schaute zu den Varmuliern. Eine Reihe Schützen stand dort; dahinter reckten die Krieger ihre Speere und Schwerter in die Höhe. Ein Schwarm Pfeile zischte ihm entgegen. Manche drangen in den Stamm; einige streiften die Rinde. Nuramon lehnte sich hinter den Stamm zurück und blickte den Bach entlang. Seine Leute waren aus dem Wasser gekommen und hatten ihrerseits Deckung hinter Bäumen gesucht.
Nuramon löste die linke Hand von Muregals Hals und gab den Kriegern, die an den Pfählen hinter einem Gebüsch hockten, mit einer kreisenden Bewegung zu verstehen, dass sie die Feinde in einem Bogen angreifen sollten. Zur anderen Seite gab er den Kriegern das Zeichen zu warten.
Muregal keuchte und riss die Augen wieder auf. Er spuckte Nuramon Blut ins Gesicht, dann schüttelte er den Kopf. Mehr bedurfte es nicht, damit Nuramon verstand. Sein Zauber heilte die Wunde nicht. Er hatte Muregal, der dem Schmerz in der Besinnungslosigkeit bereits entgangen war, lediglich wieder aufgeweckt. Sein Zauber würde ihn nicht retten, und ebenso wenig der Zauber dieser Quelle. Es gab eine Schwelle, ab der eine Heilung nicht mehr möglich war.
Nuramon bettete seinen Schwertbruder auf den Boden, und als er die Hände von ihm löste, war der Jüngling bereits wieder bewusstlos. Nuramon wandte sich von dem schmerzhaften Anblick ab, zog sein Schwert, legte all seine Trauer in einen Kampfschrei und stürmte los. Seine Krieger zur Rechten schlossen sich ihm an, und die Kriegsschreie, die von links zu ihm herüberdrangen, zeigten ihm, dass es seinen Leuten gelungen war, den gewünschten Bogen zu schlagen und so die Aufmerksamkeit der Varmulier zu teilen.
Nuramon lief direkt auf die Feinde zu. Je weniger Bäume und Büsche ihm den Blick verstellten, umso größer wirkte die varmulische Streitmacht. Sie schien geradezu in die Breite zu wachsen. Als Nuramons Leute von links auf die Gegner stießen, kamen seine übrigen Krieger in seinen Rücken. Nur noch zehn Schritte, und er hob die linke Hand, spreizte die Finger und schoss Blitze voraus. Sie trafen einen der Feinde und sprangen von ihm auf dessen Gefährten über. Die Getroffenen brüllten und schüttelten sich vor Schmerzen, doch Nuramon beachtete sie nicht, sprang über sie hinweg und schwang sein Schwert bereits gegen die nachfolgenden Feinde.
Als Nuramons Leute zu ihm aufgeschlossen hatten und die feindlichen Reihen sich öffneten, traf Nuramons Blick auf zwei Krieger. Sie trugen zwar die gleichen Schuppenrüstungen und die gleichen hellen Mäntel wie ihre Gefährten, aber der linke Krieger führte ein elegantes Krummschwert und einen Rundschild, der rechte einen leichten Kriegshammer. Trotz ihrer Eisenhelme erkannte Nuramon sie. Es waren Dorgal und Varramil. Fast neunzehn Jahre war es her, seit sie einander zum letzten Mal begegnet waren. Nuramon hatte gehört, dass der varmulische König ihnen die Niederlage vor Teredyr erst nach Jahren der Demütigung und etlichen Bewährungsproben im Kampf gegen das südliche Fürstentum Yarsal verziehen hatte. Sie waren nun gewiss um die vierzig Jahre alt, doch die Zeit hatte ihnen nicht geschadet, sondern sie reifen lassen.
Als Nuramon sich den beiden Wyrenar näherte, erstarb nach und nach das Kampfgeschehen um ihn herum. Es war eine alte Tradition, dass jene, die ein Wyrenar-Duell beobachteten, nicht gegeneinander vorgingen. Heute hielt man sich selten an diese Vereinbarung, früher hingegen waren ganze Kriege durch solche Duelle entschieden worden.
Dorgal und Varramil stand der Hass in die Gesichter geschrieben. All die Jahre, die sie in Ungnade hatten leben müssen, waren durch sein Eingreifen in Teredyr entstanden und hatten ihre Spuren hinterlassen. Die Narbe, die sich über Varramils Stirn zog, sprach Bände.
Die beiden Varmulier näherten sich gemeinsam, und auf den letzten Schritten stieß Dorgal vor, den Schild voran, das Krummschwert auf der Seite. Doch es war Varramil, der den ersten Angriff führte. Nuramon wich nach links aus und brachte Dorgal zwischen sich und Varramil. Der Neffe des Königs schlug mit seinem Kriegshammer in den Boden.
Dorgal wandte sich zur Seite, versetzte ihm einen Stoß mit dem Schild, und schon war Nuramon der Getriebene. Er wich aus und parierte Angriff um Angriff, führte aber selbst keinen Schlag.
Varramil hatte an Kraft und Geschick hinzugewonnen, und die Jahre der Wiedergutmachung seines Versagens schienen ihm die Unsicherheit genommen zu haben. Dorgal hingegen war nicht mehr
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