Nuramon
hasste jeden Augenblick davon. Es kam zum Streit, und seine Mutter redete ihn in Grund und Boden, während sein Vater ihn mit seiner ungeheuren Geduld beinahe wahnsinnig machte. Gaerigar sagte Dinge, die nicht ohne Weiteres zurückzunehmen waren, und fand, wie so oft, Trost bei Nerimee. Sie nahm ihn in die Arme, wie sie es immer getan hatte. Er fühlte sich geborgen, und diesmal sprach er aus, was er oft gedacht hatte: »Ich wünschte, du wärest meine Mutter.«
Nerimee stieß ihn von sich und schrie ihn an. Er schämte sich für seinen Wunsch und flehte seine Schwester an, ihn nicht fortzuschicken. Sie beruhigte sich und schloss ihn wieder in die Arme. Am gleichen Abend noch entschuldigte er sich bei seinen Eltern.
Als er Ceren von seinem Kummer erzählte, lächelte die Geisterfrau. »Sieh das, was deine Eltern verlangen, als Qual, die du aushalten musst, um dein Ziel zu erreichen. Es ist das Leid, der Schmerz, die Erschöpfung und alles andere, was ein Krieger überstehen muss, um eine Schlacht zu gewinnen.«
Einige Tage später erklärten ihm die Gelehrten, was eine Metapher ist.
Nuramon war stolz auf seine Krieger, die er unter dem Banner der Ceren, dem silbernen Baum auf grünem Grund, zusammengeführt hatte. Dass er zahlreiche Frauen in seine Reihen holte, sorgte für Aufsehen, denn obwohl es den Frauen in Yannadyr anders als in Varmul nicht verboten war, ohne die Erlaubnis des Herrschers Waffen zu tragen, war es zumindest ungewöhnlich.
Die Varmulier reagierten auf die Frauen in Nuramons Reihen zunächst mit Überheblichkeit, was viele von ihnen das Leben kostete. Inzwischen waren die Ilvaru bei den Feinden gefürchtet und in den eigenen Reihen beliebt. Und doch gab es abseits seiner Kriegsschar kaum Kriegerinnen in den yannadrischen Streitmächten. Nuramon hoffte, dass sich das änderte, sobald seine Kriegerinnen irgendwann in den Dienst anderer Herren traten.
Trotz der Erfolge, die Nuramon mit den Ilvaru erzielte, gelang es den Varmuliern schließlich, über den Ruljas zu kommen. Sie kamen mit so vielen Männern, dass das Fürstenheer es nicht verhindern konnte. Urijas war wieder in Gefahr, und sie mussten viel aufbieten, um den Feinden standzuhalten. Jasgur wagte sich noch einmal vor. Er hatte inzwischen Frau und Kinder, und seine Schlachtpläne hatten sie sicher durch die Jahre gebracht. Nun wollte er wieder in den Kampf ziehen, und auch Borugar ließ sich von der Kampfeslust anstecken. War es ihnen seit ihrer Ankunft in Jasbor gelungen, den Fürsten vom Schlachtfeld fernzuhalten, kam nun der Tag, da er seinem Drang nicht widerstehen konnte.
Sie bemühten sich, Borugar abzuschirmen. Nuramon und die Ilvaru kämpften vorn, Nylma und Yargir, die endlich wieder Seite an Seite fochten, schützten Borugar mit ihren Gardisten. Da sie über die Jahre immer wieder in Bedrängnis geraten waren, erhöhte Borugar seine Fürstengarde auf Nuramons Rat hin von zwei Kriegsscharen auf zwei Banner. Dadurch stiegen Nylma und Yargir von Schwertfürsten zu Feldherren auf. Die Fürstengarde war bald nicht nur die Palastwache und die Leibgarde, sondern zugleich eine gewaltige Streitmacht, die auf den Schlachtfeldern gefürchtet war.
Sie alle behaupteten sich gut und rückten auf Befehl des Fürsten weiter vor. Sie stellten die Feinde in der Stadt Firabyr und brachten ihnen das Chaos. Und trotzdem geschah es: Borugar ging von einem Kriegshammer getroffen zu Boden, ein Schwert erwischte Nylma im Bauch, und Yargir traf ein Bolzen im Rücken.
Nuramon kämpfte sich zu seinem Schwiegervater und seinen Freunden durch, und wäre ihm nicht ein bescheidener Rest seiner Magie geblieben, wären sie alle drei an diesem Tag gestorben. So aber holte er sie von der Schwelle zum Tod. Erst Tage später in Urijas konnte Nuramon auf einen der Zaubersteine zurückgreifen, die sich von den magischen Quellen genährt hatten. Nun reichte die Kraft, die Wunden seines Schwiegervaters und die seiner Freunde zu heilen.
Am Tag der Abreise aus Urijas traf Nuramon Yargir vor den Latrinen und fragte ihn, ob er noch Schmerzen habe. Der Schwertfürst schüttelte den Kopf. »Schmerzen nicht, nein«, sagte er. »Aber ich habe die Nase voll. Ich messe mich gern mit einem Gegenüber, aber ich hasse es, von einem Schützen erwischt zu werden, der einfach in die Menge hält.«
Nach dem Mittagessen bat Nylma Nuramon, auf ein Wort am Tisch zu bleiben. Und sie offenbarte ihm, dass sie kriegsmüde sei und sich danach sehnte, wieder Leibwächterin im Palast zu
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